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Mittwoch, 1. Mai 2024
Studie sieht Österreich auf dem letzten Platz bei Netzinvestitionen

WIFO: Fehlende Entscheidungen bremsen Telekom-Ausbau

Telekom | Dominik Schebach | 15.11.2016 | |  Archiv
Unsichere Rahmenbedingungen und fehlende strategische Entscheidungen der Politik behindern nach Ansicht des WIFO den Ausbau der Breitbandversorgung. (Bild: A1) Unsichere Rahmenbedingungen und fehlende strategische Entscheidungen der Politik behindern nach Ansicht des WIFO den Ausbau der Breitbandversorgung. (Bild: A1)

 

Eine WIFO-Studie über die Investitionstätigkeit der österreichischen Netzbetreiber sorgt derzeit im Telekom-Sektor für Aufsehen. In einem Vergleich von 21 Industrienationen für die Jahre 2005 bis 2013 landet Österreich auf dem letzten Platz. Studienautor Klaus Friesenbichler bemängelte vor allem das Fehlen strategischer Entscheidungen seitens der Politik, welche zu einem investitionsfeindlichen Umfeld führen. Eine Erkenntnis, die von den Netzbetreibern bestätigt wird.

Dass leistungsfähige Datennetze nur eingeschränkt verfügbar sind, bedeutet einen Standortnachteil für Österreich. Falls die Investitionstätigkeiten weiterhin so verhalten bleiben, wird dieser in den kommenden Jahren noch größer“, erklärte Friesenbichler. Vor allem der ländliche Raum leidet unter niedrigen Durchdringungsraten: „Für viele Unternehmen macht das diese Regionen weniger attraktiv. Es bleibt abzuwarten, ob die Breitbandmilliarde zusätzliche Investitionen bringt.“

In den Jahren 2005 bis 2013 investierten laut WIFO die österreichischen Telekombetreiber weniger als jene anderer Industrieländer. Die heimische Investitionsquote für diesen Zeitraum liegt – gemessen am Bruttoinlandsprodukt – bei nur 0,23 Prozent des BIP. Das verschärfte den Rückstand bei der Infrastruktur. Vor allem der ländliche Raum fiel laut Friesenbichler gegenüber anderen Staaten zurück. In Europa liegt die Schweiz mit einer Investitionsquote von 0,51 Prozent voran, gefolgt von Dänemark (0,43 Prozent) und Italien (0,42 Prozent). Im außereuropäischen Vergleich nimmt Neuseeland (0,61 Prozent) den ersten Rang ein.

Als Nachteil sieht Friesenbichler die bislang fehlende strategische Entscheidung, wie der Telekom-Sektor in Österreich ausgestaltet sein solle. „Das derzeitige Hybridmodell zwischen staatlich und privatwirtschaftlich dominierten Modellen birgt Unsicherheiten für alle Akteure und verzögert den Netzausbau„, sagt Friesenbichler. Die wirtschaftspolitischen Absichten sollten rasch geklärt werden, um Planungssicherheit zu gewährleisten.

Reaktion der Netzbetreiber

Bei den Netzbetreibern trifft Friesenbichler mit seiner Einschätzung auf weitgehende Zustimmung. Diese fordern doch schon seit langem sichere Rahmenbedingungen für ihre Ausbaupläne sowie eine Freigabe der Gelder aus der Breitband-Milliarde.

„Die aktuelle Wifo-Studie beleuchtet Telekom-Investitionen bis zum Jahr 2013, in diesem Jahr hat in Österreich allerdings der LTE-Ausbau begonnen. T-Mobile hat in den letzten drei Jahren rund 1 Milliarde Euro in den LTE-Breitbandausbau investiert. Rund 650 Millionen ging an den österreichischen Staat für Mobilfunkfrequenzen, die jedoch nicht oder kaum mehr in den Ausbau zurückgeflossen sind. Trotzdem konnten wir den LTE-Ausbau massiv vorantreiben und pro Jahr um 30 bis 35 Prozent steigern. Drei Jahre später bieten wir unseren Kunden defacto LTE-Vollversorgung“, erklärte zB T-Mobile-Sprecherin Barbara Holzbauer gegenüber E&W. „Interessant ist, dass Finnland und Schweden laut OECD bei Breitband-Penetration Spitzenpositionen einnehmen und laut Wifo ebenso wie Österreich im untersten Drittel bei Investitionen liegt. Das zeigt, dass hohe Qualität nicht unbedingt mit hohen Investitionen gleichzusetzen ist. Dennoch ist der Vergleich ein Weckruf, dass weitere Maßnahmen auch seitens des Staates notwendig sind, um die Digitalisierung Österreichs voranzutreiben. Insbesondere sollte dies zum Anlass genommen werden, die Hochpreispolitik der Republik bei der künftigen Vergabe von Mobilfunkfrequenzen zu hinterfragen.“

