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Mittwoch, 3. Juli 2024
Aufträge sinken stärker als während Corona-Pandemie

Scheichelbauer-Schuster: Gewerbe und Handwerk brauchen „Booster“ gegen Bauschwäche

Hintergrund | Julia Jamy | 12.10.2023 | |  
„Dass der Auftragsbestand im baunahen Bereich so stark sinkt, ist alarmierend. Unsere konsumnahen Branchen kommen ebenfalls seit Jahren nicht aus dem Krisenmodus heraus“, sagt  Obfrau Renate Scheichelbauer-Schuster. „Dass der Auftragsbestand im baunahen Bereich so stark sinkt, ist alarmierend. Unsere konsumnahen Branchen kommen ebenfalls seit Jahren nicht aus dem Krisenmodus heraus“, sagt Obfrau Renate Scheichelbauer-Schuster. Wie die aktuelle Konjunkturbeobachtung für das Gewerbe und Handwerk zeigt, hat die schwache Entwicklung speziell im privaten Wohnbau bereits Schatten auf andere Branchen geworfen. Im ersten Halbjahr 2023 gingen die Aufträge bzw. Umsätze insgesamt um wertmäßig (nominell) -2,1 Prozent zurück. Obfrau Renate Scheichelbauer-Schuster plädiert daher für einen Sanierungsbonus und realistische Kreditregeln.

Die Aussichten am Bau sind düster: Im ersten Halbjahr 2023 gingen die Aufträge bzw. Umsätze insgesamt um wertmäßig (nominell) -2,1 Prozent zurück. Ein vollständigeres Bild zeichnet die mengenmäßige Entwicklung, die die Preissteigerungen ausblendet. Demnach betrug das (reale) Minus über das gesamte Handwerk und Gewerbe –9,1 Prozent. In allen Branchen lag die Geschäftsentwicklung real im ersten Halbjahr 2023 im negativen Bereich. Besonders stark betroffen waren die vom Bausektor abhängigen Bereiche wie das Baugewerbe (–17,2 Prozent), Kunststoffverarbeiter (-12,2 Prozent), Holzbau (-14,3 Prozent) sowie Tischler und Holzgestaltende Gewerbe (-13,2 Prozent).

Im dritten Quartal 2023 ist der Auftragsbestand in den investitionsgüternahen Branchen mit -11,9 Prozent sogar noch stärker zurückgegangen als im vergleichbaren Jahresviertel des Coronajahres 2020 (damals -10,8 Prozent). „Im Baugewerbe beträgt das Minus sogar -18,7 Prozent. Seit 2011, seit dieser Indikator abgefragt wird, haben wir noch nie einen Rückgang der Aufträge in dieser Höhe beobachtet“, sagt Christina Enichlmair von KMU Forschung Austria.

Alarmierender Rückgang

„Dass der Auftragsbestand im baunahen Bereich so stark sinkt, ist alarmierend. Unsere konsumnahen Branchen kommen ebenfalls seit Jahren nicht aus dem Krisenmodus heraus“, sagt Scheichelbauer-Schuster. Der Ausblick auf das vierte Quartal sei gegenüber dem Vorquartal pessimistischer geworden: In den konsumnahen Branchen – wie u.a. Fahrzeugtechnik, Mechatroniker, Fotografen oder Gesundheitsberufe – überwiegen nun die negativen Erwartungen knapp (Saldo: -1 Prozentpunkt).

Bei den investitionsgüternahen Branchen rechnen sogar um 26 Prozentpunkte mehr Unternehmen mit Rückgängen als mit Steigerungen ihrer Aufträge. „Wir brauchen jetzt wirtschaftspolitische Impulse, die kurzfristig und zielgerichtet wirken“, so Scheichelbauer-Schuster. „Besonders wichtig ist ein Booster für die Bauwirtschaft, damit eine Trendumkehr ausgelöst wird.“ Neben einer Förderung der Investitionen in den Wohnbau sollte ein Sanierungsbonus die Nachfrage ankurbeln, ohne die Inflation anzuheizen.

Konjunkturimpuls Sanierungsoffensive

„Ein Teil einer solchen Sanierungsoffensive sollte ein neuer, ausgeweiteter Handwerkerbonus sein, um die regionalen Wirtschaftskreisläufe und damit besonders unsere KMU zu stärken“, so Scheichelbauer-Schuster: „Diese Maßnahme würde nicht nur effektiv zum Klimaschutz beitragen, Stichwort Dämmung und energetische Sanierungen. Sie würde zugleich verhindern, dass in der Rezession Fachkräfte in andere Branchen abwandern, die wir für die Umsetzung der Klimaziele dringend brauchen werden.“

Scheichelbauer-Schuster schlägt zudem eine Reform der KIM-Verordnung vor, die den Banken strenge Auflagen bei der Vergabe von Wohnbaufinanzierungen an private Kreditnehmer macht. Die Kreditregeln, so die Spartenobfrau, müssten „wieder Investitionen in den Wohnbau ermöglichen, damit sich junge Familien ein Eigenheim schaffen können“. Rasch umsetzbar sei eine weitere Maßnahme: Die öffentliche Hand solle bereits bewilligte Projekte – wie Kindergärten und Jugendzentren – rasch umsetzen. „Das würde auch dem Schwerpunkt der Regierung im Bereich Kinderbetreuung und Kinderbildung entsprechen.“Die Obfrau fügt hinzu: „Wir brauchen von der Politik wirtschaftliche Rahmenbedingungen, die plan– und kalkulierbar sind. Dann werden wir mit unseren Talenten, Fähigkeiten und unserem Unternehmergeist auch den Turn-around schaffen.“

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