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Dienstag, 30. April 2024
Der Elektrokleingerätemarkt im Jahr 2022

Einbruch nach Aufschwung

Kleingeräte | Stefanie Bruckbauer | 15.12.2022 | |  Branche
Kaum eine Produktgruppe hat so sehr von der Pandemie profitiert, wie die Elektrokleingeräte. Es war allerdings nur eine Frage der Zeit, bis aus dem Auf- ein Abwärtstrend wird und dieser begann mit Anfang 2022. Wir haben uns bei einigen Elektrokleingeräteherstellern umgehört und auch die Experten von GfK um ihre Einschätzung gebeten.

Das Jahr 2022 wird im Vergleich zu 2021 bei den Kleingeräten einen Umsatz- und Ertragsrückgang mit sich bringen, erwartet Michael Frank. Dafür verantwortlich sind laut dem De’Longhi-Kenwood Österreich-Chef die zwei vorhergegangenen „Corona“-Jahre, in denen die Elektro(klein)gerätebranche durch die enorme Nachfrage ja zu den Gewinnern zählte. „Im Frühjahr 2022 ist dann der Gesamtmarkt in allen Produktkategorien stark (meist zweistellig in %) zurückgegangen, was mit enorm hohen Lagerständen und sehr zurückhaltenden Bestellungen bei uns und auch im Handel geführt hat. Am stärksten von diesem Rückgang waren Küchenmaschinen betroffen, die zum Teil heute noch im Handel lagernd sind, weil einfach die Nachfrage hier um ca. 30% bis 35% gesunken ist und kaum ein Rausverkauf zu verzeichnen war“, berichtet Frank, der natürlich auf ein gutes Weihnachtsgeschäft hofft, um diese Problematik zu mindern: „Ich bin da eigentlich ganz optimistisch. Und auch die meisten unserer Handelspartner schließen sich diesem Optimismus an.“

Michael Frank, De’Longhi

Für 2023 erwartet Frank eine Verbesserung der Situation, hauptsächlich die hohen Lagerwerte betreffend. „Ich gehe davon aus, dass wir das Niveau von 2019 erreichen werden. Das wäre aufgrund der allgemein schwierigen Wirtschaftslage schon sehr erfreulich.“

Klaus Guttmann, Verkaufsleiter SDA bei Electrolux Österreich, sagt: „2022 war ein durchaus durchwachsenes Jahr mit einem eher ruhigen Verlauf ab April. Nachdem die Nachfrage in den Vorjahren sehr hoch war, haben wir dieses Jahr mehr Zurückhaltung unter den Konsumenten beobachtet.“

Sehr instabil

Peter Pollak beschreibt die Situation am heimischen Kleingerätemarkt in 2022 als „sehr instabil“. „Einige Produktgruppen haben sich, nach dem unglaublichen Wachstumskurs während der pandemiebedingten Lockdowns wieder auf das Vor-Covid-Niveau eingependelt.“ BSH Kleingeräte konnte dennoch in einigen wichtigen Segmenten punkten, wie der Geschäftsleiter CP, BSH Österreich, weiter ausführt: „Vor allem mit den kabellosen ‚Unlimited‘ Staubsaugern mit Akkus aus der ‚Power for All Alliance‘ konnten wir mit Bosch weitere Distributionspunkte gewinnen und unsere Sortimentsbreite im Handel weiter ausbauen. Das Vertrauen der Konsumenten in die Qualität der Marke Bosch ist hier ein bedeutender Vorteil für den Handel.“

Peter Pollak, BSH SDA

Mit der neuen Kaffeevollautomaten-Serie EQ900 habe Siemens derweilen eine neue Benchmark gesetzt: „Das einzigartig große Touch-Display mit sehr intuitiver Bedienung wird vom Handel als der Hingucker beschrieben, das Siemens Design spricht sowieso für sich“, berichtet Pollak und der Geschäftsleiter CP gibt zum Abschluss noch einen Tipp: „Die Siemens Alleinstellungsmerkmale wie ‚BeanIdent‘ und ‚AromaSelect‘ sind Argumente, mit denen man im Verkaufsgespräch punkten kann.“