Ähnlich ist auch die Einschätzung von Drei. Nach Ansicht von diesem Netzbetreiber belegt die Studie in erster Linie das negative Umfeld, mit dem Netzbetreiber in Österreich zu kämpfen hätten. „Es ist kein Wunder, dass nicht investiert wurde, nachdem das ganze Geld in die Frequenzauktion geflossen ist. Die horrenden Ausgaben für die Frequenzen 2013 sind in der WIFO-Studie jedoch unberücksichtigt geblieben“, so 3Sprecher Tom Tesch.

Drei sei es durch den Merger gelungen, diesen Hemmnissen gegenzusteuern und große Investitionen in die Infrastruktur zu tätigen. Im August 2015 hatte Drei das leistungsfähigste LTE-Netz Österreichs in Betrieb genommen. „Mit 98 Prozent Bevölkerungsabdeckung haben wir erstmals die Versorgungslücke zwischen Stadt und Land geschlossen und echtes Breitbandinternet in die Regionen gebracht. Da die Studie des Wifo jedoch nur bis 2013 reicht, wurde die LTE-Offensive von Drei darin nicht berücksichtigt“, so Tesch. „Dennoch sehen wir die Studie als Weckruf an Politik und Regulator, dass die Zukunftsbranche Telekommunikation ihr innovatives Potenzial nur in einem investitionsfreundlichen Klima entfalten kann. Den Betreibern werden durch Roaming-Regulierung, überbordende Netzneutralitäts-Bestimmungen, überteuerte Frequenzauktionen oder administrative Hürden beim Netzausbau neue Steine in den Weg gelegt. Wenn es die Regierung ernst damit meint, dass Österreich zum Pilotland für 5G werden soll, brauchen wir Anbieter positive Rahmenbedingungen, um den Ausbau der Infrastruktur weiter voran treiben zu können.“

Bei A1 teilt man die Einschätzung des WIFO. Bereits die im Sommer vom Betreiber in Auftrag gegebene WIFO-Studie „Österreich im Wandel der Digitalisierung“ hätte gezeigt, dass Österreich im internationalen Vergleich über die letzten Jahre bei den Investitionen zurück liegt. Auslöser seien aus Sicht von A1 u.a. der intensive Wettbewerb sowie eine überbordende Regulierung des Sektors.
 
„Der Telekomsektor  ist das Rückgrat der Digitalisierung. A1 investiert jährlich mehrere 100 Mio. Euro und damit deutlich mehr als die gesamte Branche zusammen. Wir nehmen unsere Verantwortung wahr und bekennen uns dazu, Österreich wieder an die IKT-Spitze Europas zu bringen“, hieß es in einer Stellungnahme von A1. „Es braucht darüber hinaus einen gemeinsamen Kraftakt aller Stakeholder in Österreich für investitionsfreundliche Rahmenbedingungen und Anreize. Dann kann Österreich aufholen.“

Fazit:

Dass der Telekommunikationssektor sich in Österreich einem besonders investitionsfeindlichen Umfeld gegenüber sieht, ist jetzt keine neue Erkenntnis. Das Unverständnis der Politik für die Bedeutung der Telekommunikation bzw Breitbadnversorgung für den Wirtschaftsstandort Österreich hat sich in der Vergangenheit immer wieder Entscheidungen der Politik manifestiert – beginnend mit der künstlichen Begrenzung des Mobilfunk-Ausbaus in Salzburg, über die niederösterreichische Mastensteuer bis zu den für Europa extrem hohen Frequenzgebühren für LTE. Vielleicht erhält mit dieser WIFO-Studie der Breitband-Ausbau endlich den Stellenwert, den auch andere Infrastruktur-Projekte wie zB Straßen genießen. Eine gewisse Dynamik ist zu sehen, aber noch immer geht die Politik sehr schleppend vor.

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