Der Gipfel der Unkultur

Dass die zwischenmenschliche Interaktion, insbesondere in verbaler Form, nicht nur eines unserer Grundbedürfnisse darstellt, sondern auch die Grundlage des Geschäftslebens bildet, kann mittlerweile als gesichertes Wissen angesehen werden. Das gilt ganz besonders für die wohl Österreich-typischste Ausprägung dieser Erkenntnis: „Durchs Reden kommen die Leut‘ z‘amm”. Auszusprechen, was ausgesprochen werden muss (und dadurch hoffentlich zu klären), ist somit die vielleicht noch wichtigere Funktion der Messe als zwei Tage lang nur Aktionen, Neuheiten und Marketingaktivitäten durchzukauen.
An diesen Aspekt wurde ich kürzlich wieder einmal erinnert, als Kollegin Steffi Bruckbauer für einen Online-Beitrag recherchierte, jedoch an der Konzernkommunikation zu scheitern drohte: Diejenigen, die sie erreichte, durften nichts sagen, und die, die etwas sagen hätten dürfen, waren nicht zu erreichen. Eine höchst nervenaufreibende Situation, die wohl jeder in irgendeiner Form schon erleben musste bzw. mittlerweile mehr oder weniger regelmäßig durchlebt – die Kommunikationskultur ist nämlich insgesamt nicht gerade in Besserung begriffen. Irgendwann meldete sich besagtes Unternehmen jedenfalls doch noch und meine Kollegin konnte ihren Beitrag fertig stellen. Dass es dabei ausgerechnet um Philips (bzw. Versuni) ging, mag ein Zufall gewesen sein, doch schon tags darauf wurde ein weiteres trauriges Kapitel in der (Versuni-)Philips-Geschichte geschrieben: In meinem Postfach landete (zu einem völlig anderen Thema) eine Versuni-Pressemitteilung, an deren Ende wie üblich eine Kontaktperson genannt war. „PR & Influencer Manager” stand unter dem Namen der Frau, auch eine Mailadresse – aber keine Telefonnummer. Festnetznummern sind passé, soweit hat sich die Erde auch in meiner Waldviertler Heimat schon gedreht, aber nicht einmal eine Handynummer? Wie soll Öffentlichkeitsarbeit funktionieren, ohne miteinander zu sprechen?
Zur Ehrenrettung (?) von Versuni sei hier noch angemerkt: Das Unternehmen ist bei weitem nicht das einzige, dessen Ansprechpersonen (die Betonung liegt hier auf „sprech”) keinen Telefonkontakt mehr kommunizieren. Um Missverständnissen vorzubeugen: Ich bin wahrlich kein Verfechter der 24/7-Erreichbarkeit, aber die wichtigste (weil schnellste und einfachste) Form der Kommunikation auf diese Weise schon im Vorhinein kategorisch auszuschließen,ist für mich der Gipfel der kommunikativen Unkultur. Womit wir wieder beim eingangs Gesagten wären: dem persönlichen Austausch, der uns in Linz erwartet. Übrigens: Das E&W-Team ist nicht nur in puncto Berichterstattung, sondern auch mit einem eigenen kleinen Messestand vor Ort. Schauen Sie doch vorbei – Sie haben uns sicher etwas zu sagen…
Alles vollkommen richtig.
Keine Telefonnummern, keine Emailadressen, bloß ein Formular welches vermutlich zuerst von einer KI gelesen wird und die Antworten oft auch danach ausschauen.
Die Antworten dann auch oft so als hätte der oder die gar keine Ahnung von dem Problem.
Und das Ganze ist bei renommierten angesehen Firmen (A-Marken) schlimmer wie bei kleinen eher unbekannten.
Wer verbockt das System so, wird vielleicht auf den UNI’s etwas falsches gelehrt.
Absolut richtig. Bravo für den tollen und treffenden Beitrag.
Aber Grundsätzlich fängt es ja schon in grossen Unternehmen selbst an. Einst gab es einen Punkt „Informationen“ im Rahmen von Abteilungsmeetings zu wichtigen Themen, welche aus „Effizienzgründen“ dann auf e-Mails geändert wurden. Heute gibt es „interne Kommunikationsseiten“ im Intranet. Ebenso in der Kommunikation nach aussen.
Mit einem derartigen Übermass an Informationen, dass das Wichtige in der Flut untergeht.
Ja, das waren noch Zeiten in denen „durchs Reden die Leut zusammengekommen sind“, und „human ressources“ noch Mitarbeiter genannt wurden.
Ist es nicht ein Schelm wer da eine Verbindung zur Einstellung der Gerneration „Z“ und dem Fachkräftemangel“ vermutet?