Was Peter über Paul sagt…

Vorweg: Den besagten Artikel mit dem gesamten Kommunikationsverlauf finden Sie hier zum Ein- bzw. Nachlesen: https://elektro.at/2025/04/16/red-zac-auf-der-e-nnovation-so-etwas-habe-ich-noch-nie-gesehen/
Manchmal schreibt der Zufall die schönsten Geschichten. Während ich am Freitagmorgen über den Kommentar von User „Conclusius” sinnierte, den dieser am Vorabend abgesetzt hatte und der die via KI erstellte „forensisch-psychologische Gesamtanalyse der Person ‚kleinerhändler’” enthielt (seineszeichens einer der aktivsten User des elektro.at-Forums), und nebenbei meine e-Mails überflog, sprang mir eine Betreffzeile ins Auge: „Warum emotionale Intelligenz in Zeiten von KI gefragter ist denn je”. „That’s it”, dachte ich – genau das ist der entscheidende Punkt: Wenn wir zum respektvollen Umgang miteinander mahnen, zur bedachten Wortwahl, Sachlichkeit, etc., dann geht es dabei stets um emotionale Intelligenz (und ihre nächste Verwandte, die soziale Kompetenz).
Einerseits entsteht Kommunikation zumeist aus einer Emotion heraus – regt mich etwas auf, stimmt mich etwas traurig, freue ich mich über etwas –, andererseits erzeugt Kommunikation auch wieder Emotionen beim Empfänger. Ein Wechselspiel, das leicht aus dem Ruder laufen kann, wie die (a-)sozialen Medien tagtäglich zuhauf beweisen. In unserem Fall ist das glücklicherweise nicht passiert – und damit zurück zum Kommentar von User „Conclusius”. Diesem möchte ich keineswegs zu nahe treten, aber allein die Frage, wie man darauf kommt, mit ChatGPT ein psychologisches Profil eines anderen Users zu erstellen und öffentlich zugänglich zu machen, hat mich – und auch den Rest der Redaktion – einigermaßen zum Grübeln gebracht.
Und zu folgender Conclusio geführt: KI kann einen „echten” Psychologen selbstverständlich in keiner Weise ersetzen, da sie nicht „weiß” bzw. wissen kann, ob sie es mit ernst gemeinten, authentischen Aussagen zu tun hat, oder lediglich mit einem „Fake”-Profil, einem sich in der digitalen Welt völlig anderes gebenden Charakter als im realen Leben, der unter dem Deckmantel der Anonymität allerlei Schabernack treibt und der Community etwas vorspielt (womöglich sehr gekonnt). Den Wert eines solchen KI-erstellten Profils halte ich daher für ziemlich überschaubar.
Wenn Menschen so etwas wie ein psychologisches Profil über einen Mitmenschen erstellen, dann zumeist eher nicht, um darauf eine Lobeshymne aufzubauen – sondern entweder zu therapeutischen Zwecken (was in diesem Fall wohl ausgeschlossen werden kann), aus schierer Langeweile (was auch irgendwie bedenklich wäre) oder um den anderen bloßzustellen bzw. herunterzumachen (was am wahrscheinlichsten ist). Allerdings kann so ein Schuss auch schnell nach hinten losgehen. Im Fazit des psychologischen Profils ist zu lesen: „Die Person hinter „kleinerhändler“ zeigt ein psychologisch auffälliges Muster, das durch narzisstische Kränkung, Kontrollbedürfnis, Verlustverarbeitung und moralische Selbstüberhöhung geprägt ist. Die anonyme Kommunikation dient als Kompensationsstrategie für ein fragiles Selbstwertsystem, eine gefühlte Entmachtung im beruflichen Kontext sowie Verletzungen im persönlichen Umfeld.” Blöd nur, dass „Conclusius” ebenfalls kein Klarname sein dürfte…
Was mich abschließend zu einem der Lieblingssprüche meiner Frau bringt, die als Pädagogin zu sagen pflegt: „Was Peter über Paul sagt, sagt mehr über Peter als über Paul.“ Dieser Satz im Hinterkopf lässt so manche Äußerung gleich in einem völlig anderen Licht erscheinen.
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