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Sonntag, 22. Juni 2025
Multimedia-Kommentar

Zwischen Licht und Schatten

Julia Jamy | 08.06.2025 | Bilder | | 2  Meinung
Die HIGH END sagt München nach 21 Jahren leise „Servus“. Doch während in den Hallen Luxusanlagen glänzen, geraten Margen und Geschäftsmodelle ins Wanken. Wie der Fachhandel jetzt gegensteuern kann.

Im Mai hat sich in der Audiobranche einiges bewegt. Zunächst die wohl größte Nachricht: Nach 21 Jahren in München sagt die HIGH END leise „Servus“. Ab 2026 schlägt sie ihre Zelte nämlich im Austria Center Vienna (ACV) auf. Ein Schritt, der für viele Besucher und Aussteller „sehr emotional“ war, wie Ali Ibrahim, Marketing- und Eventmanager der High End Society, im Gespräch mit E&W erläutert. (Mehr dazu lesen Sie auf Seite 72.) Trotz Abschiedsstimmung war die Atmosphäre in den Messehallen jedoch überwiegend positiv – auch wenn man nach den ganz großen technischen Überraschungen vergeblich suchen musste.

Eine Überraschung gab es dann doch, und zwar von Audio Reference. Das Unternehmen zeigte in München eine der wohl teuersten Anlagen der Messegeschichte – mit einem Gesamtwert von rund drei Millionen Euro. Eindrucksvoll, keine Frage. Jedoch stellt sich mir in diesem Zusammenhang die Frage: Wohin entwickelt sich die Branche, wenn sich die Schere zwischen Ultra-Luxus und bezahlbarem HiFi weiter öffnet? Denn während die Preise im Premiumsegment steigen, sinken vielerorts die Margen. Viele Aussteller und Fachhändler schilderten auf der Messe einen teils drastischen Preisverfall, der wirtschaftlich kaum noch stabile Geschäftsmodelle ermöglicht. Doch was ist der Grund? Wie HZ Electronics-Geschäftsführer Klaus Szapacs gegenüber E&W erklärt, fehle es häufig an verlässlicher Preisstruktur und echten Mehrwerten. Hersteller wie Block Audio versuchen gegenzusteuern – etwa mit ihrer neuen „Elements“-Serie, die auf Preisstabilität und Fachhandelsnähe setzt. Was mich besonders nachdenklich gestimmt hat: Junge Menschen waren auf der Messe kaum zu sehen. Vielleicht liegt es daran, dass sie Musik lieber über Smartphones, In-Ears oder Bluetooth-Speaker konsumieren und mit High End-Produkten nicht so viel anfangen können. Daher ist es umso wichtiger, ihnen zu zeigen, welchen Unterschied echte Klangqualität macht. Und wo könnte das besser gelingen als im Fachhandel? „Wichtig ist, HiFi aktiv vorzuspielen und dadurch auch Begeisterung und Emotionen für Musik zu wecken. Wenn man sich des Themas annimmt, kann man nach wie vor ein gutes Geschäft machen“, betont Szapacs.

Und auch abseits der Messe bewegte sich in der Audiobranche in den vergangenen Wochen einiges: So trennte sich Masimo von seiner Consumer-Audio-Sparte Sound United – inklusive Marken wie Denon, Marantz und Bowers & Wilkins – und verkauft sie für rund 350 Millionen Dollar an Harman. Die strategischen Pläne hinter diesem Deal sind noch unklar. Ob sich dadurch die Kräfteverhältnisse auf dem Markt erheblich verschieben, wird sich noch zeigen. Gleichzeitig musste Sennheiser eine Millionenstrafe zahlen, nachdem das Bundeskartellamt dem Unternehmen unerlaubte Preisabsprachen mit Händlern nachgewiesen hatte. Das zeigt einmal mehr: Ein fairer Wettbewerb und eine transparente Preisgestaltung sind unverzichtbar, um das Vertrauen von Handel und Kunden langfristig zu sichern.

Wie sich die Audiobranche weiterentwickelt, wird sich spätestens im kommenden Jahr zeigen, wenn die HIGH END in Wien ein neues Kapitel aufschlägt.

