„Die Lehrlinge sind das Wichtigste“
Die Lehre war schon immer ein sehr großes Thema für das Bundesgremium, wie Bundesgremialgeschäftsführerin Bianca Dvorak und Vorsitzender des Fachausschusses Lehrlingsausbildung und Weiterbildung im Elektrofachhandel Gerhard Schabschneider erläutern. (© J.Jamy) Der Mangel an Arbeitskräften stellt für viele Unternehmen ein großes Problem dar. Ein Lösungsansatz besteht darin, die benötigten Fachkräfte im Rahmen der Lehre selbst auszubilden. Im Interview erläutern Bundesgremialgeschäftsführerin Bianca Dvorak und Vorsitzender des Fachausschusses Lehrlingsausbildung und Weiterbildung im Elektrofachhandel Gerhard Schabschneider, wie das Bundesgremium die Auszubildenden optimal auf das „Leben danach“ vorbereitet und wo akuter Handlungsbedarf besteht.Die Lehre ist für viele Jugendliche ein erster Schritt in die Berufswelt. Um die Auszubildenden während dieser Zeit bestmöglich dabei zu unterstützen, hat das Bundesgremium vor rund drei Jahren seine Lehrlings-Webinare konzipiert, welche sich immer größerer Beliebtheit erfreuen. Zudem unterstützt das Bundesgremium seit vergangenem Herbst die Nachwuchskampagne „Join the future“ der gesamten Elektrobranche, die darauf aufmerksam macht, dass die Elektrobranche eine „grüne Zukunftsbranche” ist. Generell hat die Lehre im Bundesgremium einen sehr hohen Stellenwert.
E&W: Welche Rolle spielt die Lehre für das Bundesgremium?
Bianca Dvorak: Die Lehre war schon immer ein sehr großes Thema für uns. Es ist wirklich wichtig, dass wir die Zukunft selber ausbilden, denn wir können nicht immer nur jammern und dann selber nichts machen. Gerade in unserer Branche passiert so viel und es gibt immer Neuerungen. Daher unterstützen wir als Bundesgremium die Lehrlinge unter anderem mit Schulungen und stellen Produkte in den Berufsschulen zur Verfügung.
Gerhard Schabschneider: Ohne Lehrlinge gibt es keine Facharbeiter. Wir investieren heuer wieder insgesamt 15.000€ in die Berufsschulen in ganz Österreich und stellen Geräten zur Verfügung, damit die Lehrlinge Verkaufstraining machen können. Die Lehrlinge sind das Wichtigste und es ist entscheidend für die Zukunft, dass wir Verkäufer haben, die sich auch mit den Produkten auskennen.
Wie bringt sich das Bundesgremium aktiv ein, um neue Lehrlinge zu bekommen?
Dvorak: Wir haben vergangenes Jahr unsere „Join the Future“-Kampagne gestartet, die sehr erfolgreich ist. Insgesamt hat die Kampagne bereits über 24 Millionen Bruttokontakte verzeichnet. Mit „Join the Future“ wollen wir aufzeigen, welche Berufe es in unserer Branche überhaupt gibt. Im Herbst wird es eine neue Welle an Werbungen geben. Wir hatten selten eine Werbekampagne, die so gut bei den Leuten ankommt. Das ist echt grandios. Schabschneider: Wir haben auch www.elektrohandelsprofi.at. Dort können sich die jetzigen und zukünftigen Lehrlinge über die verschiedenen Lehrberufe informieren. Unsere Lehrlingswebinare, die drei bis viermal im Jahr stattfinden, kommen ebenfalls sehr gut an. Jedes Mal nehmen rund 100 Lehrlinge teil. Da gibt es auch nur positives Feedback.
Wie kann man die Lehre wieder attraktiver gestalten?
Dvorak: Ich glaube, es wird generell schon viel gemacht. Auch unsere Bundesregierung hat mittlerweile erkannt, dass die Lehre einen immensen Wert hat. Die duale Ausbildung ist die Basis für ein breites Wissen. Dennoch muss die Lehre nicht der einzige Schritt sein, sondern den jungen Menschen stehen auch nach der Ausbildung alle Türen offen.
Schabschneider: Wir müssen wegkommen von dem Denken, dass man sich mit der Lehre die Zukunft verbaut. Man kann später noch immer eine höhere Schule besuchen, die Matura absolvieren oder studieren. Mit der Lehre erwerben die Jugendlichen Praxiswissen. Unsere Lehrlinge im Handel müssen lernen, richtig zu verkaufen, und wissen, wie man mit Menschen umgeht. Wenn der Lehrling das alles kann, dann hat er auch im Berufsleben jede Möglichkeit.
Wo besteht vielleicht noch Verbesserungspotenzial?
Dvorak: Die Lehrberufe sind derzeit nicht mehr ganz so auf der Höhe der Zeit. Das gibt mir schon ein bisschen zu denken. Das letzte Mal wurden die Lehrpläne vor etwa zehn Jahren überarbeitet. Eine weitere große Herausforderung ist das Image der Lehre. Viele Eltern besetzen die Lehre zwar wieder positiver, aber das war lange Zeit nicht so. In den Köpfen von manchen Leuten existiert immer noch das Vorurteil: ,Lehre macht der, der sonst nix kann.‘ Wir brauchen aber sehr wohl junge Leute, die früh in die Praxis einsteigen und dadurch ein großes Wissen ansammeln. Das ist unglaublich wertvoll und darf man nicht unterschätzen.
