WIFO & HV: Umsatzentwicklung im Einzelhandel trübt sich ein
(© Pixabay) Die Ergebnisse des aktuellen "Konjunkturreports Einzelhandel" des WIFO im Auftrag des Handelsverbandes (HV) sind nicht gerade erfreulich. Denn der Report belegt auch im zweiten Quartal 2024 eine fehlende Dynamik der heimischen Konjunktur. Nach einer Verbesserung der realen Umsatzentwicklung im Einzelhandel im April und Mai deute die Eintrübung der Stimmungsindikatoren im Juni wieder auf eine verhaltene Entwicklung hin.„Die österreichische Konjunktur verläuft weiterhin schwach. Im Mai und Juni lag die Wirtschaftsleistung laut WIFO-Wirtschaftsindex jeweils um 0,5% unter dem Vorjahr, im Juli stagnierte sie. Zumindest der Einzelhandel hat im zweiten Quartal leichte Umsatzzuwächse erwirtschaftet, allerdings können diese die Kostensteigerungen in der Beschaffung, beim Personal sowie bei Fremdkapital, Mieten und Pacht bei weitem nicht kompensieren“, erklärt Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbandes. „Die nachlassende Teuerung sowie die gestiegenen Haushaltseinkommen haben die Umsätze der heimischen Einzelhändler zuletzt verbessert. Auch die Erwartung für die kommenden Monate ist trotz schwacher Konjunktur stabil. Ein eingetrübtes Bild zeigt aber die Beurteilung der aktuellen Lage, hier dürften die österreichischen Händler mit höherer Konsumdynamik gerechnet haben“, ergänzt WIFO-Ökonom und Studienautor Jürgen Bierbaumer.
Konsumnachfrage steigt nur moderat
Wie der aktuelle „Konjunkturreports Einzelhandel“ weiter zeigt, ist das Konsumentenvertrauen zwar zuletzt angestiegen, liegt aber weiterhin auf niedrigem Niveau. Die anhaltend hohe Unsicherheit der Konsument erhöht trotz stark gestiegener Haushaltseinkommen primär die Sparquote auf voraussichtlich 9,8%, wohingegen die Konsumnachfrage nur moderat zunimmt. Immerhin stütze der weiterhin nachlassende Preisauftrieb die reale Entwicklung, heißt es im Report. Im Juni 2024 lag die Inflation in Österreich bei drei Prozent – Tendenz fallend. Wermutstropfen sei, dass wir damit noch immer deutlich über dem Schnitt des Euro-Raums (2,5 Prozent) liegen. Verglichen mit den deutschen Einzelhandelsunternehmen, wo die Inflation niedriger ist, liegen die aktuellen Umfrageergebnisse der heimischen Händler:innen dennoch deutlich positiver (Juni: -9,9 Punkte in Österreich, -20,3 Punkte in Deutschland).
10.670 offene Stellen im Einzelhandel
Die aktuelle schwache Wirtschaftsentwicklung spiegle sich laut dem Report auch am Arbeitsmarkt. Der Bestand an unbesetzten Stellen ging sowohl im Einzelhandel als auch in der Gesamtwirtschaft weiter zurück und lag im Juni im Einzelhandel bereits um 27,5% (Gesamtwirtschaft -17,4%) unter dem Niveau des Vorjahres. Aktuell wären im Einzelhandel aber noch immer 10.670 offene Stellen zeitnah zu besetzen, in der Gesamtwirtschaft sind es 97.915. Die AK-Forderung nach Viertagewoche wäre laut Handelsverband ein Wohlstandsvernichter. „Wir haben in Österreich bereits jetzt fast 100.000 Stellen, die nicht zeitnah besetzt werden können. In Zeiten des Fachkräftebedarfs und der wirtschaftlichen Talfahrt eine Arbeitszeitverkürzung zu fordern, ist wie die Klimakrise mit mehr CO2 zu bekämpfen – das wird nicht funktionieren“, sagt Rainer Will und er fügt hinzu:„Beim BIP pro Kopf und damit bei der Erwerbsleistung pro Person hat Österreich in den letzten 10 Jahren im EU-Vergleich immer stärker verloren. Die Forderung der Arbeiterkammer nach einer Viertagewoche würde den Mitarbeitereinsatz zusätzlich erschweren, zu einer weiteren Verschlechterung unserer Wettbewerbsfähigkeit und damit zu einem unmittelbaren Verlust an Wohlstand für die Bevölkerung führen. Und wenn die Arbeiterkammer von diesem Modell tatsächlich so überzeugt ist, warum hat sie es dann noch nicht mal im eigenen Haus flächendeckend umgesetzt?“ Es gebe bereits unzählige Arbeitszeitmodelle, die Flexibilität ermöglichen und den Wunsch nach mehr Freizeit abdecken. Deshalb würde auch die Zufriedenheit der Handelsmitarbeiter mit den Arbeitszeiten in der Branche bei 79% liegen.
Ausblick
Laut der aktuellen WIFO-Prognose wird die Konjunkturschwäche auch im 2. Halbjahr 2024 anhalten, so dass die Wirtschaftsleistung im gesamten Jahr stagnieren dürfte. „Für das Jahr 2025 erwarten wir einen leichter Zuwachs von 1,5%. Während von den Marktdienstleistungen bereits 2024 Impulse zu erwarten sind, dürfte die Rezession in der Industrie und der Bauwirtschaft anhalten. Darauf deutet auch die weiterhin schlechte Stimmungslage des WIFO-Konjunkturtests hin“, so Bierbaumer. Dienstleistungen werden sich laut Prognose bereits 2024 wieder positiv entwickeln. Im Handel wird nach dem beträchtlichen Wertschöpfungsrückgang 2023 für heuer zumindest mit einem leichten Zuwachs gerechnet (+0,4%).
In ähnlicher Dynamik wie der Handel werden die privaten Konsumausgaben 2024 nur moderat expandieren und erst 2025 kräftiger wachsen (+1,1% bzw. +1,8%). Den konsumfördernden Effekten der Reallohnzuwächse stehe eine erhöhte Sparneigung infolge des Zinsanstiegs gegenüber. Auch das wirtschaftlich weiterhin unsichere Umfeld und die steigende Arbeitslosigkeit regen zum Vorsichtssparen an, so dass für 2025 ein Anstieg der Sparquote auf 10,2% erwartet wird. Die Inflation dürfte im Gesamtjahr 2024 bei 3,4% liegen, für 2025 werden 2,5% prognostiziert.
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