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Samstag, 12. Juli 2025
Editorial E&W 7-8/2025

Verdammte Amateure

Wolfgang Schalko | 06.07.2025 | Bilder | | 1  Meinung
Wahrscheinlich geht es Ihnen nicht anders als mir: Oft, vor allem öfter als einem lieb sein kann, hat man das Gefühl ausgeliefert zu sein. Einerseits der Willkür der politisch Mächtigen, die durch ihr Handeln und ihre Entscheidungen direkt oder indirekt Einfluss auf unser aller Leben nehmen. Andererseits den Algorithmen der technisch Raffinierten, die uns durch die Kunst der medialen Verführung an ihre alles und jeden vereinnahmenden Auswüchse binden. „Aufmerksamkeitsökonomie” hat sich als gängige Beschreibung dieser Geschäftspraktiken etabliert: Ähnlich wie die Zeit wird auch die Aufmerksamkeit von Menschen als knappes Gut betrachtet.

Durch technische Innovationen, die zunehmende Vernetzung und neue Anwendungen sinken die Kosten für Information und Unterhaltung immer weiter. „Begrenzend ist nicht mehr der Zugang, sondern die Aufmerksamkeit. Sie ist knappe Ressource, begehrtes Einkommen, ökonomisches Kapital und soziale Währung zugleich”, ist dazu auf Wikipedia nachzulesen.

Die vermeintlichen Profiteure dieser Entwicklung sind die User, die sich im immer dichteren Netz der großen Tech-Konzerne wiederfinden und sich dabei stets bestens unterhalten und bedient fühlen – einhergehend mit einem völlig übermäßigen Verlangen nach der möglichst durchgehenden Nutzung der so fesselnden Angebote. Die tatsächlichen Profiteure sind natürlich die dahinterstehenden Konzerne wie Meta, Amazon, Google & Co., die Quartal für Quartal sagenhafte Umsätze und Gewinne erzielen. Allerdings weniger mit Gebühren oder sonstigen Zahlungen der User, sondern schlichtweg mit Werbung in jeder erdenklichen (und vermarktbaren) Form. Und das wird – nicht nur des Geldes wegen – immer mehr zum Problem.

Zu dieser Erkenntnis sind auch die führenden Medienverbände des Landes – ORF, VÖP und VÖZ – gelangt und haben unter dem Motto „Made in Austria – Made for Austria” eine gemeinsame Initiative für den Medienstandort Österreich gestartet. Eben nicht nur, weil immer mehr Werbeeuros völlig ohne jegliche bzw. bestenfalls mit marginaler hiesiger Wertschöpfung ins (US-amerikanische) Ausland abfließen, wo sie prompt wieder in die Verbesserung der nutzerbindenden Algorithmen und Dienste re-investiert werden. Digitale Kreislauftwirtschaft par excellence! Sondern vielmehr auch deshalb, weil das Ganze auch eine gesamtgesellschaftliche Komponente hat: „Big-Tech-Plattformen befördern die Verbreitung von Falsch­information und Meinungs­manipulation und tragen damit zur Des­orientierung, Verunsicherung und Spaltung in der Gesellschaft bei. Öster­reichi­sche Medien sind demgegenüber fakten­orientiert und qualitäts­kontrolliert. Sie leisten einen wichtigen Beitrag zu einer aufgeklärten Gesellschaft, zu einem qualitätsvollen gesellschafts­politischen Diskurs sowie zur Kontrolle und Information. Das macht sie zum unverzichtbaren Gegengewicht zu den Big Tech Plattformen. So übernehmen Österreichs Medien gesell­schaftliche Verantwortung – ebenso wie jene Unternehmen, die die öster­reichi­schen Medien für Kommunikation und Werbung nutzen”, heißt es dazu auf der Website der Initiative.

