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Dienstag, 8. Oktober 2024
Energie-Sonderbeauftragter Siegfried Nagl im Gespräch

WKÖ: Energiemasterplan im Sinne der heimischen Wirtschaft

Energiezukunft Die Branche | Wolfgang Schalko | 24.09.2024 | |  Menschen, Wissen
Siegfried Nagl hat die – wie er selbst sagt – „ehrenvolle wie fordernde Aufgabe übernehmen dürfen, die Entwicklung eines Energiemasterplans der WKÖ zu leiten”. Siegfried Nagl hat die – wie er selbst sagt – „ehrenvolle wie fordernde Aufgabe übernehmen dürfen, die Entwicklung eines Energiemasterplans der WKÖ zu leiten”. (© WKÖ) Siegfried Nagl wurde vom Präsidium der WKÖ mit der Koordinierung eines umfassenden Energiemasterplans für Österreichs Wirtschaft beauftragt, der im heurigen Herbst vorgelegt werden soll. Denn für die unumgängliche Transformation des Energiesystems gebe es zwar auf europäischer Ebene wie auch in Österreich eine Reihe von sektoralen Teilkonzepten und gesetzlichen Regelungen, aber bis dato keinen umfassenden Plan zur Sicherstellung der Versorgung mit leistbarer grüner Energie, erklärt Nagl im Gespräch mit E&W.

Im Vorjahr hat die WKÖ angekündigt, im Herbst 2024 einen Energiemasterplan vorzulegen. Für die unumgängliche Transformation des Energiesystems gebe es zwar auf europäischer Ebene wie auch in Österreich eine Reihe von sektoralen Teilkonzepten und gesetzlichen Regelungen, aber bis dato keinen umfassenden Plan zur Sicherstellung der Versorgung mit leistbarer grüner Energie. E&W hat mit Siegfried Nagl, dem Energie-Sonderbeauftragten der WKÖ, schon vorab über dieses Mammutprojekt gesprochen.

Die WKÖ – allen voran der ehem. Grazer Bürgermeister und nunmehrige Energie-Sonderbeauftragte Siegfried Nagl – will mehr, wenn es um die Transformation des Energiesystems geht. Jedenfalls deutlich mehr als das Klimaschutzministerium in seinem nationalen Klima- und Energieplan vorsieht, dessen finale Fassung im August zur Übermittlung an die EU veröffentlicht wurde. Der Masterplan soll konkreter sein als jener von Ministerin Gewessler und gleichzeitig die Interessen der Mitgliedsbetriebe umfassender berücksichtigen. Nicht von ungefähr fiel die Ankündigung des Vorhabens in jene Zeit vor knapp zwei Jahren, als die Energiepreise regelrecht explodierten und dadurch Wirtschaftswachstum und Wohlstandsentwicklung gefährdeten. Im Herbst soll nun das Ergebnis veröffentlicht werden.

Für die Dringlichkeit eines umfassenden Energiemasterplans führt die WKÖ Prognosen ins Treffen, wonach sich allein bis 2040 der aktuelle Stromverbrauch verdoppeln soll. Dahingehend ortet Nagl in der Umsetzung der Energiewende eine „gewaltige Wachstumschance“, wobei es auch einige dringende Maßnahmen gebe, wie z.B. den Ausbau kurz-, mittel- und langfristiger Speicher, eine rasche Verdoppelung der thermisch-energetischen Sanierungsrate, das Nutzen tiefer Geothermie und ein Forcieren der Windkraft. Zudem sollten – nach dem Vorbild anderer Staaten – Verzögerungen beim Ausbau durch die rechtliche Verankerung eines „überragenden öffentlichen Interesses“ verhindert werden.

Siegfried Nagl im Gespräch

E&W: Angesichts der vorliegenden Strategien und Pläne der Bundesregierung, verschiedener Stakeholder und NGOs im Energiebereich sowie auch der EU: Warum braucht es einen Energiemasterplan der WKÖ?

Siegfried Nagl: Die breite Einbindung relevanter Stakeholder aus Wirtschaft, Wissenschaft, Verbänden und Politik soll es ermöglichen einen ganzheitlichen Blick auf die Energietransformation in Österreich zu werfen. Wir benötigen in Österreich dringend einen umfassenden und realistischen Leitfaden, der insbesondere von der Wirtschaft mitgetragen wird. Ohne unsere Unternehmen kann die Energietransformation nicht gelingen. Alle politischen Kräfte sollen eingeladen werden, die erarbeiteten Maßnahmen gemeinsam mit der Wirtschaft umzusetzen.

Das Thema Energie ist ebenso komplex wie weitläufig: Was sind die zentralen Inhalte des Energiemasterplans und an wen richtet sich dieser?

