Elektriker Österreich: „Der Zusammenhalt ist so groß wie nie”
BIM Christian Bräuer hat der Branche bereits seinen Stempel aufgedrückt und will 2025 weitere Initiativen starten. Das Jahr 2024 hielt für die Elektrobranche einige enorme Herausforderungen bereit, vom anhaltenden Konjunkturtief im Bausektor über den Preisverfall bei PV bis hin zum „Dauerbrenner“ Fachkräftemangel. Dennoch gab und gibt es auch eine Reihe von Lichtblicken, wie Bundesinnungsmeister Christian Bräuer und Thomas Farthofer, Vorsitzender des Beirats der Elektriker Österreichs, im Gespräch mit elektro.at festhalten.Beim Rückblick auf das heurige Jahr sind sich Bundesinnungsmeister Christian Bräuer und Thomas Farthofer, Vorsitzender des Beirats der Elektriker Österreichs, über weite Strecken einig: „Das Jahr 2024 war Jahr für die gesamte Branche kein ganz einfaches, jedoch haben wir gemeinsam aufgezeigt, dass wir die anstehenden Herausforderungen in allen Bereichen annehmen und diese auch zuverlässig bewältigen werden können. Die Elektrobranche steht verantwortungsvoll für das Umsetzen von notwendigen Maßnahmen in den Bereichen Klimaschutz, Energieeffizienz und Sicherheit von elektrischen Anlagen bereit und hat dabei bereits im Jahr 2024 einige bemerkenswerte Highlights erlebt.”
Als wichtigste Entwicklungen nennen die beiden Branchenvertreter:
- Gebäudesanierung: Der Gebäudesektor zählt zu den größten Wachstumsmärkten in Österreich und bietet erhebliche CO2-Einsparungspotenziale. Eine umfassende Betrachtung energetischer Sanierungsmaßnahmen, mit dem Fokus auf Energieeffizienz und Sicherheit von elektrischen Anlagen bieten langfristige Potentiale für die gesamte Branche.
- Dezentrale Energieproduktion: PV-Anlagen und Energiespeichersysteme haben bei den erwartbaren Steigerungen der Kosten von Energie enorm an Bedeutung bei Unternehmen und Privaten gewonnen. Die Belastungen von öffentlichen Netzen stehen dabei zwar immer wieder zur Diskussion, diese können aber durch netzdienliche Anlagen deutlich verringert werden und einen positiven Effekt erzielen. Auch für eine neue Regierung muss die Energie im Fokus der Aufmerksamkeit stehen und es müssen gesamtheitliche, umfassende und einfache Fördermaßnahmen, unter Einbeziehung von Fachleuten aus der Branche, erstellt werden.
- KI und Automatisierung: Künstliche Intelligenz und Automatisierung spielten eine Schlüsselrolle bei der Steigerung der Effizienz und Produktivität in der Branche. Die Entwicklungen in diesen Bereichen schreiten extrem schnell voran und werden zu einem erfolgreichen Baustein für die Umsetzung von notwendigen Maßnahmen im Bereich der Elektrotechnik.
- Green Jobs: Die Elektrobranche war und ist ein wichtiger Motor für technologischen Fortschritt und die Schaffung von „Green Jobs“, die zur ökonomischen Dynamik beitragen. Die Branche befindet sich im ständigen Wandel und muss sich mit neuen Technologien beschäftigen. Der Lehrberuf der Elektrotechnik bildet bereits jetzt diese zukünftigen Anforderungen ab und stellt sich etabliert sich als moderner, starker und nachhaltiger Lehrberuf, mit stark steigenden Lehrlingszahlen in ganz Österreich.
Heuer wurde auch die Plattform Elektriker Österreich neu aufgestellt. Wie fällt die Bilanz nach dem ersten halben Jahr aus? Ist der Neustart gelungen?
Bei dieser Frage steht für Farthofer außer Zweifel: „Der Verein Elektriker Österreich hat einen erfolgreichen Neustart hingelegt und sich als Plattform der Zukunft in der Elektrotechnikbranche etabliert. Wir konzentrieren uns auf die bundesweite Aus- und Weiterbildung der Branchen- Wertschöpfungskette, sowie einen Austausch von Wissen und Innovationen.”