Ein interessanter Input ist in diesem Zusammenhang auch der Pressemitteilung zur „MOMENTUM Spendingstudie 2024 und Prognose 2025“ zu entnehmen: Der digitale Werbemarkt wächst weiter – aber vor allem für die großen US-Plattformen. Für heimische Publisher bleiben zunehmend nur Brosamen. Der Markt wird globaler und damit auch zentralisierter – mit klaren monopolistischen Tendenzen. Diese sind nicht das Ergebnis überlegener Qualität, sondern systemischer Netzwerkeffekte und Plattformlogiken”, wird Studienautor Bernd Platzer zitiert. Und iab-austria-Präsidentin Rut Morawetz fordert etwas, das ich nur voll und ganz unterstreichen kann: Die längst überfällige medienpolitische und medienökonomische Emanzipation Europas. „Wir müssen als Standort selbstbewusster werden. Es geht nicht darum, gegen internationale Plattformen zu wettern – sondern darum, in Europa und in Österreich die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen, damit unsere eigenen Medien- und Digitalunternehmen im Wettbewerb bestehen können. Digitale Werbung finanziert Information, Vielfalt und demokratischen Diskurs. Wenn wir den Medienstandort Österreich erhalten und zukunftsfit machen wollen, brauchen wir einen offenen Dialog auf Augenhöhe – zwischen Politik, Wirtschaft und Plattformen. Nicht Gegeneinander, sondern Miteinander. Aber mit klaren Prioritäten.“

Man soll und darf die Augen nicht vor der medialen Realität verschließen: Online ist das Medium mit der größten Nutzerzahl in Österreich. Monat für Monat erreicht es weit über 90% der Bevölkerung. Und es gibt auch eine entsprechende Onlinewährung auf dem österreichischen Markt: Die Österreischische Webanalyse, kurz ÖWA. Dieser auf freiwilliger Mitgliedschaft beruhende Zusammenschluss von Onlineanbietern und Werbeagenturen liefert vergleichbare und objektive ermittelte Daten über die jeweiligen Onlineangebote – gesichert ein eigenes Regelwerk und laufende Prüfungen. An dieser Stelle ein Hinweis in eigener Sache: E&W ist noch immer als einziges Branchenmedium ÖWA-Mitglied und kann somit auch als einziges Branchenmedium fundierte Daten zur Online-Nutzung zur Verfügung stellen. Das gilt übrigens auch für den Print-Bereich, wo E&W mit der Mitgliedschaft bei derÖsterreichischen Auflagenkontrolle (ÖAK) ebenfalls seit Jahren allein auf dem fachmedialen Flur wandelt. Wie bei der Standortinitiative von ORF, VÖP und VÖZ im Großen geht es auch damit auch uns, sozusagen im Kleinen, darum, Vertrauen und Sicherheit zu schaffen. Alles andere halte ich für schlichtweg unseriös.

Was mich nun endlich zum Titel dieses Editorials bringt: die Amateure. Denn bis hierher ging es hauptsächlich um Profis – also Menschen und Unternehmen, die ganz genau wissen, was sie tun. Und wie sie es tun bzw. was sie damit bewirken. Demgegenüber stehen die Amateure – als nicht-professionelle Könner (bzw. solche, die glauben, etwas zu können) – und die Dilettanten – als professionelle Nicht-Könner. Diese sind wie die wahren Profis brandgefährlich, wenngleich auf eine völlig andere Art und Weise. Zum breiten Feld der Amateure zählen für mich u.a. all jene, die einen – ebenfalls auf unterschiedlichste Art und Weise – Schäufelchen für Schäufelchen zur Weißglut treiben und es immer wieder verstehen, einem den letzten Nerv zu rauben. Etwa durch himmelsschreiende Inkompetenz, konsequentes Ignorieren von Anfragen oder Abkanzeln mit fadenscheinigen Ausflüchten. Als bezeichnendes Beispiel sei hier der Veranstalter einer gar nicht so kleinen Messe genannt, die Anfang September in der deutschen Hauptstadt über die Bühne gehen soll und sich selbst immerhin als„Weltweit größtes Event für Home & Consumer Tech” bezeichnet. Was soll man von jemandem halten, der die Welt zwar laufend mit diversen Aussendungen beglückt, aber es monatelang nicht schafft, eine simple E-Mail bzw. einen Anruf zu beantworten?

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Kommentare (1)

  1. I feel you. Was ich in den letzten Wochen erlebt habe, um ein simples Gewinnspiel mit professionellen Bildern zu untermauern, habe ich selten noch erlebt. Es brauchte 10 Tage (!), um 5 Bilder zu organisieren.

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