„Ohne unsere Unternehmen kann die Energietransformation nicht gelingen“, hält Nagl fest.

Nagl: Die Komplexität der Energietransformation in Österreich ist enorm und die Dimension der zeitgerechten Umsetzung ist den meisten Menschen oft noch gar nicht bewusst. Wir dürfen unsere Wettbewerbsfähigkeit in Europa und global nicht verlieren. Unsere Unternehmen benötigen bestmögliche standortpolitische Rahmenbedingungen für Investition, Innovation und Exporterfolge. Wettbewerbsfähige Energiepreise, verlässliche Versorgungssicherheit und eine leistungsfähige Infrastruktur sind dafür die entscheidenden Grundlagen. Ein wesentlicher Schwerpunkt liegt aber auch auf der Förderung von Innovationen und Technologien, damit Österreich auch die enormen Chancen, die mit der Transformation weltweit verbunden sind, nutzen kann und auch damit künftigen Wohlstand sichert.

Können Sie auf die wichtigsten Themen bzw. Aspekte, die im Energiemasterplan behandelt werden, etwas näher eingehen?

Nagl: In unserem Beteiligungsprozess haben wir vier Bereiche behandelt und jeweils Handlungsempfehlungen erarbeitet:

1. Erneuerbaren Strom für Österreich nachhaltig und kosteneffizient bereitstellen
2. Substitution und Diversifizierung von Erdgas und weiterer fossiler Energieträger
3. Klimaneutraler Wasserstoff und synthetische Energieträger zu wettbewerbsfähigen Kosten
4. Energieeffizienz und -einsparung, Zirkularität und CO2-Management!

Das Thema Energie hat neben wirtschaftlichen auch gesamtgesellschaftliche Aspekte. Wie kann es gelingen, die verschiedenen Interessen der in der WKÖ vertretenen Sparten und Sektoren unter einen Hut zu bekommen und zudem die „Normalbürger” mit ins Boot zu holen?

Nagl: Der Masterplan wird nicht im Elfenbeinturm von Ökonomen und Ökologen entwickelt, sondern wird das Ergebnis eines bewusst breit angelegten Partizipationsprozesses, an dem sich Verbände, Interessenvertretungen und Expertinnen und Experten beteiligt haben, sein. Die vor uns liegenden Herausforderungen können nur im Schulterschluss bewältigt werden. Jede und jeder Einzelne ist aufgerufen, aktiv mitzuwirken.

Daran anknüpfend tun sich einige weitere Spannungsfelder auf, wie z.B. rascher Handlungsbedarf vs. Sicherheit der Versorgung oder Zielerreichung (z.B. bei CO2-Reduktion) vs. Wettbewerbsfähigkeit. Wie soll damit umgegangen werden?

Nagl: Der Energiemasterplan setzt die Ziele des energiepolitischen Dreiecks in Beziehung: Energieversorgung sicherstellen – Energietransformation vorantreiben – wettbewerbsfähige Energiepreise sicherstellen. Ohne Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit und ohne soziale Akzeptanz werden wir die Transformation nicht meistern und nicht finanzieren können.

Bei allen Diskussionen rund um die Energiewende landet man früher oder später bei den zwei Aspekten der Finanzierung und der Fachkräfte – oder salopp formuliert: Wer soll‘s machen und wer zahlt‘s? Wie stehen Sie dazu?

Nagl: Selbstverständlich finden sich im Energiemasterplan Empfehlungen, die den Bereich der notwenigen Fachkräfte und die notwendige Finanzierung ansprechen.

Welche Aufgaben bzw. Herausforderungen, aber auch welche Chancen und Möglichkeiten ergeben sich aus all dem für die heimische Wirtschaft und die Unternehmen?

Nagl: Wir zeigen die Stärken und Schwächen, aber auch die Chancen und Herausforderungen der Transformation auf. 2023 gab es bereits weltweit Investitionen von über 2 Billionen Dollar im Bereich der Erneuerbaren Energien. Österreichs Unternehmen können mit ihrem Know-how und ihrer Leistungsbereitschaft einen Beitrag leisten und Wachstum generieren.

Wie soll die Umsetzung des Energiemasterplans in der Praxis gelingen? Ist hier ein paradigmatischer oder eher ein pragmatischer Zugang gefragt? Und damit einhergehend: Welche Schritte planen Sie als nächstes?

Nagl: Der aktuelle klima- und energiepolitische Schwerpunkt liegt zu sehr auf der Festlegung neuer und immer ehrgeiziger Ziele, statt auf einer notwendigen praktischen Umsetzung bereits festgelegter Vorgaben. Der Energiemasterplan soll vor allem die nationale Politik dabei unterstützen, die Herausforderungen zu meistern und auch die Energiewende in Österreich zu einer Erfolgsgeschichte machen.

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