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Kommentare (2)

  1. Kann ich nur zustimmen. Die Jugend zu gewinnen wird nicht so einfach sein, wie zu „alten Zeiten“. Es haben sich nicht nur die Hörgewohnheiten verändert, sondern auch der Zugang zu Unterhaltung. Alles muss schnell gehen und ist daher sehr kurzlebig, ein Trend der einfach einer anderen Generation geschuldet ist. Musik lebt nicht mehr von echten Instrumenten, Klang reicht schon in komprimierter Form und aus einer mp3/320 Datei lässt sich ganz einfach nicht das gesamte Spektrum abbilden, reicht vielen jedoch für die Tagesdosis an Musik. FLAC? Interessiert einfach zu wenige, um einen Markt damit zu generieren. CD? Kennen viele nur mehr aus alten Zeitschriften. Schallplatten? Ein kleiner, wirtschaftlich jedoch nicht nennenswerter Kern an Hörern. Die Musikindustrie hat auf Streaming/Digital in oft bescheidener Auflösung (für High End Geräte) umgestellt, selbes gilt für die Filmindustrie und wenn die Industrie den Markt nicht mit Tonträgern unterstützen will, dann wird sich keine Verbesserung ergeben. Etliche sind zufrieden, wenn jemand mit der Kamera im Kino einen Film abfilmt und laden sich das Zeug mit Begeisterung auf den PC. Bild und Ton einfach schrecklich, aber man hat es halt zum Kinostart gesehen und kann mitreden.

    Es gibt natürlich einen kleinen feinen Markt mit „Boomern“ die sich das Segment leisten wollen und ein eigenes Haus bespielen können. Ein Massenmarkt wird es wahrscheinlich nicht mehr werden, dazu ist die Toleranz der Nachbarn in Mietwohnungen bereits ein Kill-Faktor, polemisch gesehen.

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  2. Als unsereiner jung war, gab es noch relativ wenig gute und zugleich erschwingliche Audiokomponenten und Zubehör fertig zu kaufen. Entweder (für die kleinen Börsen von Schülern, Lehrlingen, …) extrem teure High End Sachen oder die ersten Billigheimer von weit weit weg.

    Wer es ernst meinte, hat sich vieles aber selbst zusammengestellt und sogar Geräte gebaut. Mein Hobby in den 80ern war etwa Boxen bauen. Teile dafür hat man mittels Mofas 50 km von Wien heraus gekarrt und die Dinger und im Freundeskreis fertig gebastelt.
    Das war billiger und manche der paarweisen Einzelstücke konnte man verkaufen.

    Dazu eben die HiFi-Komponenten zusammengestellt, was Wissen um die passenden Werte in der Kette vom Tonabnehmer bis zur Box erforderte.
    Fertige Anlagen und die „HiFi-Türme“ uä. kamen erst später.

    Als die erste Discothek in den Ort kam, durfte ich gar mitarbeiten. Wir bauten alles selber auf, zugekauft waren eben die professionellen Geräte mit klingenden Namen wie Thorens Laufwerken, die über megastarke Endstufen etliche Boxen in der Größe von Kleiderschränken versorgten. Ein Traum!

    Eine Disco ohne Lichtorgel und Effekte? Geht ja gar nicht. Auch da begann alles in der heimischen Privatdisco, wo man die Bausätze zusammenbaute und das Wissen später im prof. Bereich anwenden durfte.

    So hatten wir damals Jungen etwas zu tun, was Spaß machte, aber keinen Ärger. Außer den geplagten Eltern, Nachbarn und so, welche als unfreiwillige Tester dienten. Hier erfuhr man, wie weit sich Frequenzen fortpflanzen konnten, gell.

    Wie auch immer: Die heutige Jugend beneide ich nicht. Die sind scheinbar mit den krächzenden, smarten Dingern zufrieden, weil sie nicht wissen, welche Kraft in echt coolen Klängen steckt.
    Aber wenn man mal jungen Besuch hat und eine der alten (ewig funktionierenden) Anlagen anwirft, evtl. gar mit echt starker Musik aus den 80ern, dann sitzen die mit großen Augen da, wenn ihnen die echten Bässe um die Ohren schwingen.

    Wie Hr. Szapacs sagt:
    „Wichtig ist, HiFi aktiv vorzuspielen und dadurch auch Begeisterung und Emotionen für Musik zu wecken. Wenn man sich des Themas annimmt, kann man nach wie vor ein gutes Geschäft machen“

    Das Zauberwort hier ist „aktiv“. Denn auch in 80er/90er Jahren waren diese Geräte und Komponenten keine Selbstläufer. Doch es gab viele engagierte Händler, welche uns eine eindrucksvolle Show ablieferten. Das weckte Interesse.
    Die Dinger einfach wo hinstellen und ein bisschen was abspielen hätte uns auch damals nicht gereicht. Wie wollten Action und bekamen die!

    Beispiel: Kaum war die SCS eröffnet, stellte ein Fachhändler dort eine gigantische Anlage auf, welche man in der gesamten Shopping City hören und spüren konnte! Die coolen Verkäufer wagten es einfach und die halbe Shopping City tanzte zu Ganymeds „Music Drives Me Crazy“.
    Das war vllt. meine Initialzündung zu dem Thema.

    Viel Erfolg bei den nächsten crazy Actions, um echtes HiFi & Co. wieder in einer neuen Generation zu verankern!

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