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Freitag, 3. Mai 2024
Klimabarometer – wie ist die Stimmung unter den KMU?

„Österreichs Wirtschaft verliert an Boden“

Hintergrund | Stefanie Bruckbauer | 11.11.2014 | |  Archiv
Die österreichischen Mittelständler stellen sich auf eine weitere Durststrecke ein. Wie die Creditreform-Grafik zeigt, schwächelt die Konjunktur und der Kurvenverlauf zeigt eindeutig nach unten. Die österreichischen Mittelständler stellen sich auf eine weitere Durststrecke ein. Wie die Creditreform-Grafik zeigt, schwächelt die Konjunktur und der Kurvenverlauf zeigt eindeutig nach unten.

Die Creditreform Wirtschafts- und Konjunkturforschung hat erneut rund 1.700 österreichische KMU nach der aktuellen Wirtschaftslage und den zukünftigen Erwartungen für die kommenden Monate befragt und die Ergebnisse sind alles andere als rosig: Das KMU-Klimabarometer als Stimmungsindikator der Unternehmen ist auf den tiefsten Wert seit 2009 gesunken. Die Erwartungen der KMU sind erstmals seit fünf Jahren negativ. Die Umsätze gehen seit zwei Jahren zurück, die Auftragseingänge sind auch stark rückläufig. Und ebenso die Auftrags- und Umsatzerwartungen befinden sich im negativen Bereich.

Das Creditreform Klimabarometer, das die Bewertungen der mittelständischen Unternehmen zu Geschäftslage und -erwartungen in einem Index zusammenfasst, macht es deutlich: Die aktuelle Konjunkturflaute drückt den hiesigen Klein- und Mittelunternehmen aufs Gemüt. „Am schlechtesten beurteilt der Handel sein Geschäftsklima und liegt damit als einzige Branche im Minusbereich“, so Creditreform.

Klimabarometer Gesamtwirtschaft

Wie Creditreform sagt, zeigt die Konjunkturkurve heuer nach unten, „der Aufschwung des Jahres 2012 konnte nicht fortgesetzt werden.“ So bekomme die Gesamtwirtschaft Österreichs die Auswirkungen der schlechteren außenwirtschaftlichen Konditionen sowie der internationalen Konfliktherde zu spüren. Der private Konsum habe nicht wesentlich angezogen und trage daher wenig zur Konjunkturbelebung bei.

Erwartungen der KMU erstmals seit fünf Jahren negativ

Erstmals seit der Rezession im Jahre 2009 liegt der Erwartungsindex der österreichischen KMU, wie Creditreform festhält, wieder im Minusbereich. „Alle Hauptwirtschaftsbereiche haben ihre Werte deutlich nach unten korrigiert und blicken nicht mehr so zuversichtlich wie noch vor Jahresfrist auf die konjunkturelle Entwicklung.“ Der größte Verlierer sei hier das Baugewerbe. Einen deutlichen Einbruch gab es ebenfalls beim Handel. „Gerade noch im positiven Bereich“, wie die Studienmacher sagen, liegt das Verarbeitende Gewerbe. Das beste Ergebnis im Branchenvergleich soll aktuell die Dienstleistungsbranche erzielen.

Die Konjunktur schwächelt und der Kurvenverlauf zeigt, wie Creditreform aufzeigt, eindeutig nach unten. „Besonders Bau und Handel, die lange Zeit als binnenwirtschaftlich orientierte Wirtschaftszweige die Konjunktur angeschoben haben, haben spürbar nachgelassen und sind in den negativen Bereich gerutscht.“ Die konjunkturelle Entwicklung der Bauwirtschaft habe sich nach dem Frühjahr 2013 nicht mehr erholt. „Lediglich die Dienstleistungsbranche konnte im Herbst dieses Jahres die Talfahrt aufhalten und halbwegs auf Vorjahresniveau verharren“, sagt Creditreform. „Eine spürbare Konjunkturbelebung scheint daher vorerst nicht in Sicht.“

Auftragseingänge sind stark rückläufig

Die Entwicklung der Auftragseingänge spiegle wider, was bei den Stimmungsindikatoren bereits offensichtlich war: „Der konjunkturelle Aufschwung ist ins Stocken geraten. So konnte sich der österreichische Mittelstand nicht über vollere Auftragsbücher freuen. 23% der befragten Mittelständler haben in den letzten Monaten Auftragssteigerungen verbuchen können, während auf der anderen Seite mehr als jeder dritte Betrieb (34,5%) Auftragsrückgänge hinnehmen musste. Im Herbst des Vorjahres verbuchten 25,3% der Befragten ein Auftragsplus und 25,9% dagegen ein Auftragsminus.“

