Eiskalt abserviert?
(© Energie AG) Per Ende Juni kündigt die Energie AG Oberösterreich rund 20.000 PV-Verträge mit garantierter Einspeisevergütung, die aus der Hochpreisphase am Strommarkt stammen. War der Schritt für die einen nur eine Frage der Zeit, treibt er andere auf die Palme – elektro.at hat nachgefragt.Ende Mai wurde bekannt, dass die Energie AG Oberösterreich die PV-Einspeiseverträge von rund 20.000 Kunden per Ende Juni kündigt. Diese Verträge garantierten mind. 15,73 Cent pro kWh – und sind damit nur eines von mehreren Beispielen, warum in der (Erneuerbaren) Energie-Branche zuletzt regelrechte „Goldgräberstimmung” herrschte. Aber auch dafür, dass die seit dem Vorjahr wieder massiv gesunkenen Strompreise eben nicht nur bei den Überschusseinspeisern für lange Gesichter sorgen – die EVUs geraten ebenfalls unter Druck.
Die Energie AG hat nun – als erster Energieversorger – die Reißleine gezogen und bietet allen Kunden einen neuen Tarif („Team Sonne Loyal Float“), der sich am Referenzmarktwert der E-Control orientiert. Im April 2024 lag dieser bei 3,12 Cent pro kWh. Damit biete man „wie viele andere Unternehmen bereits auch, nun einen dynamischen Tarif an, der auf die sehr schwankenden Marktgegebenheiten Rücksicht nimmt und damit marktkonform und für alle Kund der Energie AG somit fair ist”, hießt es dazu auf Anfrage von elektro.at.
Klarstellung
Für den Zeitpunkt der Massenkündigungen hat die Energie AG ebenfalls eine Erklärung parat: „Das aktuelle Überangebot an Solarstrom in Verbindung mit einer gleichbleibenden oder geringeren Nachfrage ergibt fallende oder teilweise sogar negative Preise im Stromhandel. Die Marktpreise für Photovoltaik entwickeln sich seit dem 4. Quartal 2022 kontinuierlich nach unten, die Preise für die Einspeisung müssen sich daher an diese Marktpreise anpassen. Wir sprechen den Kund:innen gegenüber eine Kündigung aus, weil wir eine neue Art der Preisberechnung einführen und damit Rechtssicherheit für beide Seiten herstellen wollen.”
Den besagten Tarif mit 15,73 Cent habe es nur kurze Zeit gegegeben: Er wurde im Mai 2023 eingeführt und habe einen alten Tarif abgelöst, der auf Basis des Österreichischen Strompreisindex (ÖSPI) berechnet wurde –nachdem sich gezeigt hatte, dass der ÖSPI derzeit kein geeigneter Index für die Preisberechnung war (Die Preise entwickelten sich weit schneller als der Jahres-ÖSPI). Mit dem neuen Preisangebot seien Einspeisekunden auf der sicheren Seite, denn die Energie AG garantiert eine Untergrenze von 2 Cent pro eingespeister kWh (Basis-Strombezug bei der Energie AG vorausgesetzt). Anfang Juni hatte rund ein Viertel der betroffenen Kunden das neue Angebot bereits angenommen – aufgrund der individuellen Vertragsendedaten sei es weiterhin zu einem laufenden Anstieg der Angebotsabschlüsse gekommen.
Insgesamt gibt es bei der Energie AG übrigens rund 28.000 Einspeiseverträge. In den Jahren vor der Energiekrise habe sich das Preisniveau der meisten Einspeisekunden bei rund 7 Cent pro kWh bewegt und sei ÖSPI-gewichtet gewesen. Bei den PV-Verträgen seien vorerst keine weiteren Kündigungen geplant.
Auf die Frage, wie problematisch der niedrige (mitunter sogar negative) Strompreis für den weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien sei, ließ man uns seitens der Energie AG wissen: „Das neue Angebot der Energie AG schließt einen negativen Einspeisepreis aus: Obwohl sich der neue Tarif mit den Marktentwicklungen mitbewegt, sind Einspeisekund:innen der Energie AG Oberösterreich Vertrieb GmbH damit auf der sicheren Seite: Denn die Energie AG garantiert eine Untergrenze von 2 Cent pro eingespeister Kilowattstunde beim Tarif „Team Sonne Loyal Float“ (Voraussetzung: Basis-Strombezug bei der Energie AG)”, und ergänzte: „Wir unterstützen Photovoltaik seit vielen Jahren: Sie ist ein wesentliches Element der Energiewende und bei Privatkund:innen besonders dazu geeignet, den Eigenverbrauch im Haushalt abzudecken und so die Kosten zu reduzieren. Derzeit wird mehr Strom aus Photovoltaik erzeugt, als verbraucht werden kann. Der Überschuss muss am Markt zu stark schwankenden Marktpreisen verkauft werden. Dieses Thema der Negativpreise beschäftigt die gesamte Branche massiv. Grundsätzlich gilt, dass sich die Anlagendimensionierung am eigenen Energieverbrauch orientieren und die Eigennutzung abdecken sollte. Ergänzend dienen Batteriespeicher, um den überschüssigen Strom zu speichern und zu einem späteren Zeitpunkt zu nutzen. Mit der Angleichung der Einspeisevergütungen an die Marktpreisentwicklung bleiben die PV-Anlagen weiterhin sehr attraktiv, allerdings werden zugunsten der Haushalte ohne PV-Anlagen keine ungerechtfertigt hohen Zusatzeinkommen dadurch erzielt. Mit dem neuen Tarif garantiert die Energie AG eine Untergrenze von 2 Cent pro eingespeiste Kilowattstunde.”
SammelKlage & Big Party
Quasi reflexartig startete die Anwaltskanzlei SCHEIBER LAW (die u.a. in Tirol gegen TIWAG und IKB wegen Massenkündigungen prozessiert) ein Sammelverfahren gegen die Kündigung der rund 20.000 PV-Verträge. Es sei „rechtlich noch unklar, ob die Massenkündigungen zulässig sind”, ist dazu auf der eigens eingerichteten Website www.energie-ooe-klage.at zu lesen. Gelassen reagierte man darauf seitens der Energie AG: „Wir gehen davon aus, dass die Kündigungen rechtlich sauber sind. Kündigungsfristen und Vertragslaufzeiten wurden eingehalten”, hielt der Energieversorger fest.
Einen bemerkenswerten Schritt setzte die OurPower Energiegenossenschaft SCE mbH: Diese warb bei den 20.000 gekündigten PV-Einspeisern nicht nur darum, Teil des Bürgerenergiemarktes zu werden, sondern lud diese auch gleich zur Solar-Revolution-Party am 26. Juni in Linz ein.
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