Nie den Anschluss verloren

Mario Bauer hat die Hoffnung noch nicht verloren, 2022 als zweit erfolgreichstes Geschäftsjahr seit Bestehen abzuschließen. „Wir hatten angesichts des tollen Vorjahres sehr zu kämpfen, haben aber auf Grund vieler neuer Kunden bzw. Händler, die sich für Nivona & Solis in 2022 begeistert haben, nie wirklich den Anschluss an das Vorjahresergebnis verloren und somit hoffen wir, dieses Jahr nur knapp 4% hinter dem Vorjahr abzuschließen zu können“, so der GF der M. Bauer ElektrovertriebsgmbH.

Was das Weihnachtsgeschäft angeht, hat Bauer im September und Oktober sogar über Vorjahr in den Handel hineinverkauft. „Selbstverständlich hoffen wir nun, dass die Ware auch abfließt. Allerdings hätten wir zu dieser Zeit des Jahres normalerweise schon viele Nachbestellungen und einen rechten Trubel im Büro – das ist im Moment aber nicht der Fall … wir hoffen das dies täglich losgeht.“ Dazu komme – und das gefällt Bauer gar nicht: „Leider stellen wir in unserem Segment (trotz der von Mitbewerbern mehrfach umgesetzten und propagierten Preiserhöhungen) ein richtiges Preisdumping zum Jahresendspurt hin fest…“

Grundsätzlich positiv

Auch für Cremesso war 2022 ein sehr gutes Jahr. „Wir konnten in allen Kundenkanälen die Absätze sowohl bei Kaffee-Kapselmaschinen als auch bei Kaffeekapseln steigern und auch die Distribution der Geräte und Kapseln erweitern“, berichtet Martin Maurer, der sich auch mit Blick auf das Weihnachtsgeschäft optimistisch gibt: „Der Händler-Hineinverkauf ist extrem gut gelaufen und wir gehen davon aus, dass auch der Hinausverkauf sehr gut laufen wird. Unsere Vorteile sind ganz klar, dass wir Produkte zu fairen Preisen anbieten und, dass unsere Maschinen (Anm.: mit Energy Save Concept) dem Nachhaltigkeitstrend entsprechen.“

Doch nicht alles ist Eitel Wonne. Eine der größten Herausforderungen, mit denen das Unternehmen aktuell zu kämpfen hat, sind die stark gestiegenen Energie- und Rohstoffkosten, die sich massiv auf die Produktionskosten ausgewirkt haben, wie Maurer erläutert. „Aufgrund dieser Situation waren heuer, erstmals seit vielen Jahren, mehrmalige Preisanpassungen notwendig.“

Angesprochen auf die Stimmung im Handel, sagt Maurer: „Die Stimmung ist von Region zu Region etwas unterschiedlich, aber die Händler sind grundsätzlich positiv eingestellt. Die Endkonsumenteneinkäufe waren in den letzten Wochen noch etwas zurückhaltend. Wir gehen aber davon aus, dass sich dies mit dem Start der Black Friday-Aktivitäten im Handel ändern wird.“

Aus Sicht von GfK

Wir haben auch die Experten von GfK um eine Einschätzung des Kleingerätemarktes gebeten – Lisa Schilcher und Kerstin Schneidebauer sind dieser Bitte nachgekommen. Sie berichten: „Der Elektrokleingerätemarkt zeigt seit Ende 2021 eine negative Entwicklung. Das liegt zum Großteil daran, dass der Umsatz 2021 verglichen mit 2019 um knapp 25 Prozent oder 120 Millionen Euro wachsen konnte. Pandemiebedingte Maßnahmen wie Lockdowns sowie Homeoffice und Home Schooling führten dazu, dass deutlich mehr Zeit zuhause verbracht wurde. Getrieben wurde das Wachstum von Kategorien, die diese Zeit verschönert haben, wie etwa Kaffeemaschinen, Küchenmaschinen und Staubsauger, aber auch Luftreiniger konnten beispielsweise deutlich zulegen.

