Wettbewerbshüter sehen weitere Konzentration kritisch für Endkunden und Wirtschaft

In der Debatte um die Regulierung des europäischen Telekom-Marktes tauchen sie immer wieder auf: Die europäischen Telekom-Champions, welche durch die Wettbewerbsbehörden an der weiteren Konsolidierung des Marktes gehindert werden und deswegen gegenüber amerikanischen oder chinesischen Anbietern benachteiligt wären. In diesem Zusammenhang wird oft auf den Dragi-Bericht vom vergangenen Jahr an die EU-Kommission verwiesen, welcher den Aufbau großer europäischer Player befürwortet.

„In dieser Sichtweise werden wettbewerbliche Regeln als vermeintlich hinderlich für Konsolidierung, Effizienzsteigerungen und die Bildung „europäischer Champions“ interpretiert“, erklärte Natalie Harsdorf, Generaldirektorin der BWB heute, Dienstag, bei einer Pressekonferenz in Wien: „Doch gerade eine zu lockere Fusionskontrolle kann Verbraucherinnen und Verbrauchern schaden und Investitionen sowie Innovationen schwächen.“
Nach Ansicht von Harsdorf können deswegen die kurzfristigen Vorteile einer weiteren Konsolidierung am Telekom-Markt die langfristigen Nachteile nicht aufwiegen. Die BWB-Generaldirektorin verwies dazu auch einige Negativ-Beispiele aus Europa, welche die „großen Hoffnungen“ auf bessere Preise und bessere Infrastruktur nicht verwirklicht hätten. Diese negativen Effekte seien in einigen europäischen Staaten nach den Erhebungen der BWB bereits bei einer Verringerung von vier auf drei Anbieter aufgetreten.
Handfeste Folgen von zu wenig Wettbewerb
So hat der – auf europäischer Ebene abgesegnete – Merger zwischen Drei und Orange höhere Preisen für die Endkunden gebracht. Laut BWB stiegen die Preise für bestehende Kundinnen und Kunden im Schnitt um 14–20 %. Bei Prepaid-Tarifen waren die Erhöhungen sogar bei 20–30 %, bei Vertragstarifen (Postpaid) bei 13–17 %. Nur die von den heimischen Regulierungsbehörden hineinverhandelte Öffnung des Drei-Netzes für MVNOs hätte zu zusätzlichen Wettbewerb beim Preis und der Infrastruktur geführt. Damit sei Österreich laut Harsdorf ein Beispiel für einen differenzierten und erfolgreichen Wettbewerbsvollzug. Hier zeige sich, dass man mit einem differenzierten Ansatz qualitativ hochwertige Netze, faire Preise und ein funktionierender Wettbewerb sichern könne.

Dieses Beispiel verdeutlicht auch die weitere Notwendigkeit einer starken Regulierung, wie auch RTR-Geschäftsführer Klaus Steinmaurer ausführte: „Die oft getätigte Aussage ,in Europa gibt es 170 Telekom Anbieter und in den USA nur drei‘ ist schlicht falsch. Das Narrativ wird dennoch immer wieder gebracht. Was stimmt ist, dass der Wettbewerb in den USA insgesamt weniger intensiv ist und das spüren vor allem Konsumentinnen und Konsumenten. Wettbewerb ist essentiell für Qualität und Preis. Innerstaatliche Konsolidierung von drei auf zwei eliminiert empirisch nachweisbar Preis- und Qualitätswettbewerb. Das würde alle Regulierungserfolge der letzten 20 Jahre ad absurdum führen. Das kann nicht Ziel der EU sein. Der Draghi Report hat viele gute Ideen, der Telekomsektor ist aber offenbar nicht seine Stärke.“
Steinmaurer betonte dazu vor allem auch die Bedeutung der Infrastruktur. Diese sei aufgrund der Unterschiede zwischen den einzelnen EU-Mitgliedern weiterhin national zu sehen. Seiner Ansicht nach brauche es zumindest drei unabhängige Mobilfunknetze, um den Wettbewerb aufrechtzuerhalten. Denn in einem Markt mit zwei Infrastrukturanbieter hätten auch MVNOs keine Verhandlungsmacht mehr und könnten damit ihre Rolle als Preisbrecher nicht mehr erfüllen.
Signal an Kommission und internationale Player
Die jetzt veröffentlichte gemeinsame Erklärung der sechs europäische Wettbewerbsbehörden mittlerer EU-Volkswirtschaften (Belgien, Irland, Tschechien, Portugal, die Niederlande und Österreich) kann deswegen auch als Zeichen an die EU-Kommission und internationale Player verstanden werden, die Wettbewerbsregeln nicht zu lockern. Denn der Wettbewerb ist, wie Harsdorf und Steinmaurer abschließend ausführten, eben kein Hemmschuh – sondern das Fundament für nachhaltiges Wachstum, Innovation und Investitionsbereitschaft in Europa.
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