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Sonntag, 22. Juni 2025
Hintergrund-Kommentar E&W 6/2025

Bonus gegen Handicap

Dominik Schebach | 08.06.2025 | Bilder | | 1  Meinung
Am 26. Mai hat das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Klima- und Umweltschutz ohne Vorwarnung den Reparaturbonus abgedreht. Die Aktion hat eine Diskussion um die Sinnhaftigkeit dieser Förderung ausgelöst.

Begründet wurde diese überfallsartige Aktion damit, dass im Falle einer Vorankündigung es nochmals einen Run auf den Reparaturbonus gegeben hätte. Auf elektro.at entspann sich in Folge eine Diskussion um den Wert der Maßnahme. Die Gegner des Reparaturbonus argumentierten dabei, dass wegen dieser Maßnahme der Fachhandel weniger Neugeräte verkauft hätte. Die Befürworter führten dagegen die Stärkung der Kreislaufwirtschaft und die geringere Belastung der Umwelt durch eine längere Nutzung der Geräte ins Feld.

Beides kann man argumentieren. Aber in beiden Fällen wird ein wichtiger Aspekt übersehen: Der Reparaturbonus hat dazu geführt, dass sich viele österreichische Konsumenten wieder nach Reparaturbetrieben bzw. kleinen Handelsbetrieben, die auch reparieren, umgesehen haben. Vergangenes Jahr hat Wertgarantie dazu eine Studie veröffentlicht. Eine Befragung von mehr 2.000 österreichischen Haushalten ergab, dass weniger als ein Drittel der Konsumenten einen Reparaturbetrieb in ihrer Nähe kennt. Die beste Quote hatte dabei Vorarlberg mit 40 %. Weit abgeschlagen war die Landeshauptstadt Wien: Nur jeder Fünfte wusste, wo er sein kaputtes Elektrogerät in der Nähe reparieren lassen konnte.

Das hat seine Gründe. Denn in der Vergangenheit herrschte bei vielen Endkunden der Eindruck vor, dass die Reparatur eines Elektrogeräts so oder so zu teuer sei. Deswegen machte man sich auch nicht die Mühe z.B. die liebgewonnene Stereoanlage zum Techniker zu bringen – zumal die Alternative Streaming per Laptop und Smartphone so oder so zur Verfügung stand. Das hatte allerdings auch zur Folge, dass viele Endkunden in Zeiten eines plötzlichen Bedarfs, wenn der Fernseher oder der Kühlschrank streikte, nicht im ersten Moment an den Händler im Grätzel, sondern den MediaMarkt an der Autobahnauffahrt oder an Amazon dachten. Mit anderen Worten: Der Reparaturbonus war auch eine Marketingaktion für den lokalen, reparierenden Fachhandel. Ein Bonus, der im besten Fall die Kunden ins Geschäft brachte. Und wenn der Kunde einmal im Geschäft war, dann konnte der Fachhandel auch seine Regionalität, seine Kundennähe, die Kompetenz seiner Verkäufer, sein Sortiment, seine Schnelligkeit und ja auch seine Wettbewerbsfähigkeit beim Preis ausspielen. Wenn der Kunde dagegen bei Elektrogeräten im ersten Moment automatisch an Amazon denkt, weil er in den vergangenen Jahren nur noch diesen Kanal genutzt hat, dann ist er schwieriger zu erreichen, weil der EFH bei diesem Endkunden gar nicht in der Gleichung vorkommt. In diesem Fall startet der Fachhandel mit einem Handicap, welches sich selbst mit großem Marketingaufwand kaum ausgleichen lässt.

Ich hoffe deswegen, dass der Reparaturbonus fortgeführt wird. Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig hatte bei Einstellung des Reparaturbonus jedenfalls eine Fortführung der Aktion im Herbst versprochen. Bleibt abzuwarten, ob das nur eine Beruhigungspille war, oder ob es die Regierung mit der Unterstützung der lokalen Wirtschaft wirklich ernst meint.

 

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Kommentare (1)

  1. Fairer wäre gewesen, rechtzeitig zu kommunizieren: „Das Budget des Reparaturbonus ist bald ausgeschöpft. Es werden noch 3000 Gutscheine auf der Homepage vergeben“.

    Problem ist, genauso wie bei Solar oder E-Mobilität, dass diese inkonsequente Förderung massiv Vertrauen verspielt.
    Eine dauerhafte Lösung wäre zB. unbürokratisch die Mehrwertsteuer bei Reparaturen auf 10 oder gar 0% zu senken. Oh, wait, das wurde bei Solar ja auch wieder zugunsten der Förderlotterie abgedreht…

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