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Dienstag, 25. Juni 2024
Hintergrund-Kommentar E&W 06/2024

Die Branche der Messemuffel

Wolfgang Schalko | 09.06.2024 | Bilder | | 2  Meinung
Es liegt in der Natur des Menschen, die Ergebnisse seines Handelns messbar machen zu wollen. Denn so lassen sich Dinge recht gut einordnen und folglich als Erfolg oder Misserfolg werten. Das ist bei Veranstaltungen aller Art nicht anders, wo zwar gerne auch die „Qualität der Gespräche” und ähnliche nicht näher definierbare Parameter zur Beurteilung herangezogen werden, am Ende zumeist aber doch die nackten Zahlen wie Ausstellungsfläche oder Teilnehmerzahl den quantifizierten Ausschlag geben.

Wie weit Qualität und Quantität eines Events auseinanderliegen können, machte das E-Players in Linz deutlich: Konzipiert als Trendforum für die gesamte Elektrobranche und deren Wertschöpfungsketten, hatte Veranstalter JU.connects unter Regie der Bundesinnung ein hochkarätiges Programm zusammengestellt, das mit Keynotes, Diskussionsrunden, Expertentalks, u.Ä. nicht nur drei Bühnen ganztägig füllte, sondern auch eine Ausstellung bzw. Neuheitenschau von rund 50 Unternehmen bot. Was fehlte, waren einzig die Besucher. Natürlich sind die rund 650 gezählten Teilnehmer nicht nichts, allerdings relativiert sich diese Wert, als es sich dabei überwiegend um Vertreter von Großhandel und Industrie handelte – Elektrohändler und -techniker bildeten lediglich eine überschaubare Minderheit.

Dass die Veranstaltung von allen Beteiligten schlussendlich doch als mehr oder weniger großer Erfolg gewertet wurde, liegt offensichtlich an der qualitativen Betrachtungsweise. Nichtsdestotrotz drängen sich zwei Fragen auf: Erstens, warum es nicht gelungen ist, die eigentliche Zielgruppe – in erster Linie Elektrotechniker aller Sparten, insbesondere aus dem Themenfeld der erneuerbaren Energie, sowie auch Elektrohändler – zu mobilisieren. Naheliegende Gründe wären der mit 300 Euro doch recht saftige Ticketpreis (der allerdings von der Bundesinnung mit 50% subventioniert wurde; den Restbetrag übernahmen anteilig bzw. teilweise auch zur Gänze die einzelnen Landesinnungen – die Teilnahme war für Mitglieder somit de facto günstig bis gratis), die Terminkollision mit anderen branchenrelevanten Veranstaltungen wie der ANGA COM, der Jura Jubiläumsfeier oder dem 4GAMECHANGERS Festival sowie eine nicht zielgruppenadäquate Kommunikation (was durch die Verbreitung in allen Branchen-Fachmedien sowie zig Newslettern der Hersteller und Branchenorganisation aber eher unwahrscheinlich erscheint).

Die zweite Frage betrifft die Adressaten des Events: Was ist los mit einer Branche, die sich Begriffe wie innovativ oder qualitativ auf die Fahnen heftet und den Blick stets nach vorne gerichtet haben will, aber dann eine solche Gelegenheit nicht dankend am Schopf packt? Aus meinen nun doch schon mehr als 17 branchenbegleitenden Jahren weiß ich, dass sich diese Problematik wie ein roter Faden durchzieht: Klassische Messen (mit großen Ausstellungsständen,kostenlosem Eintritt und fester sowie flüssiger Verköstigung) funktionieren praktisch immer, alle anderen Formate wie Tagungen, Kongresse u.Ä. hingegen so gut wie nie. Ich glaube, es braucht hier dringendst einen Annäherungsprozess von beiden Seiten: Hüben knackigere Formen der Wissensvermittlung, drüben erhöhte Bereitschaft, diese auch anzunehmen.

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Kommentare (2)

  1. Was bedeutet das den nun
    Die Elektrohändler und -techniker sind schuld weil sie kein Interesse haben?
    Oder die Innung die einfach mal ihr Geld von den Zwangsmitgliedern los werden wollte um zu zeigen wir machen doch was.

    1
    1. Das wird bedeuten, dass größere Messen in Österreich keine wirkliche Zukunft haben, trifft nicht nur die Elektrobranche, wo es vom Interesse noch ein wenig schlimmer als in anderen Bereichen ist. Horrenden Kosten für eine Messe stehen kaum nennenswerte Erfolge gegenüber. Natürlich, die Aussteller finanzieren die Messekosten über den erwirtschafteten Gewinn. Der ist im Moment aber sowieso aufgrund der Auftragslage eher flau und daher spart man nach solchen Flops als erstes Messekosten ein. Ob das gut ist? Wahrscheinlich nicht, aber hier einzusparen ist wichtiger als einen Mitarbeiter einsparen zu müssen. Was in anderen Branchen mit einem Eintrittspreis eher üblich ist, funktioniert in der Elektrobranche kaum. Hier muss es offenbar gratis bleiben. Die Messe wird in jeder Branche zu einem großen Teil über die Industrie finanziert und nicht über „Zwangsmitgliedschaft“. Wobei die Zeiten wo man auf einer Messe Aufträge geschrieben hat sind schon lange vorbei, mit ein Grund weshalb solche Veranstaltungen für Aussteller immer weniger interessant sind. Wenn schon keine Aufträge, dann muss wenigstens die Qualität der Besucher stimmen und ein Austausch zu Themen stattfinden können. Was noch funktioniert sind GH Messen, denn da wird man als Lieferant mehr oder weniger freundlich gezwungen auszustellen, diese Veranstaltungen werden eher bleiben.

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