Die Haushaltsabgabe als Wahlhilfe

Die Story nahm mit der Einführung der Haushaltsabgabe ihren Lauf – d.h. eigentlich schon früher. Meine Lebensgefährtin und ich übernahmen vor mehreren Jahren die Wohnung meiner Mutter in einem Wiener Altbau. Mit der Einführung der Haushaltsabgabe im vergangenen Jahr erhielten meine Mutter und meine Lebensgefährtin – die bisherige GIS-Zahlerin unter uns beiden – jeweils eine Vorschreibung zur Entrichtung des ORF-Beitrags für die Wiener Wohnung. Wir schätzen zwar alle die Arbeit des ORF, zwei Beiträge für denselben Haushalt wollen wir allerdings nicht zahlen, weswegen wir eine entsprechende Mail an die OBS schickten.
Seither werden wir von der OBS im Kreis geschickt. Informationen, welche wir an die OBS senden, werden ignoriert. Kontaktversuche mit der Hotline – so man sie erreicht – bringen keine Lösung. Stattdessen erhält meine Mutter weiterhin Zahlungsaufforderungen mit Mahngebühren, Anwaltsschreiben und Drohung mit dem KSV. Im vergangenen Jahr waren wir, so scheint es, Opfer der typischen Wohnungszusammenlegungen in Wiener Altbauten. Da sich damit leicht unterschiedliche Meldeadressen ergeben hatten, sei die OBS auch von zwei unterschiedlichen Haushalten ausgegangen.
Zähneknirschend bezahlten wir damals den doppelten Beitrag samt Mahnspesen. In der Zwischenzeit haben wir allerdings unsere Meldeadressen vereinheitlicht. Somit ist auch von außen sichtbar, dass es sich hier um einen Haushalt handelt. Was allerdings die OBS nicht weiter interessiert hat. Trotz entsprechender Informationen hat die Gesellschaft meiner Lebensgefährtin den ORF-Beitrag abgebucht und meiner Mutter wieder eine Zahlungsaufforderung geschickt.
Damit begann das Spiel erneut und hier wird es spannend: Wieder informierten wir die OBS per Mail, schickten die entsprechenden Meldeunterlagen durch und riefen an. Nach einer halben Stunde in der Warteschleife meldete sich sogar eine Mitarbeiterin. Im Zuge des Gesprächs erfuhr meine Lebensgefährtin u.a., dass sie von der OBS zusätzlich an ihrer alten – seit drei Jahren nicht mehr aktuellen – Meldeadresse geführt wurde. Ansonsten versicherte man uns, dass es derzeit eine „Mahnsperre“ gebe und dass die Einträge im Register der OBS umgehend berichtigt würden. Meine Lebensgefährtin sollte doch in einigen Wochen nochmals anrufen, „ob eh alles in Ordnung“ sei.
Gesagt, getan: Beim zweiten Anruf wurde ihr mitgeteilt, dass die Änderung nun sofort vorgenommen werde (offensichtlich war dies noch nicht geschehen) und nun alles in Ordnung sei. Sie können sich also unsere Überraschung vorstellen, als meine Mutter zwei Wochen später ein Mahnschreiben erhielt, samt Mahngebühr und Drohung einer gerichtlichen Vollstreckung.
Gerade diese Drohungen rufen natürlich tiefste Abneigung und Widerspruch hervor. Gegen das Mahnschreiben hat meine Mutter dann auch umgehend eine Beschwerde eingelegt. Inzwischen stellt sich allerdings die Frage: Warum ist das Kundenservice der OBS so schlecht? Die OBS hat vom Gesetzgeber mit dem Zugriff auf das Melderegister ein unheimliches Privileg erhalten. Anstatt mit diesem Vorrecht sorgfältig umzugehen, erhebt die ORF-Beitrags-Service GmbH das Endkundenverärgern zur hohen Kunst.
