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Montag, 6. Mai 2024
Interview mit Gerald Hinker - Teil II

„Alle an einen Tisch“

Multimedia | Stefanie Bruckbauer | 13.05.2014 | |  Archiv

TP Vision Austria Chef Gerald Hinker ist das ganze Messe-Gerede leid: „Es ist so mühselig darüber zu sprechen. Die einen jammern, die anderen lügen und erzählen wie toll nicht alles war. In Wirklichkeit kann keiner zufrieden sein mit so einer Messe!“ Hinkers Vorschlag: „Es müssten sich alle Beteiligten an einen Tisch setzen und konstruktive Gespräche führen, um eine g’scheite Messe auf die Beine zu stellen. Denn wenn sich nichts ändert, hat der österreichische EFH bald gar keine Messe mehr!“

Auf die Frage nach dem Verlauf der diesjährigen Ordertage sagt Hinker: „Die FJOT eignen sich gut um neue Geräte und Informationen zu präsentieren. Unser Stand war halbwegs gut besucht, es kam auch alles gut an – zumindest bei den Leuten, die da waren -, Einkaufslaune oder großartige Bestellungen gab es jedoch keine und was ich so gehört habe, ging es vielen anderen auch so.“ Dabei wäre es in Halle 2 noch besser gewesen, als in Halle 1: „In der Weißwaren-Halle herrschte gähnende Leere. Das war erschreckend! Andererseits verstehe ich das auch, weil die Hausgeräte-Hersteller im Frühjahr keine Neuheiten zu präsentieren haben“, so Hinker, der in den FJOT, wie sie derzeit stattfinden, wenig Zukunft sieht: „Es äußern immer mehr Aussteller ihren Unmut. Viele überlegen schon laut, ob sie auf die FJOT, wenn sich nichts ändert, genauso wie auf die Futura, verzichten. Und dann hat der FH gar keine Messe mehr.“

„Mühselig darüber zu sprechen“

Hinker: „Ob die Messe in meinen Augen gut war oder schlecht, das will ich eigentlich gar nicht mehr kommentieren. Es ist schon so mühselig darüber zu sprechen. Die einen jammern, die anderen lügen und erzählen wie toll nicht alles war. In Wirklichkeit kann keiner zufrieden sein mit so einer Messe, vor allem in Zeiten wie diesen, in denen die Umsätze überall zurückgehen – auch bei den Hausgeräten, die heute auch nicht mehr vom Preisverfall verschont sind.

Es ist doch bezeichnend, wenn eine Company wie P&G, die so einen Messeauftritt aus der Portokasse zahlen könnte, sagt: Das ist nicht sinnvoll, ich erreiche meine Händler auf anderen Wegen besser. Meiner Meinung nach, ist da nun auch die Messe gefragt, einmal aktiv zu werden. Und das sollten sie auch, nachdem die Aussteller der Reihe nach wegbrechen.“

Woran liegt’s?

Hinker weiß auch nicht woran es liegt, dass sich die Messe-Situation so entwickelt.

Hinker: „Es kommen viele Dinge in Betracht. Vielleicht ist der Zeitpunkt der falsche? Vielleicht sollte man so eine Messe im Juni machen, wenn die Ranges auch wirklich da und lieferbar sind, wenn die Leute auch ein bisserl mehr Zeit haben – sofern nicht gerade eine WM ist.

Vielleicht ist das Interesse auch geschwunden, weil der Handel festgestellt hat, dass er mit der Ware nicht mehr so viel Geld verdienen kann. Vielleicht ist es generell Frustration, die finanzielle Decke ist im Fachhandel (auch bei der Großfläche) ja auch nicht mehr so dick. Dabei wären die Händler in schweren Zeiten wie diesen, noch mehr gefragt auf diese Messen zu kommen, Zeit zu investieren, sich die richtigen Partner zu suchen, die Produkte ein bisschen besser zu hinterleuchten und vielleicht auch mehr Konditionsgespräche zu suchen, wie es ja auch in Deutschland passiert. Auf der IFA ist es so, dass die Händler halb- bis einstündige Termine fix ausgemacht haben. Der AD ist restlos ausgebucht. Und da kommen die Händler wirklich gut vorbereitet hin und bestellen ihre Produkte für die ganze Saison. Da werden noch Geschäfte gemacht und abgeschlossen. Auf der Futura, die ja später ist als die IFA, passiert das nicht mehr. Auch aus dem Grund, weil die Industrie keine Disziplin mehr an den Tag legt. Und zwar insofern, dass die Angebote zur Futura gelten und nicht von Anfang August bis Ende November. Womit sich die Industrie ja selbst ins Knie schießt.

