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Samstag, 4. Mai 2024
Das Europäische Parlament fordert

Elektrogeräte sollen „länger leben“!

Hintergrund | Stefanie Bruckbauer | 17.07.2017 | | 2  Archiv
Die EU plant mit neuen Regeln und Zertifikaten die Nutzung von Elektrogeräten zu verlängern. (Bild: Screenshot www.europarltv.europa.eu)
Die EU plant mit neuen Regeln und Zertifikaten die Nutzung von Elektrogeräten zu verlängern. (Bild: Screenshot www.europarltv.europa.eu)

Damit die Wirtschaft floriert, sollten Verbraucher möglichst oft neue Produkte anschaffen. Mit einem neuen Regelwerk und Zertifikaten will die EU nun die Lebensdauer von Elektrogeräten nach oben schrauben.

Die Debatte rund um die Lebensdauer von Elektrogeräten bzw. um geplante Obsoleszenz wird ja schon länger geführt. (E&W berichtete laufend). Wie das Europäische Parlament informiert, sollen nun endlich Maßnahmen für bessere Verbraucherprodukte getroffen werden. Das heißt: „Die EU-Kommission, die Mitgliedstaaten und die Hersteller sollten Maßnahmen ergreifen, um Verbraucherprodukte langlebig, hochwertig, reparierfähig und nachrüstbar zu machen“, sagt das EU-Parlament, das laut eigenen Angaben eine längere Produktlebensdauer fördern will, insbesondere indem der „geplanten Obsoleszenz“ für materielle Produkte und Software entgegengewirkt wird. Dieser Antrag wurde mit 662 Stimmen angenommen. Dem gegenüber standen 32 Gegenstimmen und zwei Enthaltungen.

Empfehlungen

Wie das EU-Parlament zusammenfasst, empfehlen die Abgeordneten unter anderem:

  • Robuste, leicht reparierbare und hochwertige Produkte. Es sollten (für jede Produktkategorie von der Phase der Produktgestaltung an) Mindestkriterien für die Beständigkeit eingeführt werden.
  • Wenn eine Reparatur länger als einen Monat dauert, soll die Garantiezeit entsprechend verlängert werden.
  • Die Mitgliedstaaten sollen zudem Anreize für die Produktion langlebiger und reparierbarer Produkte schaffen und Reparaturen und Verkäufe aus zweiter Hand fördern. „Dies könnte zur Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen und Abfall reduzieren“, sagen die Abgeordneten.
  • Verbraucher sollten darüber hinaus die Möglichkeit haben, Erzeugnisse unabhängiger Anbieter reparieren zu lassen. „Technischen Lösungen, Sicherheitsvorkehrungen oder Softwarelösungen, die Reparaturen verhindern, sollte entgegengewirkt werden, außer, sie werden von zugelassenen Unternehmen oder Stellen ausgeführt.“
  • Wesentliche Komponenten wie Batterien und LEDs sollten nicht fest in Produkte eingebaut werden, außer, wenn dies aus Sicherheitsgründen notwendig ist.
  • Ersatzteile, die unerlässlich sind, damit ein Gerät einwandfrei funktioniert und sicher ist, sollten verfügbar sein – „und zwar zu einem Preis, der der Produktart und seiner Lebensdauer entspricht“, so die Abgeordneten, die außerdem …
  • die Einführung einer EU-weiten Definition von „geplanter Obsoleszenz” fordern. Es sollte auch ein System eingeführt werden, mit dem getestet werden kann, ob Produkte geplante Obsoleszenz aufweisen. Auch der Ruf nach „abschreckenden Maßnahmen“ in Bezug auf die Hersteller wurde laut.

EU-Gütezeichen

Wie in der Aussendung zu lesen ist, fordert das Europäische Parlament die Kommission auf, die Einführung eines „freiwilligen europäischen Gütezeichens“ zu prüfen. Dieses soll insbesondere die Lebensdauer, das Ökodesign, die Nachrüstbarkeit entsprechend dem technischen Fortschritt und die Reparierbarkeit der Produkte umfassen. Die Abgeordneten schlugen auch vor, so genannte „Verbrauchszähler” für die wichtigsten Gebrauchsgüter (insbesondere für große Elektrogeräte) zu schaffen, um bessere Informationen für Verbraucher zu gewährleisten.

