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Sonntag, 5. Mai 2024
Geschichten vom Nachtkastel - Teil 4

Von allen Seiten…

Andreas Rockenbauer | 26.11.2017 | Bilder | |  Archiv

Wenn sich die Lager im Handel ähnlich schnell drehten wie der Bücherstapel auf meinem Nachstkästchen – dann wäre das wohl Grund zur kollektiven Branchen-Freude. Wie auch immer – sie sind jedenfalls mal wieder fällig: Meine ganz persönlichen Bücher-Leckerbissen...

Was bevölkert aktuell mein Nachtkastel?

Fortuna – Aus dem Magazin des Glücks (Franz Schuh; Textsammlung; Zsolnay)

Leere Herzen (Juli Zeh; Roman; Luchterhand)

Die Gesellschaft der Singularitäten (Andreas Reckwitz; Sachbuch; Suhrkamp)

Eine kurze Geschichte der Unendlichkeit (Paolo Zellini; Sachbuch; C.H. Beck)

Wahrheit ist die Erfindung eines Lügners – Gespräche für Skeptiker (Heinz von Foerster und Bernhard Pörksen; Sachbuch; Carl-Auer)

 

Fortuna

Wer eifrig Ö1 hört und die verschiedensten Zeitschriften liest, kommt um den studierten Philosophen, Historiker und Germanisten Franz Schuh kaum herum. Ich bin nicht immer seiner Meinung, aber lesenwert sind seine Kolumnen, scharfsinnigen Analysen und Essays zu den verschiedensten Themen allemal. In Fortuna sind zahlreiche Texte rund um das Thema Glück versammelt.

O-Ton Schuh: „Hier erfährt also keiner, wie er glücklich wird – das muss ein jeder selber wissen, und wer´s nicht weiß, kann es eh vergessen.”

Klappentext: 

„Ich schreibe über das Glück”, schreibt Franz Schuh, „erstens weil ich Glück hatte, und zwar so viel, dass ich damit dem unvermeidlichen Unheil trotzen kann. Zweitens weil ich den Eindruck habe, dass das Glücksstreben alle Menschen gemeinsam haben, dass aber das Glück die Menschen auch voneinander trennt, weil nicht alle, wahrscheinlich nur die wenigsten Menschen halbwegs glücklich sind.”

Franz Schuh geht es weniger darum, wie man glücklich wird, wer weiß das schon? Ihm geht es darum, dass im Wort Glück vieles von dem ineinanderfließt, was man von der menschlichen Existenz wissen kann und vielleicht sogar wissen sollte.

Von der Ablehnung des Wortes Glück bis zu seiner spekulativen Ausbeutung und zur endgültigen Banalisierung reicht die Bandbreite von Schuhs Glücksquellen, zu denen auch das Lachen und so etwas Sensibles wie die Hoffnung zählt.

Nachtkastel-Prognose:

Die insgesamt 45 Texte haben gerade die richtige Bettlektürenlänge, sodass vor dem Einschlafen noch bequem ein bis zwei gelesen werden können. Wird mich also noch ein paar Wochen begleiten.

 

Leere Herzen

Es gibt nicht viele Autoren, deren Neuerscheinungen ich sogar vorbestelle, um sie ja nicht zu verpassen. Die Bücher der deutschen Schriftstellerin Juli Zeh gehören jedoch dazu und bedeuten für mich absolute Lesepflicht! Ich habe bisher jedes einzelne von ihr gelesen und freue mich nicht nur über die stets treffsichere Beobachtungsgabe und die unterschiedlichsten Themen, die Zeh zu äußerst lesenswerten Texten komponiert, sondern auch über die schönen Metaphern und die ansonst angenehm unaufgeregte Sprache.

Klappentext:

Sie sind desillusioniert und pragmatisch, und wohl gerade deshalb haben sie sich erfolgreich in der Gesellschaft eingerichtet: Britta Söldner und ihr Geschäftspartner Babak Hamwi.

Sie haben sich damit abgefunden, wie die Welt beschaffen ist, und wollen nicht länger dafür verantwortlich sein für das, was schief läuft. Stattdessen haben sie gemeinsam eine kleine Firma aufgezogen. „Die Brücke”, die sie beide reich gemacht hat. Was genau hinter der „Brücke” steckt, weiß glücklicherweise niemand so genau, Denn hinter der Fassade ihrer unscheinbaren Büroräume betreiben Britta und Babak ein lukratives Geschäft mit dem Tod.

 […]

Leere Herzen ist ein provokanter, packender und brandaktueller Politthriller aus einem Deutschland der nahen Zukunft. Es ist ein Lehrstück über die Grundlagen und die Gefährdungen der Demokratie. Und es ist zugleich ein verstörender Psychothriller über eine Generation, die im Herzen leer und ohne Glauben und Überzeugungen ist.

Nachtkastel-Prognose:

Wird wie immer in einem Rutsch ausgelesen und in den nächsten zwei Wochen im Bücherregal landen. Neben den vielen anderen Büchern von Juli Zeh.

 

Die Gesellschaft der Singularitäten

Das Buch von Andreas Reckwitz ist mir zufällig in die Hände gefallen und nach dem Durchblättern und „Reinlesen” habe ich gewusst: Das ist was für mich! Ist nicht ganz einfach geschrieben, aber die Thesen sind interessant und sehr aktuell.

Klappentext: 

Das Besondere ist Trumpf, das Einzigartige wird prämiert, eher reizlos ist das Allgemeine und Standardisierte. Der Durchschnittsmensch mit seinem Durchschnittsleben steht unter Konformitätsverdacht.