Meiner Meinung nach sind auch die Kooperationen sehr stark gefragt, auf ihre Mitglieder einzuwirken. Darüber hinaus müssten die Messen so informativ gestaltet werden, dass der Fachhandel gar nicht wegbleiben kann. Man müsste zwei Tage volles Programm fahren und am dritten Tag eine Abschlussveranstaltung abhalten, auf der zB kooperationsinterne Dinge besprochen oder hochkarätige Vorträge gehalten werden. Vielleicht sollte man auf so einer Messe Schulungen anbieten. Schulungen von Industriefirmen kommen sehr gut an, das haben wir gerade bei unseren Produktschulungen gesehen. Da wurden die neuen Geräte gezeigt, ein Techniker hat einige Feinheiten erklärt, … Es gibt nicht mehr viele Firmen, die das anbieten. Und es gibt auch immer weniger gute Außendienstmitarbeiter, die Rede und Antwort stehen können. Man könnte auf so einer Messe – bzw einen Tag vorher bzw nachher – zB auch Jahresgespräche im großen Stil abhalten, so dass die Leute kommen müssen.“

„Total schade“

Hinker fände es „total schade“ wenn beide Fachhandelsmessen, also FJOT und Futura, in Österreich wegfallen würden:

Hinker: „Im Moment sieht es nämlich so aus. Immer mehr Aussteller, vor allem aus der UE, überlegen nicht mehr teilzunehmen und stattdessen eventuell eine große Roadshow zu veranstalten.

Ich gehe davon aus, dass nun eine große Diskussion entfacht werden wird, in der es um die Frage geht, ob die Messesituation, wie wir sie derzeit haben, überhaupt noch Sinn macht. Oder ob es nicht besser wäre, eine große Messe zu veranstalten. Ob die dann im Herbst oder im Frühjahr stattfindet, und zwei oder mehr Tage dauert, muss man diskutieren.

Mein Vorschlag ist: Man sollte sowohl die Kooperationen, als auch die Industrie, gemeinsam an einen Tisch setzen und für ein bis zwei Tage einsperren, sodass die sich wirklich einmal gemeinsam sinnvoll Gedanken machen, wie man diese Messen – die glaube ich für den Handel sehr sehr wichtig sind – irgendwie retten kann. Man könnte am Schluss auch die Reed Messe dazu holen und ihr als Veranstalter Vorgaben geben –  weil die gibt es zur Zeit, glaube ich, nicht.

Und wenn dann alle an einem Tisch sitzen, müssen die Leute aber auch ehrlich sein und sich eingestehen, dass etwas einmal nicht so gut läuft. Wir müssen uns eingestehen, dass unsere Fachhandelsmessen nur mehr ein Imageprogramm sind, auf dem man ausstellt, damit man halt auch dabei ist, und wo man mit ein paar Leuten redet, um das Networking aufrecht zu erhalten. Aber ist das sinnvoll? Nein, da müssen wir uns etwas überlegen.

Und ich rede hier nicht von einer Veranstaltung, auf der die Messevertreter große Reden schwingen. Sondern ich denke an eine Veranstaltung, auf der es Industrievertreter für jeden Bereich gibt, die dann die Interessen der UE, der Weißware, der Kleingeräte vertreten. Und da muss die Industrie auch mitsprechen dürfen, wann zB eine Kooperationen ihre Meetings stattfinden lässt.

Für so ein Treffen muss eine Agenda aufgestellt werden, da müssen Ideen gesammelt und gebrainstormt werden, da müsste es Diskussionsforen geben und alle Vorschläge und Ideen müssen Punkt für Punkt durchbesprochen werden. Wann, wo und wie lange macht man eine Messe sinnvoll? Wie hat diese Messe auszusehen, wie hat sie stattzufinden und wie sieht der optimale Ablauf aus? Lädt man nach den Händlern vielleicht auch Endkonsumenten ein, um ein Zeichen zu setzen, welch tolle Produkte es aktuell am Markt gibt.

Wenn wir es schaffen, eine wirklich tolle Messe auf die Beine zu stellen, dann sind die Industriefirmen wahrscheinlich auch wieder bereit ein bisschen mehr Geld für so eine Veranstaltung in die Hand zu nehmen. Wenn wir das alle gemeinsam aber nicht schaffen, wird einer nach dem anderen abspringen und seine eigene Suppe kochen – die jeden einzelnen übrigens genau so viel kosten wird, wie ein Messeauftritt. Es sollte aber nicht jeder versuchen seine eigene Suppe zu kochen, sondern es sollten alle gemeinsame eine g’scheite Suppe zubereiten von der auch alle satt werden. Das ist das einzig wichtige zur Zeit.

Die dümmsten Politiker schaffen es, Ideen zu entwickeln, die sie uns dann wieder verkaufen können. Da wird uns doch auch etwas sinnvolles einfallen …“

Übrigens

Die neuen Philips Android TV-Modelle – die auf den FJOT gezeigt wurden und „großen Anklang fanden“, wie Hinker berichtet – kommen nun doch etwas später auf den Markt als ursprünglich angenommen. Der Grund: „Zwei Funktionen laufen noch nicht wie sie sollten. Das bedeutet, die Geräte werden unseren Qualitätsansprüchen (zumindest in der DACH-Region) nicht gerecht und deswegen haben wir beschlossen, die TVs erst Ende August zu launchen. Weil, wenn wir schon so tolle Produkte auf den Markt bringen, müssen sie auch perfekt funktionieren.“

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