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Montag, 10. November 2025
Editorial E&W 10/2025

Kommunikation als Kunst

Wolfgang Schalko | 12.10.2025 | Bilder | |  Meinung
Es gibt Themen, die lassen einen einfach nicht mehr los. Wie etwa der radikale Wandel, den die Medienlandschaft derzeit durchläuft. Dabei sind es jedoch bei weitem nicht nur die Verlage und Medienhäuser selbst, die diesem grundlegenden Veränderungsprozess unterworfen sind, sondern unsere gesamte Kommunikation an sich. Und das macht die Thematik nicht nur für „Medienmenschen” interessant und relevant, sondern für uns alle.

Die authentischte Form der Kommunikation ist der direkte Austausch, das persönliche Gespräch – Face-to-Face, wie man neudeutsch zu sagen pflegt. Die Stärken und Vorteile liegen auf der Hand: Die Botschaften kommen unverfälscht und unmittelbar an, postwendend erhält man eine ebensolche Reaktion. Damit bleibt der Verlauf offen und jeder Beteiligte kann steuernd eingreifen. Und nicht zu unterschätzen: Es ist eine private Form, nichts muss „nach draußen” gelangen, wenn sich die Gesprächspartner darauf verständigen.Darin liegt sicher auch eines der Erfolgsrezepte der Elektrofachhandelstage: In einem solchen Rahmen können Dinge im Vertrauen besprochen oder „ungelegte Eier” thematisiert werden. Wie ich wird auch sonst jeder, der in Linz vor Ort war, einige solcher Gespräche geführt haben. Anlässe dafür gibt es ja momentan genug, allen voran die Media Markt-Übernahme durch JD.com, die – soviel ist sicher – in der Elektrohandelslandschaft mittel- und langfristig keinen Stein auf dem anderen lassen wird. Das Allermeiste wird hier aber nur hinter vorgehaltener Hand geäußert –kein Wunder, steht für viele (österreichische) Vertriebe doch die Existenz auf dem Spiel (was wiederum ein Chance für den Fachhandel bedeuten könnte, doch das ist eine andere Geschichte). Apropos kein Stein auf dem anderen: Auch die Entwicklungen bei Panasonic haben für jede Menge Gesprächsstoff gesorgt – Gedanken darüber, wie deren Vermittlung aus kommunikationstechnischer Sicht einzustufen ist, hat sich Kollegin Julia Jamy im Multimedia-Kommentar dieser Ausgabe gemacht.

So gut und wichtig die direkte Form der Kommunikation auch sein mag – zumeist fehlt es an Ort und/oder Zeit dafür. Hier kommen die Medien ins Spiel, deren Rolle jüngst bei den Österreichischen Medientagen ausführlich beleuchtet wurde. Die Bedeutung von Qualitätsjournalismus als tragende (und hochgradig gefährdete) Säule der Demokratie wurde beinahe gebetsmühlenartig wiederholt – aus meiner Sicht zurecht, weil es daran nichts zu rütteln gibt und sich viele dieser Tatsache wahrscheinlich erst dann bewusst würden, wenn es zu spät. Gerade diese grassierende Fakten- bzw. Wahrheitsverdrossenheit breiter Teile der Bevölkerung, die von den Online-Plattformen aus rein wirtschaftlichen Interessen nicht nur toleriert, sondern mitunter sogar forciert wird, ist ein wesentlicher Aspekt, warum die Vermittlung von Informationen und Nachrichten zusehends schwieriger wird – für all jene, die es „ernst” meinen und Kommunikation auch als Auftrag bzw. Verantwortung sehen. Man könnte es überspitzt auch so formulieren: Im serösen Journalismus wird der Selbstzweck mehr und mehr zum Allgemeingut.