Die Auftragssituation in den einzelnen Wirtschaftsbereichen soll sich in keiner Branche im Jahresverlauf verbessert haben. „Per Saldo das beste Ergebnis erzielte das Verarbeitende Gewerbe, bei allen übrigen Branchen liegt der Saldo aus gestiegen und gesunken teilweise deutlich im Minusbereich. Die größten Auftragszuwächse verzeichnete das Verarbeitende Gewerbe (28,7%). In den Branchen Dienstleistungen (22,3%) sowie Bau (21,1%) und Handel (21,1%) konnte immerhin rund jedes fünfte Unternehmen ein Auftragsplus verbuchen. Auf der anderen Seite hatte der Bau am meisten mit Auftragsrückgängen zu kämpfen (45,3%). Auch beim Handel gab es deutliche Einbrüche. Hier klagten in den vergangenen Monaten 40,1% der befragten österreichischen Mittelständler über ein Auftragsminus. Beim Verarbeitenden Gewerbe meldeten 28,7% der Befragen rückläufige Auftragseingänge und bei den Dienstleistern 27,1% der Befragten“, so die Ergebnisse.

Auftragserwartungen sind gedämpft

Hinsichtlich ihrer Auftragserwartungen sind die österreichischen Mittelständler pessimistischer gestimmt als noch vor Jahresfrist. „So rechnen nunmehr 17,9% der befragten mittelständischen Unternehmen damit, dass ihre Auftragseingänge steigen werden, wohingegen 24,8% glauben, dass sich ihr Auftragsaufkommen reduzieren wird.“

Umsatzentwicklung seit zwei Jahre rückläufig

Die Umsatzentwicklung der mittelständischen Betriebe in Österreich befindet sich insgesamt betrachtet seit 2012 im Abwärtstrend. So gaben 29% der befragten mittelständischen Unternehmen in Österreich an, dass ihre Umsätze in den letzten Monaten gestiegen sind, während 28% von Umsatzrückgängen berichteten. Ein Jahr zuvor waren es noch 31,6% der Befragten, die sich über eine Umsatzsteigerung freuen konnten, während 23,7% der Betriebe einen Umsatzrückgang beklagten.

In den einzelnen Wirtschaftszweigen ergibt sich ein durchaus unterschiedliches Bild. Doch auch hier ist die Tendenz in den meisten Branchen rückläufig. Im Verarbeitenden Gewerbe wurden in den letzten Monaten die größten Umsatzsteigerungen mit einem Anteil von 33,7% der befragten Betriebe verzeichnet. Demgegenüber stehen 23,8% die Umsatzeinbußen hinnehmen mussten. In der Dienstleistungsbranche verbuchten 30,1% der befragten Unternehmen ein Umsatzplus, während 21,1% ein Umsatzminus verkraften mussten. Im Baugewerbe (27,4%) und beim Handel (25,4%) konnte rund jedes vierte Unternehmen Umsatzsteigerungen verbuchen. Da der Anteil der Betriebe, die Umsatzrückgänge verkraften mussten beläuft sich beim Handel auf 37,3%.

Der Einbruch der Umsatzlage sowie die anhaltenden rauen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen schlagen sich deutlich in den Prognosen der österreichischen Mittelständler zur künftigen Umsatzentwicklung nieder. Von Optimismus kann nicht die Rede sein. Die Mittelständler stellen sich auf eine weitere Durststrecke ein.

Conclusio

Creditreform fasst zusammen: „Wie schon bei der Umfrage vor einem halben Jahr im Frühjahr 2014 prognostiziert, haben die heimischen Unternehmen mit sinkenden Umsätzen und Aufträgen zu kämpfen. Diese pessimistische Erwartungshaltung ist nun im Herbst voll und ganz eingetroffen und hat sich sogar verstärkt. Die Gründe sind mannigfaltig. Das billige Geld der Europäischen Zentralbank kommt bei den Unternehmen nicht an. Die Banken benötigen dieses vorläufig selbst um die Eigenkapitalvorschriften einzuhalten und Vorsorge zu halten. Dazu kommt ein großes Misstrauen ins geopolitische Umfeld sowie ein nach wie vor nicht beiseite geräumtes Bauchweh hinsichtlich der Stabilität des Euroraumes (Stichwort Frankreich, Italien). Der österreichischen Exportwirtschaft macht auch der stotternde Konjunkturmotor Deutschland Sorgen. Das alles führt zu den negativen Erwartungshaltungen für die zukünftige Entwicklung. Gefragt sind die Unternehmen und die Politik: Die Unternehmen müssen noch produktiver, effizienter und international wettbewerbsfähiger werden und neue Märkte erschließen, schlicht die betriebswirtschaftlichen Zügel kräftig anziehen. Die Politik muss die nötigen Rahmenbedingungen schaffen und – bei allem Spardruck – Investitionen tätigen, die vor allem die Bauwirtschaft beleben. Eine nachhaltig finanzierte Steuerreform sollte darüber hinaus auch den privaten Konsum befeuern. Aber davon sollte man sich nicht allzu große Hoffnungen machen: Von der Inlandsnachfrage eines 8-Millionen-Einwohner-Staates wird die heimische Wirtschaft alleine nicht leben können. Die Gewinne werden längst wo anders verdient.“  

 

 

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