Dass wir kein Einzelfall sind, ergibt sich aus Gesprächen im persönlichen Umfeld, der langen Wartezeit an der Hotline, Aussendungen der AK sowie regelmäßigen Berichten in diversen Medien. Dass die OBS ihre Prozesse nicht im Griff hat, sehe ich allerdings auch täglich an den herrenlos herumflatternden OBS-Schreiben in Wiener Stiegenhäusern, die – wie ich weiß – an Menschen gerichtet sind, die seit Jahren nicht mehr an dieser Adresse gemeldet sind. Schließlich kann man die Mitteilung, dass das Kundenservice der OBS heroisch im vergangenen Jahr mehr als drei Millionen Kundenanfragen bearbeitet hätte, auch als Zeichen einer verbockten Einführung der Haushaltsabgabe auslegen. Obwohl die OBS seit mehr als zwölf Monaten mit Daten versorgt wird und Feedback von den Beitragszahlern erhält, kann sie nicht liefern, weil sie offensichtlich die Realität am Boden nicht berücksichtigt hat.
Vielleicht fehlt auch die Selbstreflexion. Wenn ich die letzte Presseaussendung der OBS vom 11.7.2024 lesen, dann finde ich ein großes Selbstlob über die „gemeisterte Herausforderung“. Ein Eingehen auf die laufende Kritik z.B. seitens der AK sucht man dort allerdings vergeblich. Und wenn man schon mit laufender Kritik konfrontiert wird, dann sollte man auch Aussagen wie „Mahnsperre“ intern umsetzen und nicht mit Vollstreckungsdrohungen um sich werfen. Gerade in einer Stadt wie Wien, in der sich durch die laufenden Wohnungszusammenlegungen die Meldeadressen immer wieder verändern, sofort mit schwerstem Geschütz aufzufahren, zeugt weder von Fingerspitzengefühl noch von politischem Instinkt. Was für mich als demokratisch gesinnten Bürger, der von der Notwendigkeit unabhängiger Medien überzeugt ist, doppelt schmerzhaft ist.
Wenn die OBS da nicht besser wird, dann ist sie mit der nächsten Bundesregierung Geschichte. Dass dies nicht ohne Schaden für den ORF abgehen wird, muss jedem klar sein. Aber wenn man sich die Einträge in Sozialen Medien dazu ansieht, dann ist das vielen Menschen inzwischen wurscht. Sie werden ihre Stimme jener Partei geben, die eine Abschaffung der OBS verspricht.
In dem Zusammenhang ist es auch verwunderlich, dass zwar laufend von Medienkampagnen gesprochen wird, aber beim größten Medium des Landes ich erstaunlich wenig proaktive Informationen zur Haushaltsabgabe finde. Hofft man seitens des ORF, dass man nicht mit der OBS assoziiert wird, wenn man nur nicht über die ständige Kritik an der Gesellschaft berichtet? Aus meiner Erfahrung in den Medien kann ich den Verantwortlichen versichern, das ist nicht Fall. Ignorierte oder mit schönen Presseaussendungen überdeckte Probleme lösen sich selten von selbst, sondern werden meistens nur größer.
Ganz einfach, je grösser die Unternehmen sind umso weniger entschuldigung scheissen sich die Angestellten etwas.
Ist bei allen Firmen festzustellen, es gibt natürlich Ausnahmen.
Meine Mutter hat auch ein Schreiben erhalten, dass an Ihrer Adresse niemand registriert sei. Der ORF Beitrag wurde dabei seit >30 Jahren von Ihrem Konto abgebucht – nur mit dem Vornamen des Ex-Manns, was sie nie gestört und berichtigt hatte. Da auf dem ganzen Schreiben keine E-Mail Adresse angegeben war, wäre ich auch nicht auf die Idee gekommen, dass E-Mails dort irgendwer lesen würde.
Auf dem Schreiben war ein QR-Code und ein Antwort-Code für deren Antwort-Webseite. Ich habe diese verwendet um die Namenskorrektur bekannt zu geben und die Kontonummer der bisherigen Abbuchungen. Das ist jetzt 7 Wochen her und es gab (zumindest) bisher keine weiteren Schreiben von denen. ✅
Auch so amtskappelige Anschreiben mit „Zahlungsaufforderung“ (bei Abbuchungsaufträgen) mit gleichzeitiger Androhung von unmoralisch hohen „Säumnisgebühren“ könnte sich die OBS sparen.
Sowas bringt sogar ORF-Sympathisanten auf die Barrikaden. Vielleicht kann man die mal aus der verstaubten Amtsstube herausholen und erklären, wofür das S im Namen steht.
Dasselbe könnte man auch gleich mit dem „S“ in AMS versuchen …