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Sonntag, 5. Mai 2024
Interview

Kurt Dojaczek: Zubehör ist die wichtigste Warengruppe

Telekom Hintergrund | Dominik Schebach | 06.03.2014 | |  Archiv
Kurt Dojaczek, Managing Director Tech Data Österreich, nimmt sich kein Blatt vor den Mund: „Ich glaube, dass Händler, die sich nicht mit Zubehör befassen, ein Ablaufdatum haben. Kurt Dojaczek, Managing Director Tech Data Österreich, nimmt sich kein Blatt vor den Mund: „Ich glaube, dass Händler, die sich nicht mit Zubehör befassen, ein Ablaufdatum haben."

In der E&W 3/2014 haben wir den zweiten Teil unseres Zubehör-Schwerpunktes gebracht. Mit Kurt Dojaczek haben wir dazu ein umfassendes Interview geführt, in dem sich der Managing Director der Tech Data Österreich kein Blatt vor den Mund genommen hat: Wer heute noch nicht auf Zubehör setzt, läuft Gefahr, aus dem Markt zu fallen. Lesen Sie hier das gesamte Interview.

Welchen Stellenwert hat heute das Zubehör? Gibt es noch viel Potenzial oder ist das eher ein Bereich, der sich beständig neu erfindet und weiterentwickelt?

Ich glaube, dass Händler, die sich nicht mit Zubehör befassen, ein Ablaufdatum haben. Zubehör ist inzwischen die wichtigste Warengruppe – um die notwendige Marge zu erwirtschaften und um sich zu differenzieren. Gerade das Smartphone ist ein Produkt, das nach Zubehör schreit. Der Kunde hat heute einen hohen Anspruch an sein Smartphone, den will er erfüllen – und das am Besten sofort. Wer das übersieht, schlecht präsentiert oder die Produkte nur auf Nachfrage aus der Schublade herauszaubert, hat keine Zukunft.

Erkennt der Handel den Stellenwert des Zubehörs und wie geht er mit dieser Produktgruppe um?

In der Vergangenheit war Zubehör im Telekom-Fachhandel deutlich unterrepräsentiert. Inzwischen gibt es eine Vielfalt an Produkten im Handel. Der Großteil dreht sich  um das Thema Sicherheit und Mode, wie Taschen, Covers, Folien. Es geht um die Emotionalisierung des Produkts, der Kunde möchte sein Smartphone individualisieren. Und das hat das Sortiment explodieren lassen und das macht es auch so spannend. Man muss heute unterscheiden zwischen dem emotionalen Käufer, der sich unterscheiden will, und dem rationalen Käufer, der einen Zweck verfolgt, Schutz, mehr Akkuleistung usw. Denn der emotionale Kunde ist bereit, deutlich mehr zu zahlen, als ein kühler Rechner.

Wie soll nun aber der Handel mit diesem extrem gewachsenen Sortiment umgehen?

Beim Zubehör muss man unterscheiden, mit welchen Partnern man es zu tun hat, Großfläche oder Fachhandel. In der Großfläche ist Rackjobbing nicht wegzudenken. Diese Partner lagern gern alle Tätigkeiten rund ums Zubehör wie Logistik und Regalpflege aus. Rackjobbing ist in dieser Hinsicht Handwerk und hat hier weniger mit der Sortimentsgestaltung zu tun. Das geschieht über Außendienstmitarbeiter, die vor Ort mit dem Kunden das Sortiment abstimmen. Wir haben hierzu Spezialisten im Haus, die sich ausschließlich um die Gestaltung unseres Zubehör Portfolios kümmern. Das ist ein sehr detailverliebtes Geschäft und braucht das richtige, spezialisierte Skillset.

Für unsere Fachhandelskunden hingegen benötigen wir hier einen anderen Zugang .Meiner Meinung nach, liegt es hier in erster Linie am Vertrauen des Kunden – Vertrauen in unser Skillset sowie in unsere marktgerechte und trendorientierte Auswahl des Zubehörportfolios. Hier wird vor allem unsere Unterstützung zur kundenspezifischen Sortimentsauswahl und zur Optimierung der Präsentationsmöglichkeiten durch speziell von uns gestaltete Zubehöraufstellern den kleineren Shops benötigt. Eine kontinuierliche Betreuung unserer Kunden ist unabdingbar um das Sortiment in den Geschäften allzeit up-to-date halten zu können und mit einem Rückgabe- bzw. Austauschrecht zu unterstützen.

Wie kann man sich denn das Vertrauen erarbeiten?

Bei einem Kunden mit größerem Filialbetrieb haben wir gesagt, wir steigern mit dir gemeinsam den Umsatz – nur du musst uns vertrauen. Wir übernehmen die Sortimentsgestaltung und steuern den Nachschub. Der Händler wiederum gab uns einen Beobachtungszeitraum von ein paar Monaten, um sich das anzusehen.  Und dort ist es gut gegangen. Das benötigt aber eine sehr enge Abstimmung und gegenseitiges Reporting. Je besser das zur Verfügung gestellte Datenmaterial zur elektronischen Weiterverarbeitung und Analyse ist, desto effektiver ist die Zusammenarbeit.

Aber viele Händler wollen selbst kontrollieren, was bei Ihnen in der Wand hängt …

Fakt ist: In der Regel kaufen die Händler gern selbst ein und bei Ihnen geht es um den besten Preis. Der Preis ist wichtig, keine Frage, aber nicht alles. 100% Marge  von keinem Umsatz ist noch immer keine Marge.

Dh, man muss den Fachhandel anders abholen als die Großfläche. Wie holt Tech Data den Kunden ab?