Schabschneider: Viele Leute realisieren jetzt langsam, dass man mit einer Matura auch nicht alles machen kann. Ich beobachte immer mehr, dass auch viele Schulen kämpfen, Schüler zu bekommen. Die Anzahl der Jugendlichen ist begrenzt und natürlich müssen auch wir vom Elektrohandel schauen, dass wir unsere Lehrlinge bekommen.
Worauf legen Sie großen Wert?
Dvorak: Ich glaube, es ist wichtig, dass auch viele kleine Unternehmen anfangen, Lehrlinge auszubilden. Denn es ist einfach eine ganz andere Herangehensweise, in einem kleinen Unternehmen zu arbeiten, als in einem großen. Die Lehrlinge lernen unmittelbar, was zum Beispiel Buchhaltung bedeutet. Wenn der Chef sich mit einem gemeinsam hinsetzt, hat man gleich einen ganz anderen Bezug, als wenn man es in der Schule lernt. Ich glaube schon, dass das einen Unterschied macht.
Schabschneider: Es macht generell einen Unterschied, wo man lernt. Die Ausbildung im kleinen Unternehmen, in der Großfläche oder im WIFI sind drei verschiedene Sachen. Der Vorteil der Lehre in kleinen Unternehmen ist, dass man viel vom Umfeld mitnimmt. Von der Buchhaltung angefangen, Warenübernahme bis hin zu Bestätigungen. Wir dürfen aber trotzdem keinen Jugendlichen auf der Straße stehen lassen. Wir müssen alle abholen und darauf schauen, dass jeder seinen Weg ins Berufsleben findet. Das ist das Allerwichtigste, sonst tut man sich später in der Gesellschaft schwer.
Was macht das Bundesgremium, um „up to date“ zu bleiben?
Dvorak: Wir überlegen viel, was gerade relevant sein könnte und was die Lehrlinge interessiert. Zudem haben wir unsere Plattform „wise up“. Dort gibt es viele Inhalte für den Handel, wo wir auch versuchen die Lehrlinge abzuholen. Das funktioniert inzwischen sehr gut. Außerdem haben wir unsere bildungspolitischen Ausschüsse. Das ist auch immer sehr wertvoll, wenn man aus ganz Österreich Infos bekommt, wo es gerade hakt und was man vielleicht besser machen könnte.
Schabschneider: Es ist wichtig ist, dass wir die Lehrlinge richtig abholen. Auch bei den Berufsinformationsmessen muss man präsent sein. Jedes Unternehmen muss Ausschau nach Lehrlingen halten, um die Zukunft des Betriebs aufrecht zu erhalten. Bei der Großfläche ist natürlich der Vorteil, dass dort viele Lehrlinge unterkommen. Das ist eine tolle Geschichte, weil der Einzelhandel doch eher rückläufig mit den Lehrlingszahlen ist.
Welche Rolle spielt die Digitalisierung in der Lehre?
Schabschneider: Mit der Digitalisierung bzw. mit der künstlichen Intelligenz richtig umzugehen, wird wahrscheinlich für den Handel in den nächsten Jahren eine große Herausforderung sein. Darum ist es wichtig, dass wir unsere Lehrlinge dementsprechend schulen, damit sie gut aufgestellt sind.
Wie ist die Situation in den Berufsschulen?
Dvorak: Im Herbst werden wieder neue Geräte an die Berufsschulen geliefert. Wir fragen in regelmäßigen Abständen bei den Schulen nach, wo es Bedarf gibt, weil es natürlich einen Unterschied macht, ob man auf einem zehn Jahre alten Produkt oder auf einem aktuellen Gerät lernt.
Schabschneider: Die Geräte sind ein wichtiges Thema, weil es ja doch immer neue Produkte in unserer Branche gibt. Die Lehrlinge sollen natürlich die neue Technik kennenlernen und auch verkaufen können. Wenn ich in der Firma die neuesten Geräte habe und in der Schule mit einer alten Waschmaschine lerne, ist das ist natürlich schwierig. Die Herausforderung ist, dass man als Verkäufer die Technik kennt, dann kann ich auch leichter verkaufen.
Gibt es abseits der zuvor angesprochenen Kampagne und den Webinaren weitere Initiativen des Bundesgremiums, um Lehrlinge in den Handel zu holen?
Dvorak: Wir haben immer wieder Ideen, wie zum Beispiel Exkursionen, aber das ist eher auf Bundesländer-Ebene, weil es leider unmöglich ist, alle Lehrlinge gleichzeitig zu bekommen, aber wir bleiben auf jeden Fall dran.
Gibt es Dinge, die Sie sich im Zusammenhang mit der Lehre wünschen?
Dvorak: Ich wünsche mir eine Aktualisierung und Modernisierung der Ausbildung. Das wäre super.
Schabschneider: Ich wünsche mir gute Lehrlinge, die engagiert und praxisorientiert sind, weil sonst wird es für jeden Lehrberuf schwierig.
Warum kommen Zuständige auf Probleme erst drauf wenn eh schon alle es wissen.
Das geht ja schon Jahrzehnte so dahin, und immer wird nur darüber geschrieben bzw. geredet.
Mein ersichtlicher Grund, die Verantwortlichen sitzen gut bezahlt in ihren Büros.