Erneuerbaren-Check: Parteiprogramme bringen „nur wenig Konkretes“
V.l.n.r.: Vera Immitzer (PV Austria), Martina Prechtl-Grundnig (EEÖ) und Christoph Pfemeter (ÖBMV) . (© Julia Jamy) In weniger als drei Wochen findet hierzulande die Nationalratswahl 2024 statt. Das hat der Dachverband Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ) zum Anlass genommen und hat die Wahlprogramme für den Erneuerbaren-Check analysiert. „Das Ergebnis bringt nur wenig Konkretes: Einige schöne Überschriften und Absichtserklärungen, wenige konkrete Maßnahmen, so manches Desinteresse und das eine oder andere wirklich Hinderliche für die Energiewende und den Klimaschutz“, sagt Martina Prechtl-Grundnig, Geschäftsführerin des Dachverbands Erneuerbare Energie Österreich.Die Ziele sind ambitioniert: Mindestens 186 Terawattstunden (TWh) sollen bis 2030 in Österreich aus erneuerbarer Energie kommen, der Anteil fossiler Energie muss bis dahin noch um mehr als 60 Prozent (Stand 2023) reduziert werden – das sieht der Nationale Energie- und Klimaplan (NEKP) vor. Aber wie soll das gelingen? Der EEÖ hat die Parlamentsparteien schriftlich um ihre Vorschläge und Maßnahmen zum Ausbau erneuerbarer Energie gebeten und ihre Wahlprogramme analysiert. Das Bild zeige, laut Prechtl-Grundnig, zwar ein grundsätzliches Bewusstsein der meisten Parlamentsparteien dafür, dass Rahmenbedingungen für die Transformation zu schaffen seien. Konkret werde es aber nur noch bei wenigen Parteien. „Die heißen Eisen, wie etwa mehr Verpflichtungen für Bundesländer, ein wirksames Klimaschutzgesetz und ein klarer Pfad für den Ausstieg aus fossilen Heizungen werden von allen Parteien außer den Grünen und den Neos ausgespart“, kritisiert die EEÖ- Geschäftsführerin. „Die FPÖ strebt einerseits nach Unabhängigkeit und Selbstversorgung, bekennt sich aber weder zum Ausbau aller Erneuerbaren noch legt sie auch nur ansatzweise Ideen für eine Transformation des Energiesystems vor. Vom Klimaschutz ganz zu schweigen.“
„Vollkommen unverständlich und politisch verantwortungslos“
Vera Immitzer, Geschäftsführerin vom Bundesverband Photovoltaic Austria (PVA), fügt hinzu: „Es ist positiv, dass die ÖVP-Grünen-Regierung PV-Anlagen für Private wesentlich erleichtert und Fördermittel aufgestockt hat. Mit Förderungen allein erreicht Österreich jedoch niemals seine selbst gesteckten Erneuerbaren-Ziele. Dafür braucht es moderne und zielgerichtete Gesetze. Es ist daher vollkommen unverständlich und politisch verantwortungslos, dass es nicht gelungen ist, fertig verhandelte Gesetze, wie das Elektrizitätswirtschaftsgesetz, zu beschließen.“
Christoph Pfemeter, Geschäftsführer des Österreichischen Biomasse-Verbands (ÖBMV) zieht folgendermaßen Bilanz: „Die Tatsache, dass sich die Bioenergie bis 2030 noch vor Erdöl und Erdgas zum bedeutendsten Energieträger entwickeln soll, ist sehr positiv und deckt sich auch mit den Forderungen der internationalen Energieagentur und dem IPCC. Nur wenn wir die Stärken der volatilen Erneuerbaren und der speicherbaren Bioenergie kombinieren, ist der Ausstieg aus fossilen Energien tatsächlich möglich. Mit der Umsetzung der Carbon- Management-Strategie bleibt die Klimaneutralität zumindest theoretisch erreichbar. Die Wärmewende, also der Ausstieg aus Ölheizungen, ist mit dem Kesseltauschförderprogramm sehr gut aufgestellt, hier braucht es nun vor allem Kontinuität. Im Strombereich sind die Fördermechanismen für die Produktion von Winterstrom unzureichend, hier werden die Ziele sicher verfehlt. Die Einführung von E-10 war ein wesentlicher Schritt, der nun eine weitere Erhöhung der Beimischungsraten und die Forcierung der Reinverwendung von modernen Biotreibstoffen im Schwerlast- und Flugverkehr folgen sollte. Das Fehlen des Erneuerbares-Gas-Gesetzes ist nicht nachvollziehbar. Ohne das Gesetz bleiben der Ausstieg aus russischem Gas und die Erreichung der Grüngas-Ziele illusorisch.“
Forderungen an die nächste Bundesregierung
Der Dachverband Erneuerbare Energie Österreich und die Erneuerbaren-Verbände wünschen sich von der nächsten Bundesregierung, dass das für die Energiewende dringend nötige Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) und das Erneuerbare Gase Gesetz (EGG) noch in dieser Legislaturperiode beschlossen werden müssen. „Fast schon skurril scheint es, dass alle Parlamentsparteien den Ausbau und die Modernisierung der Netzinfrastruktur wichtig finden, in dieser Legislaturperiode aber das dafür so wichtige Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) zuletzt von der ÖVP aufgehalten wurde und keine Bemühungen zu einer Beschlussfassung von dieser Seite mehr erkennbar sind“, sagt Prechtl-Grundnig. „Ein ähnliches Bild zeichnet sich ab für das Thema der Erneuerbaren Gase. Auch hier zeigt unsere Erhebung, dass alle Parteien – außer der FPÖ – dabei Fortschritte als wichtig erachten. Zuletzt ist aber ein entsprechendes Gesetz an der fehlenden Zustimmung der SPÖ gescheitert.“
Vieles sei in den fünf Jahren zwar gelungen, so Immitzer, doch Gesetze wie die oben genannten lägen fertig verhandelt in der Schublade, „wo sie vergammeln“. Zudem wünscht sich Immitzer eine Vereinheitlichung der Gesetze, die für den Ausbau erneuerbarer Energieanlagen beachtet werden müssen, sei dringend notwendig. Die GF von PV Austria berichtet, dass etwa ein PV-Anlagenbauer, der im gesamten Bundesgebiet tätig ist, 36 Gesetze kennen müsse.
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