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Sonntag, 22. Juni 2025
Selbstverständnis

Das Dilemma mit der Veränderung

Hintergrund | Dominik Schebach | 25.05.2025 | Bilder | |  Meinung
(© KI generiert/Adobe Express) Künstliche Intelligenz ist derzeit das große Thema. In diesem Fall geht es allerdings weniger um die Technologie selbst, sondern wie man mit den durch sie ausgelösten Veränderungen umgeht. Denn mit dem Aufkommen der neuen Large Language Models steht Google dem typischen „Inventors Dilemma“ gegenüber. Soll das Unternehmen sein optimiertes Geschäft mit der Suche schützen, oder soll der Konzern in die Entwicklung von KI-Assistenten investieren – selbst auf die Gefahr hin, sein 260 Mrd. Dollar/Jahr-Suchgeschäft auf den Kopf zu stellen. Das ist ein Dilemma. Denn der Erfolg der Veränderung ist keineswegs garantiert.

Die Suche ist ein zentraler Teil des Internets und Google hat hier für mehr als zwei Jahrzehnte ein Quasimonopol genossen. Als zukunftsorientierter Konzern hat Goolge trotzdem die Veränderung gewählt. Wohl auch deswegen, weil mit Perplexity oder GPTSearch Mitbewerber auf den Markt drängen, welche ebenfalls die Web-Suche revolutionieren wollen. Anstatt also an der eigenen, überkommenen Suche und an den damit generierten blauen Links festzuhalten, mischt Google bei der Revolution im Internet ganz vorn mit. Mit AI Overviews hat der Konzern bereits ein Tool ausgerollt, womit der Benutzer KI-generierte Zusammenfassungen seiner Suchergebnisse erhält. Mit dem AI Mode von Google wird die Suche weiter personalisiert. Die Anwendung wird zum Assistenten, der mit dem User interagiert und ihm so die gewünschten Informationen liefert. Ob Google damit seine Dominanz im Geschäft mit der Suche auf lange Sicht absichern kann, kann ich noch nicht beurteilen. Aber zumindest bleibt der Konzern im Rennen.

Warum bringt aber ein Softwarekonzern dies auf die Reihe, während andere Industrien regelmäßig daran scheitern? Das hat u.a. sicher damit zu tun, dass klassische Produktionsbetriebe sich nicht so einfach auf ein neues Produkt umstellen können. Sie haben in Maschinen investiert, und diese Investitionen gilt es zurückzuverdienen. Und läuft ein Prozess einmal erfolgreich, lässt er sich zwar verbessern, ein ganzes Werk im laufenden Betrieb umzubauen, ist de facto aber unmöglich.

Denn dazu müsste man ein ganzes gewachsenes System aufreißen. So ein System besteht allerdings nicht nur aus Maschinen, sondern auch aus Menschen. Die müssen die Veränderung mittragen. Doch oft haben Mitarbeiter ihre gesamte berufliche Laufbahn mit diesem Produkt – sagen wir dem Verbrennungsmotor – verbracht und sich dazu ein sehr tiefes Wissen erarbeitet. Dieses Spezialwissen stellt einen gewissen Wert dar und trägt auch viel zum Selbstverständnis der Mitarbeiter bei. Dazu bestehen viele Teams sehr stabil über Jahre und arbeiten höchst effizient zusammen. Kein Wunder also, dass die größten Widerstände für Veränderungen in Unternehmen oft im unteren und mittleren Management bzw. bei den Mitarbeitern zu finden sind.

Allerdings muss uns klar sein, dass ein Produkt immer ein Bedürfnis der Kunden erfüllt. Mein tiefes Wissen z.B. über die Ventilsteuerung eines Verbrennungsmotors hilft mir nichts, wenn ich dieses grundlegende Kundenbedürfnis außer Acht lasse. Das grundlegende Kundenbedürfnis bei einem Fahrzeug ist, dass der Benutzer zu vertretbaren Kosten, in einer vertretbaren Zeit sicher von A nach B kommt. In diesem Zusammenhang ist die Ventilsteuerung ein Mittel zum Zweck und nicht das Ziel an sich. Wenn ein besseres Mittel zur Verfügung steht, eine andere Technologie dieselbe Leistung besser erbringt, oder sich die Rahmenbedingungen sowie die Bedürfnisse des Endkunden überhaupt grundlegend ändern, nimmt automatisch der Wert des Spezialwissens ab. Das zu akzeptieren ist sehr schwer, aber daran führt kein Weg vorbei.

 

Bilder
(© KI generiert/Adobe Express)
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