Bräuer ergänzt: „Aus meiner Sicht wurden die ersten Schritte erfolgreich gesetzt und wir können im kommenden Jahr mit der Umsetzung der von uns festgelegten Ziele im Sinne der Elektrobranche durchstarten. Die Plattform der Elektrotechnik soll als kompetenter und institutioneller Ansprechpartner für die gesamte Branche dienen und dabei die ausführenden Elektrotechniker praxis- und zukunftsorientiert unterstützen. Der Zweck ist die umfassende Information von Mitgliedern und die Kommunikation zu prioritären und innovativen Themenbereichen der Elektrotechnik, unter Berücksichtigung von Qualität und zukünftigen Herausforderungen an die Branche. Dabei werden lösungsorientiert die Bereiche Energiewende, Energetische Sanierung von Gebäuden, Energieeffizienz und das Gebäude von Übermorgen im Fokus der Aufgaben liegen.”
Was ist in puncto Kontakt/Kommunikation zu den Mitgliedsbetrieben geplant?
„Mittels neuer Partnerschaften und Initiativen streben wir danach, die Branche zu stärken, um auf künftige Trends vorbereitet zu sein. Unsere Positionierung ist stark auf Qualität, Bildung, Innovation und Nachhaltigkeit ausgerichtet”, betonen Farthofer und Bräuer unisono. „Neue Markenpartner wie Signify, Eltako, RedCad, Kraus & Naimer, Burisch und Siblik konnten gewonnen werden und es werden gerade viele Gespräche mit sehr interessierten neuen Partnern der Elektrobranche geführt. Auch mit starten Stakeholdern wie OVE, LTG, PV Austria, FEEI, KFE und BVe wird die Zusammenarbeit intensiviert und partnerschaftlich koordiniert. Diese Partnerschaften sollen die Qualität sowie die Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen in der Elektrotechnik stärken und den Austausch von Wissen und Innovationen fördern.
Für das Jahr 2025 haben die Elektriker Österreich einige spannende Veranstaltungen geplant. Als Nachfolger der ehemaligen Powerdays wird die Fach-Leitmesse Ennovation Austria vom 5. bis 7. März 2025 im Messezentrum Salzburg veranstaltet und wird Innovationen und praxisorientierte Lösungen in den Bereichen Energie, Elektro-, Licht-, Haus- und Gebäudetechnik, Ladeinfrastruktur präsentieren. Diese Messe bietet auch eine Plattform für den Wissensaustausch, Best-Practice-Shows, Fachvorträge und ein Tech-Get-together.
Darüber hinaus wird es im Frühjahr Expertenrunden und Elektriker-Stammtische und Branchentreffs in Zusammenarbeit mit den Landesinnungen und dem jeweiligen Energieversorger geben. Auch das erfolgreiche Format ‚Tag der Elektrotechnik‘ wird 2025 wieder stattfinden. Dieses startet im Herbst ebenfalls in Zusammenarbeit mit den Landesinnungen in allen Bundesländern.”
Macht sich die „Handschrift” des neuen Bundesinnungsmeisters und seines Teams sowie der neu aufgestellten Branchenplattform Elektriker Österreich schon bemerkbar?
„Eindeutig ist die Handschrift des neuen Bundesinnungsmeisters Christian Bräuer bereits erkennbar”, so Farthofer. „Er hat seit seiner Ernennung im September 2023 nicht nur den Verein Elektriker Österreich neu aufgestellt, sondern sich auch stark für die Modernisierung und Attraktivierung der Elektrotechnikausbildung eingesetzt. Bräuer hat neue Schwerpunkte wie Smart Home, erneuerbare Energien und Elektromobilität etabliert und die Bedeutung der Elektrotechnik in Zeiten von Digitalisierung, Mobilität und Klimawandel bekräftigt und sieht Elektrotechniker:innen als zentrale Akteure für künftige Herausforderungen.
Viel Lob also, das Bräuer zu schätzen weiß: „Ich kann nur großen Dank an mein gesamtes Team aussprechen. Es ist eine der größten Ehren meines Lebens, diese wunderbare Branche vertreten zu dürfen und dabei die Zukunft aktiv gestalten zu dürfen. Der Zusammenhalt von Gewerbe, Industrie und Großhandel ist so groß wie nie und bietet der gesamten Branche enorme Möglichkeiten. Die bereits jetzt anstehenden Herausforderungen können nur gemeinsam bewältigt werden, um diese sicher und qualitativ hochwertig umzusetzen.”
Spannend ist natürlich der Blick nach vorne: Wie sehen die Einschätzungen für 2025 aus?
