Wien & Kärnten: Unternehmensgründungen trotz Krise im Aufwind
Während die Unternehmensgründungszahlen österreichweit eher stagnieren, erreichte Wien im ersten Halbjahr 2024 den höchsten Wert an Neugründungen seit Beginn der Messungen 1993. Und auch Kärnten ist ein Land der Unternehmer. Trotz angespannter Wirtschaftslage bleiben die Unternehmensgründungen auf hohem Niveau. Und: Die Zahl der Betriebsnachfolgen steigt deutlich an.Im ersten Halbjahr 2024 wurden in Wien 5170 Unternehmen gegründet, das entspricht einem Plus von 2,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Umgerechnet wird in Wien damit jede Stunde ein Unternehmen gründet, wie die WKÖ sagt. „Während österreichweit die Gründungszahlen stagnierten, beweist Wien einmal mehr Gründergeist und erreicht den höchsten Wert an Neugründungen seit Beginn der Messungen 1993“, erklärt Clemens Schmidgruber, Vorstandsvorsitzender der Jungen Wirtschaft Wien. Auch den Titel „Gründerhauptstadt“ behält Wien bei – ein Viertel aller Neugründungen österreichweit entfällt auf die Hauptstadt.
„Wie die jüngsten Konjunkturprognosen zeigen, entwickelt sich die Wiener Wirtschaft einmal mehr deutlich besser als Gesamtösterreich. Vor allem wenn die Zeiten nicht so einfach sind, kann Wien seine Stärken voll ausspielen. Wir konnten die Heterogenität was die Unternehmensgrößen und die Branchenverteilung betrifft stärken. Das hilft uns. Der Rekord an Unternehmensgründungen bestätigt diese Qualitäten zusätzlich. Für Wirtschaftstreibende und solche, die es werden wollen, ist Wien ein hervorragender Standort“, sagt Walter Ruck, Präsident der Wirtschaftskammer Wien.
Auch die Gründungsprognose für die nächsten Monate spiegle die Robustheit des Wiener Wirtschaftsstandorts wider. Der aktuellen Hochrechnung zufolge wird Wien bis Ende des Jahres rund 9700 Unternehmensgründungen zählen – und damit einen weiteren Rekord an Unternehmensgründungen aufstellen.
Zunehmend wichtiger wird den Wienern beim Gründen die flexible Zeit- und Lebensgestaltung (76 Prozent), zu den Hauptmotiven der Wiener Gründer zählen daneben der Wunsch, sein eigener Chef zu sein (71 Prozent) und die Verantwortung, die bereits als Angestellter getragen wird, in den eigenen Betrieb einzubringen (69 Prozent).
Kärnten: Trotz Krise: Gründungen stabil – Betriebsnachfolgen immer beliebter
In Kärnten steigt die Zahl der Unternehmensgründungen zwar nicht, sie bleibt aber zumindest stabil. So gab es 2024 im ersten Halbjahr 1.184 neue Gewerbeanmeldungen (ohne Berufszweig „Selbständige Personenbetreuer“). „Damit ist die Zahl gegenüber dem 1. Halbjahr 2023 nur geringfügig gesunken (Anm: 1. Halbjahr 2023: 1261 Neugründungen). „Wir sehen, dass unsere Gründerinnen und Gründer die wirtschaftliche Herausforderung auch als Chance sehen und positiv in die Zukunft blicken“, sagt Lucija Wakounig, Leiterin des WK-Gründerservice. Die meisten Neugründungen gab es in den Bezirken Klagenfurt-Stadt, Villach-Land und Spittal. Bürokratie und Verwaltung seien aber allzu oft ein Hindernis, beklagt Nika Basic, Landesvorsitzende der Jungen Wirtschaft (JW): „Wir brauchen dringend eine Entlastung bei bürokratischen Hürden. Die Vielzahl an Vorschriften und der hohe Verwaltungsaufwand schrecken potenzielle Gründer ab.“
Die meisten Gründungen verbuchen in Kärnten die Sparten Gewerbe und Handwerk, Handel sowie Information und Consulting. Das Durchschnittsalter der Gründer liegt bei 36,5 Jahren. Auf Rekordkurs bei den Neugründungen liegen Frauen: Die Zahl der neuen Einzelunternehmen (ohne Selbständige Personenbetreuer) in weiblicher Hand stieg im ersten Halbjahr 2024 auf 45,5 Prozent.
Hauptmotive
Die Motive für eine Unternehmensgründung haben sich laut der Kärntner Jungen Wirtschaft kaum verändert. Nach wie vor wollen die neuen Kärntner Unternehmer flexibler in ihrer Zeit- und Lebensgestaltung sein oder sehen in der Selbständigkeit eine neue berufliche Perspektive im Alter (jeweils 71 Prozent). Knapp zwei Drittel (63 Prozent) geben an, ihr eigener Chef sein zu wollen oder die Verantwortung, die sie als Angestellte hatten, lieber ins eigene Unternehmen einzubringen. Die größten Herausforderungen sind für jeweils ein Viertel der neuen Unternehmer Sozialversicherung, Steuern und Abgaben.
Betriebsübernahmen immer wichtiger
Erfreulich ist, dass die Zahl der Betriebsnachfolgen in Kärnten deutlich ansteigt. Im vergangenen Jahr wurden in Kärnten 490 Betriebe von neuen Unternehmern übernommen. Das ist ein sattes Plus von 7%gegenüber 2022. Auch hier gab es die meisten Übernahmen in der Sparte Gewerbe und Handwerk, dicht gefolgt von den Sparten Tourismus und Freizeitwirtschaft sowie Handel. Bis 2029 stehen in Österreich laut WKÖ insgesamt 51.500 Unternehmen zur Übergabe an. Das sei knapp ein Viertel aller Arbeitgeberbetriebe. Damit verbunden sind knapp 700.000 Arbeitsplätze. Die JW hat daher eine Nachfolgestrategie für Österreich erarbeitet. Betriebsübernahmen seien ein wesentlicher Baustein zum Erhalt von Wohlstand und Arbeitsplätzen, sagt JW-Landesvorsitzender Martin Figge: „Steuerliche Anreize und Erleichterungen für Jungunternehmer und Nachfolger sind dabei besonders wichtig, um die finanzielle Belastung in der Startphase zu reduzieren und die Liquidität zu sichern. Gerade für Unternehmen mit Mitarbeitern ist die Senkung der Lohnnebenkosten das wichtigste Instrument.“ Es brauche aber auch die richtigen Rahmenbedingungen. Ein starkes Signal für den Standort Kärnten mit gezielten Investitionen in Infrastruktur, Digitalisierung und Bildung sei notwendig. Innovative Start-ups und technologieorientierte Unternehmen brauchen zudem mehr Unterstützung in Form von speziellen Förderprogrammen und Zugang zu Risikokapital.
Beim Gründerservice der WKÖ und der WK-Nachfolgebörse finden angehende Unternehmer Unterstützung.
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