Die eine Ausnahme

Als ich 2010 zur E&W kam, waren unsere Branchenmessen noch echte Highlights im Verlauf des Jahres. Da gab es in der ersten Jahreshälfte die Frühjahrsordertage, auf die dann im September die Futura folgte, quasi die österreichische „Mini-IFA“ – ein Pflichttermin für jeden aus der heimischen Elektrobranche. Doch sukzessive nahmen die Besucherzahlen ab. Die Frühjahrsordertage in ihrer ursprünglichen Form wurden abgeschafft, die Futura hinsichtlich ihres Konzepts und Namens öfter Mal „adaptiert“, aber trotz diverser Initiativen und Mobilisierungsmaßnahmen sprang der Messemotor nicht mehr so richtig an.
Nicht nur die Elektrofachhandelsformate sind davon betroffen, auch Österreichs größte Einrichtungsmesse, die Wohnen & Interieur, kämpft seit Jahren mit einem deutlichen Besucherrückgang, und die Frage, ob Messen in Zeiten des Internets (und allen damit zusammenhängenden Technologien) überhaupt noch gebraucht werden bzw. gefragt sind von den Zielgruppen, wird häufig gestellt.
Doch da gibt es diese eine Ausnahme, die alle zwei Jahre in Salzburg stattfindet: Die küchenwohntrends. Diese Fachmesse für den Küchen- und Wohnbereich wird mit jedem Stattfinden noch zugkräftiger, noch begehrlicher. Alle Hersteller mit Rang und Namen haben diesen einen Messeauftritt fix eingeplant – ungeachtet wirtschaftlich misslicher Lagen und gekürzter Budgets.
Doch warum ist das so? Warum ist die küchenwohntrends die eine Ausnahme? Ganz einfach: Weil es der Veranstalter, also das trendfairs-Team rund um Mastermind Michael Rambach, jedes Mal aufs Neue schafft, die Zielgruppe emotional ins Mark zu treffen. Beim ersten Interview, das ich vor ein paar Jahren mit Rambach führte, meinte der trendfairs-Chef auf die Frage, was er und sein Team anders machen, als andere Veranstalter: „Wir versuchen Sternenstaub zu versprühen! Wir machen sehr viele Dinge, die dazu führen sollen, dass sich alle gut fühlen.“ Neben der Verwirklichung dessen, wie eine Messe aus Sicht der Aussteller und Besucher faktisch zu funktionieren hat (und das ist eine Menge in Anbetracht der Tatsache, dass mit jedem einzelnen Aussteller mehrmals (!) über seine Vorstellungen und Wünsche gesprochen wird), werden also auch noch viele emotionale Aspekte realisiert. Teils sind es nur kleine Details, hinter deren Umsetzung jedoch eine große Portion Kreativität steckt, und die in ihrer Gesamtheit einfach staunen lassen.
Im Grunde geht es einzig und alleine darum, den Besuchern ein Erlebnis zu bieten, denn das ist es, was sie wollen. Setzt sich der Fachbesucher ins Auto oder in den Flieger, um eine Veranstaltung zu besuchen, dann erwartet, dann will er ein Erlebnis und es ist die Aufgabe eines Veranstalters, ihm dieses zu liefern. Die Kunden und Besucher müssen staunen und sagen: „Wau, toll, ist das schön!“ und für diese Begeisterung sorgt trendfairs schon ab dem Eingangsbereich: ein roter Teppich, eine Lounge, leise Musik, ein gut gelauntes, freundliches, zuvorkommendes, hilfsbereites Team, ein reibungsloser CheckIn und und und ….
Man darf das Emotionale nicht unterschätzen! … das gilt auch für den stationären Handel. Nahezu jeder kauft heutzutage online ein. Wenn sich diese Menschen dann aber doch in die reale Welt hinausbewegen, wollen sie etwas erleben, sie wollen sich gut fühlen und im besten Fall diesen Hauch von Sternenstaub spüren.
Vielen Dank für den Artikel! Zur Ihrer Frage: Meiner Erfahrung nach erfüllen Messen ein ganz großes Bedürfnis: Jenen des direkten Kontakts mit „echten“ Menschen. Gerade in Zeiten des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Umbruchs und der Digitalisierung schätzen es Menschen sehr eine echte Person vor sich zu haben. Der Vergleich der Fachmesse „Küchenwohntrends“ mit der Publikumsmesse „Wohnen & Interieur“ hinkt aber ein bisschen, denke da sollten Sie eher eine Fachmesse nehmen. Zum einen wegen der Zielgruppe zum anderen auch wegen der Tatsache, dass sie nur alle 2 Jahre statt findet. Und der Vollständigkeit halber: Auch die Wohnen und Interieur zeigt die letzten Jahre ein Stabilisierung bzw. wieder einen Anstieg der Besucherzahlen, was auch der Tatsache geschuldet sein mag, dass sich ein neues dynamisches Team – die Austrian Exhibition Experts – und nicht mehr die Reed Messen darum kümmern.
Sehr geehrter Gerhard D.
Danke für Ihren Kommentar!
Sie haben recht: Der Kontakt zu „echten“ Menschen ist sicherlich einer der Hauptgründe für einen Messebesuch – da bin ich ganz Ihrer Meinung!
Sie schreiben zudem, dass der Vergleich der Fachmesse Küchenwohntrends mit der Publikumsmesse Wohnen & Interieur „hinkt“. Ich wollte die beiden Formate aber auch gar nicht vergleichen (das kann man auch gar nicht, auch damit haben Sie recht) – ich wollte damit nur deutlich machen, dass verschiedene Messeformate (egal welche und egal in welcher Branche mit egal welchem Zielpublikum) mit Besucherrückgängen zu kämpfen haben.
Schließlich schreiben Sie auch, dass die „Wohnen und Interieur“ in den letzten Jahren „eine Stabilisierung bzw. wieder einen Anstieg der Besucherzahlen“ zeigt. Das stimmt leider nicht.
Ja – bis 2017 stiegen die Besucherzahlen sukzessive an. Ab 2018 nahmen diese allerdings Jahr für Jahr ab.
Die Zahlen, die vom Veranstalter jährlich veröffentlicht wurden, zeigen:
2016: 78.568 Besucher
2017: 79.424 Besucher
2018: 71.122 Besucher
2019: 69.240
2020 – 2022: Keine „reguläre“ W&I wegen Corona
2023: Da fand die W&I parallel zur „Ferien-Messe Wien“ und der „Wiener Immobilien Messe“ statt. Der Veranstalter gab damals nur die Gesamtbesucherzahl aller drei Messen bekannt – nämlich 68.923 Besucher. Nachdem 2023 auf Grund der wirtschaftlichen Situation allerdings wenig gebaut und eingerichtet wurde, dafür (nach Corona) aber umso mehr auf Urlaub gefahren, ist davon auszugehen, dass die meisten Besucher auf der Ferienmesse waren.
2024: 36.086 Besucher
2025: rund 35.000 Besucher
Es ist also leider keine Stabilisierung der Besucherzahlen (geschweige denn ein Anstieg) auf der W&I zu erkennen 🙁
Liebe Grüße
S. Bruckbauer