Das neue Maß der Dinge sind die authentischen Subjekte mit originellen Interessen und kuratierter Biografie, aber auch die unverwechselbaren Güter und Events, Communities und Städte. Spätmoderne Gesellschaften feiern das Singuläre.

Ausgehend von dieser Diagnose, untersucht Andreas Reckwitz den Prozess der Singularisierung, wie er sich zu Beginn des 21. Jahrhunderts in Ökonomie, Arbeitswelt, digitaler Technologie, Lebensstilen und Politik abspielt.

[…]

Die Gesellschaft der Singularitäten kennt nicht nur strahlende Sieger. Sie produziert auch ihre ganz eigenen Ungleichheiten, Paradoxien und Verlierer. Ein wegweisendes Buch.

Nachtkastel-Prognose:

Das 450 Seiten starke Buch ist keines, das man so nebenbei durchliest. Zumal es auch nicht populärwissenschaftlich geschrieben ist. Daher wird es mich noch länger auf meinem Nachtkästchen begleiten… Ich lese es dennoch mit Genuss!

 

Eine kurze Geschichte der Unendlichkeit

Nachdem mir das reflexartige Naserümpfen, das sich bei vielen Menschen einstellt, wenn sie auch nur das Wort Mathematik hören oder lesen, völlig fremd ist, schleichen sich immer wieder Bücher in meine Bibliothek, die sich auf irgendeine Weise damit beschäftigen.

In diesem Fall ist es nicht allzu schwierige Kost, obwohl man schon etwas Liebe zum Abstrakten mitbringen sollte. Aber es lohnt sich, ist der Begriff des Unendlichen doch in jedem Fall ein geheimnisvoller und vielleicht auch ein ganz klein wenig verstörend…

Klappentext:

Seit Urzeiten übt das Unendliche eine große Faszination auf die Menschen aus. Für einige bedeutet es Chaos und Terror. Andere sehen darin eine Manifestation Gottes. Für andere wiederum beschwört es das Bild endloser Leere herauf, die das menschliche Fassungsvermögen übersteigt.

Gibt es einen Weg, Unendlichkeit zu bestimmen? Wie lässt sich das Unberechenbare beschreiben?

Paolo Zellinis Darstellung erkundet alle Aspekte der Unendlichkeit; sie fasst die Einsichten von Philosophen, Künstlern, Mathematikern und Theologen der letzten zweieinhalb Jahrtausende zusammen, das Spektrum reicht von Aristoteles bis Gödel, von Thomas von Aquin bis Jorge Luis Borges.

Worin besteht der Unterschied zwischen wahrer und falscher Unendlichkeit – und wie zeigt sie sich im Mythos von Sisyphus, der auf ewig dazu verdammt ist, seinen Stein den Berg hinaufzurollen? Wie lassen sich Zenos Paradoxa erklären? […] Mit großer Klarheit und Leidenschaft erzählt Zellini die Geschichte der menschlichen Anstrengungen, das abgründige Rätsel des Unendlichen zu lösen.

Nachtkastel-Prognose:

Es ist zwar nicht aufregend wie ein Thriller, wird mein Hirn aber auch noch nach dem Lichtabdrehen beschäftigen. Wird in kleinen, aber regelmäßigen Dosen konsumiert – von der ersten bis zur letzten Seite.

 

Wahrheit ist die Erfindung eines Lügners

Das Buch habe ich seit vielen Jahren in meinem Bücherregal und lese es alle paar Jahre wieder. Ich liebe es! Der leider bereits verstorbene Heinz von Foerster schaffte es wie kaum ein anderer, die Rätsel rund um die uns umgebende Wirklichkeit derart fesselnd zu schildern.

Nach dem Lesen versteht man, warum radikale Konstruktivisten wie Heinz von Foerster, Ernst von Glasersfeld, Humberto Maturana oder Paul Watzlawick den Begriff der Wahrheit ablehnen und diese die Erfindung eines Lügners ist…

In diesem Buch fand Heinz von Foerster im Wissenschaftsjournalisten Bernhard Pörksen einen genialen Sparring Partner – das Ergebnis ist ein Text in Dialogform, den man immer wieder mit großem Genuss und Gewinn lesen kann. Auch für interessierte Laien absolut geeignet!

Klappentext:

Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Sind unsere Weltbilder lediglich Erfindungen, oder entspricht ihnen eine äußere Realität? Ist Wahrheitserkenntnis möglich?

Es sind diese Fragen, die der Physiker und Philosoph Heinz von Foerster und der Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen in ihren Gesprächen debattieren. Gemeinsam erkunden sie die Grenzen unseres Erkenntnisvermögens, diskutieren die scheinbare Objektivität unserer Sinneswahrnehmung, die Folgen des Wahrheitsterrorismus und den Zusammenhang von Erkenntnis und Ethik, Sicht und Einsicht.

Nachtkastel-Prognose:

Ich möchte hier aus der Rezension des Südwestfunks zitieren: „Dieses Buch ist so voller Erkenntnis, voller Schwung des Sprechens und auch voller Weisheit, dass man es am liebsten wie ein Flugblatt in der Stadt verteilen möchte.” Nun, ich werde es nicht in der Stadt verteilen, aber – wieder einmal – verschlingen. Am Nachtkästchen wird es also nicht lange bleiben. Um irgendwann einmal wieder dort zu landen

Ich wünsche Ihnen allen spannende Lektüre (mit ihren ganz persönlichen Bestsellern) und freue mich immer über Buchempfehlungen!

Fortsetzung folgt…

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