Es braucht extrem viel analytische Vorarbeit. Man muss eine Bestandsaufnahme machen. Wo liegt der Fokus unseres Kunden? Stehen für ihn eher funktionelle Überlegungen und der günstige Einkauf im Vordergrund, dann übersieht er vielleicht die emotionale Seite völlig. Bei vielen Partnern wird auch die Platzfrage noch unterschätzt. Da gibt es heute Tools, um den Bedarf perfekt zu erheben und mit dem Partner das Sortiment und die Präsentation zu planen.

Es liegt in unserem Fokus, den Partnern mit unserer Unterstützung eine bessere Planung seines Zubehörgeschäfts zu ermöglichen. Alleine der Mix zwischen Lizenzprodukten und Originalzubehör eröffnet da ein weites Spielfeld. Die Tech Data ist in der Lage, in allen Produktsegmenten ein großes Portfolio anzubieten. Wir gehören sicher zu den wenigen, die das gesamte Originalzubehör anbieten können, eine Vielzahl von interessanten Lizenzprodukten, funktionales Zubehör, sowie sogenannte „Appcessoires“, und einen eigenen Brand unter den Namen Fontastic. Damit decken wir die gesamte Bandbreite an Mobilfunk- und Tabletzubehör ab. Oft sind im Handel Bereiche über- bzw. unterrepräsentiert. Der gesunde Mix aus Original- und Nachbauzubehör sowie spezielle Produkte wie Lautsprecherboxen und Speicherkarten machen den Erfolg aus. Das kommt bei vielen zu kurz.

Jetzt hätte ich das richtige Sortiment im Geschäft, was beeinflusst daneben den Erfolg am meisten?

Das Zubehör steht und fällt natürlich damit, wie stark die Mitarbeiter es anbieten. Ganz besonders im Fachhandel, der weniger Frequenz hat. Diese Partner müssen konsequent sein und aktiv um den Kunden kämpfen, um ihren Durchschnittsumsatz pro Kunde zu heben.  Daher muss der FH von der Bedarfserhebung, von den Fähigkeiten der Verkäufer usw. einfach mehr leisten. Das wird in der Großfläche über die hohe Frequenz und die breite Präsentation abgefedert.

Je mehr sich die Mitarbeiter auskennen, desto mehr können sie verkaufen. Ich habe Kunden, die verkaufen pro Smartphone im Schnitt zwei Zubehörartikel, aber im Schnitt sollte – vorsichtig gesprochen – zumindest ein Artikel zu einem Smartphone verkauft werden. Beim Smartphone ist das eigentlich recht einfach, ob eine Tasche, ein Ladekabel, ein Kopfhörer oder eine Displayschutzfolie  – der Bedarf ist in jedem Fall vorhanden.

Wie kann man sich aber differenzieren?

Beim Zubehörverkauf trennt sich die Spreu vom Weizen. Der Verkäufer hat hier die Möglichkeit, den Kunden positiv mit sinnvollen Zubehörangeboten zu überraschen, an die er gar nicht gedacht hat. Das unterscheidet einen Spezialisten von der Masse. Da fühlt sich der Kunde gut aufgehoben. Ärgerlich ist ja immer, wenn du nach Hause kommst, und dir fehlt etwas. Das war ja in der Vergangenheit der Klassiker beim Videorekorder, da war kein SCART-Kabel dabei. Der Kunde hat sich in der Folge geärgert, weil er das Gerät nicht verwenden konnte. Andererseits ist Zubehör in vielen anderen Branchen abseits der Telekommunikation seit Jahrzehnten gelebte Praxis, wie z.B. in der Fotobranche, wo ein Verkauf ohne Tasche, Zusatz-Akku, Filter, Stativ usw. nicht abgeschlossen war. Du warst ein schlechter Verkäufer, wenn du lediglich die Kamera verkauft hast. Das Um und Auf liegt im Verkauf!

Zurück zur Betreuung: Wie weit geht ihr dabei auf den Händler ein? Arbeitet Tech Data da mit Modellen oder ist das ganz individuell?

Das Zubehörgeschäft ist zu vielseitig, als dass es sich mit einem Modell erfassen kann. Wir betreuen alle Kundensegmente: Vom Netzbetreibershop, über Filiallisten, Großfläche und Fachhandel. Deswegen ist Individualisierung unsere große Stärke! Derzeit entwickeln wir z.B. für einen Partner ein ganzes Möbelkonzept.

Sicherheit ist ein großes Thema beim Zubehör. Wenn sich die Ware nicht dreht, bleibt der Händler womöglich darauf sitzen. Wie geht Tech Data damit um?

Genauso individuell von Fall zu Fall. Wir warten nicht mit einem 100% Rückgaberecht auf. Wir planen gemeinsam mit den Partnern die Sortimentsauswahl. Deshalb erwarte ich mir hier genauso ein Engagement des Partners, wie er es von mir erwartet. Wir werden jedoch keinen Partner im Regen stehen lassen. Ich habe nur etwas davon, wenn der Kunde ein erfolgreiches Geschäft hat. Läuft es nicht wie erwartet, muss ich auch genauso den Fehler bei mir suchen. Warum wurde das Produkt nicht verkauft, haben wir ihn falsch beraten oder liegt es an den Verkaufsargumenten? Ich bin hier durchaus bereit eine genaue Analyse durchzuführen um eine adäquate Entscheidung treffen zu können. Aber wir haben beide nichts davon, Ware zu liefern und diese dann wieder zurückzunehmen. Sie muss auch aktiv angeboten werden.

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