Geräte, die vermehrt genutzt werden, wenn die Menschen viel Zeit außer Haus verbringen, wie etwa Bügeleisen und Haarstyler, konnten hingegen kaum von der Pandemie profitieren. Einen zusätzlichen Wachstumsimpuls erfuhr der Markt durch einen Trend zu Premiumprodukten, wodurch der Umsatz noch einmal deutlich mehr zulegen konnte als der Absatz. Vergleichen wir den Markt mit dem Vor-Pandemie-Level zeigt sich in den ersten drei Quartalen 2022 immer noch ein Umsatzplus von mehr als 19 Prozent gegenüber 2019.

Besonders betroffene Produktgruppen

Die Kategorien, die während der Pandemie am stärksten gewachsen sind, zeigen nun auch den stärksten Rückgang. Hier gehen wir von einer gewissen Marktsättigung aus, die Nachfrage sinkt nun wieder auf ein „normales” Niveau. Die Entwicklung des Umsatzes liegt in vielen Kategorien weiter über der Absatzentwicklung. Dies liegt einerseits an dem Trend zu teureren, besser ausgestatteten Produkten und andererseits an bereits ersichtlichen Preiserhöhungen.

Küchenmaschinen waren eine der Kategorien, die das höchste Wachstum aufwiesen, hier sehen wir einen umgekehrten Trend: Günstige Geräte gewinnen an Bedeutung.

In den letzten beiden Jahren konnten sogar die klassischen Bodenstaubsauger wieder wachsen. Die boomenden Segmente waren jedoch eindeutig die Handsticks und Roboter, die 2022 auch mit stärkeren Einbrüchen zu kämpfen hatten. Mittlerweile entwickeln sie sich jedoch wieder deutlich besser und der Trend zu Handsticks und Robotern setzt sich wieder fort. Besonders gefragt sind hier multifunktionale Geräte mit Wischfunktion.

Die Pandemie führte auch zu einer hohen Nachfrage nach Luftreinigern, hier setzt sich das Absatzwachstum bei den Mono Geräten weiter fort. Diese Luftreiniger waren aber deutlich günstiger als im Vorjahr, so dass der Umsatz damit dennoch gesunken ist.

Kaffeemaschinen erlebten bereits zu Beginn der Pandemie einen regelrechten Boom, insbesondere gut ausgestattete Vollautomaten konnten deutlich wachsen.  Seit Mitte 2021 sehen wir starke Rückgänge, nur die Siebträgermaschinen werden nach wie vor mehr nachgefragt. Verglichen mit 2019 liegt das Umsatzplus im laufenden Jahr allerdings immerhin noch bei 8,5  Millionen Euro, das sind rund 10%. Hier zeigt sich besonders der Trend zu Premium: hier liegen die verkauften Stück fast 6% darunter.

Ist ein Ende des Abwärtstrends in Sicht?

Ein Ende des Abwärtstrends ist in den meisten Kategorien in Sicht, auch deshalb, weil die Vergleichsperioden nicht mehr die pandemiebedingten hohen Zahlen aufweisen. Allerdings stehen die Ergebnisse der letzten Monate des Jahres noch aus. Die Aktionen während der Black Week bzw. insbesondere das Weihnachtsgeschäft sind für die Elektrokleingeräte immer besonders wichtig. Der Erfolg dieser und auch die weitere Entwicklung im Jahr 2023 ist allerdings schwer abzuschätzen. Die hohe Inflation, insbesondere die stark gestiegenen Energiepreise belasten die Haushalte schwer, zusätzlich wird die Kauflaune durch den Russland-Ukraine Krieg deutlich getrübt.“

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