Die Macht der kleinen Dinge

Manches wird dabei leider nicht nur nicht besser, sondern sogar noch schlechter. Mir zum Beispiel haben die Nachrichten und Entwicklungen auf der regionalen, nationalen sowie internationalen Bühne den jahresanfänglichen Optimismus gleich wieder ausgetrieben. Des öfteren habe ich mich in der Frage-Antwort-Schleife „Kann das alles wahr sein? – Das kann alles nicht wahr sein!” gefangen ertappt. Wenn ich mich im Freundes- und Bekanntenkreis umhöre sowie diverse Leserbriefe und mediale Kommentare verfolge, dann bin ich damit bei weitem nicht allein. Ein großes Problem bildet dabei das „Informationsdilemma”, in dem wir alle stecken: Während die Zahl der Nachrichten und Botschaften, die auf uns einprasseln, ständig steigt, bleibt die Kapazität, mit der wir diese Eindrücke verarbeiten können, gleich. Smartphone, Laptop & Co. sind hier – wie fälschlicherweise oft angenommen – keine Hilfsmittel, sondern lediglich weitere Einfallstore und verschlimmern das Ganze noch weiter – Stichwort Aufmerksamkeitskapitalismus. Das Resultat ist eine Schere, die immer weiter aufgeht, und wo wir Menschen uns zusehends überrollt fühlen. Das Überprüfen all des Erfahrenen auf dessen Plausibilität und Wahrheitsgehalt gerät immer mehr zum Ding der Unmöglichkeit.
Dazu kommt ein Phänomen, das gerade in den USA Schule macht und – wie kürzlich im „Standard” – treffend als Politainment bezeichnet werden kann. Dort wurde Donald Trump mit einem Profi-Wrestler verglichen: Politik als Inszenierung, Regieren als Show. Fakten sind nebensächlich, Falschaussagen bleiben nicht nur konsequenzlos, sondern sind ebenso wie Provokationen sogar erwünscht – denn so wird das Spektakel angeheizt und die Unterhaltungsmaschinerie weiter am Laufen gehalten. Für die Protagonisten ist diese „Verwrestlichung der Politik” in erster Linie finanziell gewinnbringend, für die Wähler ist sie zufriedenstellend und gelungen, solange die Story nur kurzweilig fortgeschrieben wird. Die befremdliche Erkenntnis des besagten „Standard”-Artikels: „Die Verwischung von Realität und Fiktion ist nicht das Problem. Sie ist das Produkt.” In der Realität, insbesondere der wirtschaftlichen, existieren solche folgenleeren Räume jedoch nicht.
Während sich so manche also offenbar völlig nach Belieben austoben und zum Narren machen können, kommt in der unternehmerischen Tätigkeit sehr schnell und eindringlich das Handeln-Wirkung-Prinzip zum Tragen. Soll heißen: Egal, was Sie als Firmenchef, Verkäufer, Anlagenplaner, etc. auch machen, es wird Folgen haben. Beabsichtigte und unbeabsichtigte. Dessen muss man sich stets bewusst sein – was einerseits Verantwortung und Besonnenheit erfordert, auf der anderen Seite natürlich Chancen eröffnet. Mehr noch: Überhaupt Wirkung erzielen bzw. etwas erreichen zu können, ist ein essenzieller Bestandteil unternehmerischen Handelns. Wo kämen wir hin, wenn eh alles wurscht wäre?
Wie dramatisch solche Auswirkungen sein können, musste Ende Jänner der – zuvor längere Zeit im Höhenflug befindliche – US-Chiphersteller Nvidia schmerzlich erfahren: Der kurzfristige Erfolg der chinesischen KI-Anwendung DeepSeek hat den Börsekurs von Nvidia binnen eines Tage um 17% bzw. fast 600 Mrd. Dollar (ca. 575 Mrd. Euro) einbrechen lassen. Zum Vergleich: Das Bruttoinlandsprodukt von Österreich betrug im Jahr 2023 rund 473 Mrd. Euro. Mehr als die gesamte hiesige Wirtschaftleistung eines Jahres also von heute auf morgen einfach ausradiert. Ehe ich mich deswegen in meiner Frage-Antwort-Schleife wiederfinde, möchte ich von der großen auf die kleine Bühne wechseln. Natürlich sind die Maßstäbe aus Sicht eines Elektrohändlers oder Elektroinstallateurs etwas andere, aber in der Wirkung für sein Unternehmen nicht minder bedeutsam. Fragen zur Positionierung, dem Außenauftritt, der Kundenkommunikation u.Ä. sind somit zentral. Gerade in der heutigen Zeit, wo sich Nachrichten in Windeseile verbreiten und die öffentliche Meinung (bzw. Bewertung) vielleicht mehr denn je über Erfolg oder Misserfolg entscheidet.
Nicht erst einmal wurden an dieser Stelle die Parallelen zwischen E&W als Fachmedium sowie dem Elektrohandel und -gewerbe thematisiert. Wir beschäftigen uns nicht nur von Berufswegen her mit aktuellen Entwicklungen innner- und außerhalb der Branche, sondern sind als kleines Medienunternehmen – wie Sie – mit einer Reihe von Herausforderungen bzw. Bedrohungen konfrontiert, die unsere Zukunft infrage stellen. Das sind Bürokratie, Auflagen und Regularien ebenso wie die gesamtwirtschaftliche bzw. konjunkturelle Situation (gehts der Branche schlecht, gehts auch ihrem Medium schlecht) oder auch unliebsame neue Konkurrenz – was dem Handel Temu und Shein ist uns ChatGPT & Co. Daran, sich mit all dem auseinanderzusetzen, führt kein Weg vorbei.
Wir haben das im Jänner sehr ausgiebig, intensiv und schlussendlich auch sehr fruchtbar im Rahmen einer Klausur getan – eineinhalb Tage lang abgeschieden und abseits des üblichen Arbeitsalltgs. Den Anfang unserer Überlegungen machte die alles entscheidende Frage „Hat der Elektrohandel Zukunft?” – die wir (auch als Daseinsberechtigung der E&W) mit einem klaren „Ja!” beantworteten. Und dem Zusatz, dass es für die Branche in absehbarer Zeit wohl nicht leichter wird. Dem folgte die nächste zentrale Frage: „Wer sind wir und wofür stehen wir?”, deren Antwort unser folgendes neues Leitbild darstellt: „E&W ist ein unabhängiges Fachmagazin für den Elektrohandel und das -gewerbe und sieht sich als solches den journalistischen Grundprinzipien sowie den Interessen der österreichischen Elektrobranche verpflichtet. Das bedeutet fundierte Recherche und objektive Berichterstattung, seriöse und faktenbasierte Artikel sowie klare Trennung von Meinung und Redaktion. Wir verstehen uns selbst als Ideengeber und Trendscout, als Serviceplattform und Informationsdrehscheibe sowie als mahnende Stimme und Stelle, die über der Tellerrand hinausblickt. Kurzum: Wir sagen, was Sache ist; wir legen den Finger auch dahin, wo es weh tun kann; und wir halten mit Kritik (auch uns selbst gegenüber) nicht hinterm Berg.” Und dann wurden viele kleinere und größere Dinge ertüftelt, was wir anders, besser oder überhaupt machen können. Die erste Veränderung werden Sie spüren, wenn Sie die E&W 1-2/2025 in Händen halten.
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