Anders als beim direkten Austausch sind sämtliche Medien nur Vehikel, die Inhalte zwangsläufig verkürzt und unvollständig transportieren können. Die Kunst besteht nun darin, die Balance zwischen dem Hinzufügen und Weglassen zu finden. Was das in der Praxis bedeutet, hat das Marketagent-Institut in seiner Umfrage „Konstruktiver Journalismus im Stresstest – Zwischen News-Hunger und Nachrichtenfrust” untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass Nachrichten ein zentraler Bestandteil des Alltags bleiben, das Verhältnis zum täglichen News-Konsum jedoch ambivalent ist: Einerseits besteht ein hohes Interesse an aktuellen Ereignissen, andererseits dominieren negative Emotionen, Überforderung und Skepsis gegenüber künstlicher Intelligenz. Dazu ein paar Zahlen: 86% der (insgesamt 3.000) Befragten sind an aktuellen Nachrichten interessiert, gut ein Drittel konsumiert häufig nur Schlagzeilen. TV (49%) bleibt der wichtigste Nachrichtenkanal, gefolgt von Radio (41%) und Social Media (34%) – wobei bei der Jugend Social Media bereits klar voran liegt. Wichtigste Kriterien für Quellenwahl sind Objektivität (46%) und kostenlose Inhalte (45%), gefolgt von Qualität (37%) und Verständlichkeit (36%). Nachrichten lösen vor allem Sorge (46%), Ärger (45%) und Frustration (34%) aus – positive Gefühle sind selten. Mehr als die Hälfte (!!) fühlt sich durch die Newsflut überfordert (53%). Als zentrale Aufgaben von News-Medien werden die Bereitstellung verlässlicher Informationen (74%) und die Information über aktuelle Ereignisse (68%) genannt, konkrete Erwartung an konstruktiven Journalismus sind mehr Perspektiven (59%), mehr Kontext (48%), weniger Zynismus (47%) und mehr Lösungsorientierung (37%). Marketagent-Gründer Thomas Schwabl fasste die Ergebnisse wiefolgt zusammen: „Das Informationsbedürfnis ist ungebrochen, gleichzeitig wächst der Wunsch nach mehr Einordnung und weniger Schlagzeilengetöse. Unsere Studie macht deutlich: Zwischen Frustration über die Berichterstattung und Überforderung durch die Newsflut steigt die Sehnsucht nach einem konstruktiven Journalismus, der Probleme nicht nur benennt, sondern auch Lösungen, Perspektiven und Hoffnung aufzeigt.“

In meinem Fall sind Schwabls Worte Balsam auf der Seele, nennt er doch in wenigen Zeilen all das, wofür E&W schon seit Jahrzehnten steht – und weiterhin stehen wird, versprochen!

Angesichts der medialen Transformation kommen auch wir als Medium nicht umhin, uns mit den aktuellen Entwicklungen auseinanderzusetzen (und wollen uns auch gar nicht dagegen verwehren, schließlich gilt es am Puls der Zeit zu bleiben). Daher haben wir unser Redaktionsteam erstmals mit einem neuen Mitglied verstärkt, das nicht aus Fleisch und Blut ist: „Kniggefix”. Dieser regenbogenfarbene Avatar im Paragrafen-Look durchstreift seit Kurzem das elektro.at-Onlineforum und gibt überall dort seinen Senf dazu, wo es notwendig und sinnvoll erscheint – aber sehen Sie am besten selbst…

Es gibt jedoch auch Inhalte und Themen, wo die Kommunikation an die Grenzen ihrer Kunst stößt. So geschehen nur wenige Stunden vor Druck dieser Ausgabe, als uns die traurige Nachricht vom Ableben Jörn Gellermanns erreichte. Mir fehlen zugegebenermaßen gerade die Worte, um das angemessen zu kommentieren – Danke, Jörn, dich gekannt zu haben, und viel Kraft deinen Angehörigen und Freunden in diesen schweren Stunden. Als prägende Persönlichkeit in der Branche ist Jörn Gellermann natürlich auch in dieser Messe-Ausgabe präsent – seine Stimme können Sie noch einmal im neuen Messepodcast hören.

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