Dazu Bräuer: „Es steht jedenfalls ein herausforderndes Jahr vor uns. Es liegen uns derzeit viele verschiedene Prognosen vor, nicht alle sehen dabei ein Wachstum in Österreich vor. Der Sektor „Neubau“ spielt sicher eine große Rolle in der Entwicklung der Wirtschaft, ob allerdings bereits 2025 eine Erholung im Neubau zu schaffen ist, bleibt abzuwarten und muss rasch durch eine neue Regierung forciert werden. Die Chancen der Branche liegen weiterhin jedenfalls in der energetischen Sanierung des Gebäudesektors unter Berücksichtigung von Erzeugung, Speicherung und Effizienz elektrischer Energie. Im Bereich der Fachkräfte müssen wir uns den anstehenden Herausforderungen stellen und eine Qualifzierungsoffensive anstreben. Unsere Branche benötigt dringend gut ausgebildete Fachkräfte, die sich mit neuen Technologien beschäftigt und diese qualitativ hochwertig in der täglichen Arbeit umsetzen kann.”
Farthofer ortet begründeten Optimismus: „Die Konjunkturprognose im Jahr 2025 zeigt nicht nur für die Elektrobranche einige vielversprechende Entwicklungen. Laut dem Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) wird ein leichtes Wirtschaftswachstum erwartet, das auch die Elektrobranche positiv beeinflussen wird. Besonders Augenmerk sollte auf die Bereiche wie Erneuerbare Energien, Smart Home und Elektromobilität und deren Förderung gelegt werden. Die Nachfrage nach dezentralen Energieproduktionssystemen und effizienten Gebäudetechnologien wird weiter steigen, was zu neuen Geschäftsmöglichkeiten und Investitionen führen wird. Auch Automatisierung und Digitalisierung werden weiterhin wichtige Treiber für die Branche sein. Fachkräfte im Bereich Elektrotechnik werden auch weiterhin besonders gefragt sein. Die Digitalisierung und der demografische Wandel spielen eine große Rolle bei der steigenden Nachfrage nach qualifizieren Fachkräften. Unternehmen werden verstärkt in Weiterbildungsprogramme investieren, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. Insgesamt sieht die Prognose für die Elektrobranche im Jahr 2025, mit einem Fokus auf Nachhaltigkeit und Innovation, positiv aus.”
Welche Chancen und Herausforderungen gehen für die Branche mit den aktuellen Entwicklungen einher? Und was kann bzw. soll der einzelne Betrieb machen?
Auch hier sind sich Farthofer und Bräuer einig: „Die Elektrobranche befindet sich im Wandel und steht vor zahlreichen Chancen und Herausforderungen für die kommenden Jahre:
- Erneuerbare Energien: Der Ausbau von Photovoltaikanlagen und netzdienlichen Speichersystemen bietet großes Potenzial. Dabei müssen Sicherheit und Qualität eine zentrale Rolle bei der Umsetzung darstellen.
Smart Home und Smart Building: Die Nachfrage nach intelligenten Gebäudetechnologien steigt kontinuierlich. Dabei soll bei der Umsetzung von Maßnahmen das Potential von Einsparungen an Energiekosten sowie das netzdienliche Verhalten von elektrischen Anlagen im Vordergrund stehen. - Elektromobilität: Der Ausbau der Elektromobilität und Ladeinfrastruktur eröffnet neue Geschäftsfelder. Gerade im Bereich vom bidirektionalem Laden stehen in Zukunft viele Möglichkeiten von Speicherung mit intelligentem Lademanagment in Kombination mit Energiemanagmentsystemen von Gebäuden zur Verfügung.
- Fachkräftemangel: Der Mangel an qualifizierten Fachkräften bleibt leider auch künftig ein Thema der Branche. Die gesamte Wertschöpfungskette wird auch weiterhin in Weiterbildungsprogramme investieren und die Förderung von Nachwuchskräften forcieren.
- Lieferkettenprobleme: Die globalen Lieferketten sind anfällig für Störungen. Die Suche nach alternativen Lieferanten und die Stärkung lokaler Produktionen muss gestärkt werden, um die Risiken zu minimieren.
Betriebe sollten auch künftig in moderne und nachhaltige Technologien, in die Digitalisierung und die Aus-und Weiterbildung investieren, um die Effizienz zu steigern, den Nachwuchs zu fördern und die Weiterbildung weiterhin zu unterstützen. Auch zum Thema Nachhaltigkeit sollten nachhaltige Praktiken implementiert und die Maßnahmen des Klimaschutzes hervorgehoben werden. Als starker Partner steht die Elektrotechnik für die Umsetzung der Energiewende zur Verfügung und kann die anstehenden Herausforderungen im Sinne der elektrischen Zukunft bestens umsetzen.”
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