Appell

„Wir müssen erreichen, dass alle in Verkehr gebrachten Erzeugnisse wieder repariert werden können. Wir müssen sicherstellen, dass Batterien nicht mehr in ein Produkt eingeklebt, sondern eingeschraubt werden, damit wir kein Telefon wegwerfen müssen, nur, weil die Batterie defekt ist. Wir müssen gewährleisten, dass die Verbraucher wissen, wie lange Produkte haltbar sind und wie sie repariert werden können“, bringt es Pascal Durand von der Fraktion Die Grünen/EFA auf den Punkt.

Übrigens

Interessant ist: Die Parlamentarier verwiesen auf eine im Jahr 2014 durchgeführte Eurobarometer-Erhebung, laut der 77% der Verbraucher in der EU eine Reparatur dem Neukauf vorziehen. Abschreckende Reparaturkosten oder unzureichender Kundendienst würden sie aber letztlich doch zwingen, Produkte zu ersetzen. 

Hier finden Sie weitere E&W-Artikel zum Thema: Kürzere Erst-Nutzungsdauer bei TVs, Kein Beweis für geplante Obsoleszenz, Geplante Obsoleszenz 3.0: Konsumtrottel.

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Kommentare (2)

  1. Wenn Politiker medienwirksam von Qualitätsverbesserung reden …

    … steigen mir meist die „Grausbirnen“ auf!

    „Gscheid daher reden und dabei nie nix kapiern“ – die Paradedisziplin unserer gewählten Volksvertreter – bei deren Wahl man in Wahrheit keine Wahl hat!

    Ein produziertes „Klumpert“ bleibt immer ein „Klumpert“ – auch wenn die Werbung „rosarote Mascherl“ mit „Super-Duper-Sonderpreis“ umhängt!

    Aufgrund der „vollmundigen Versprechungen“ der Marketing-Abteilungen (und „Freunden“) werden Produkte von Kunden nachgefragt und auch entgegen unserer ausdrücklichen Warnungen gekauft, die oft nicht einmal annähernd deren Erwartungen erfüllen – und dann wird postwendend reklamiert!

    WIR Fachhändler, die von Lieferanten und Kunden zum Kauf bzw. Verkauf „solcher (von uns ausdrücklich NICHT empfohlener) Produkte“ genötigt werden, müssen dann die „Krot fressen“ und bekommen wahrscheinlich wieder einmal „sämtliche Folgeschmerzen“ (Bürokratie, Kosten, Zeit und Ärger!) solcher populistisch wirksamen Konsumentenschutz-relevanten Bestimmungsänderungen aufgebürdet – also: „den schwarzen Peter“!

    Übrigens:
    Ich weiß nicht, wie viele von den 77% der Verbraucher wissen, dass für Reparaturen auch Arbeitszeit (wirklich arbeitende Menschen) und ggflls. Ersatzteile (inkl. Versand-, Handling- und Logistikkosten) notwendig werden – und dass ALLES davon auch noch angemessen bezahlt werden werden will!
    Wie viele (der angegebenen 77%) angesichts der zu erwartenden Reparatur-Kosten wieder lieber „ein weiteres, billiges Klumpert“ NEU kaufen werden (Reparatur zahlt sich ja nicht aus!), ist keine Kunst – vorauszusagen!
    Ergebnis dieser „Umfrage“: wieder so ein parktisches aber realitätsfernes „Lippenbekenntnis“ zur statistischen Unterstützung um „etwas“ (=Qualitätsverbesserung von Produkten) zu erreichen, das man SO (Maßnahmen treffen wieder die „Falschen“) nie erreichen wird! Die eigentlichen „Verursacher“ (Produzenten, Marketingleute, Vertrieb usw.) trifft das nicht wirklich!

  2. Wenn Politiker medienwirksam von Qualitätsverbesserung reden …

    … steigen mir meist die „Grausbirnen“ auf!

    „Gscheid daher reden und dabei nie nix kapiern“ – die Paradedisziplin unserer gewählten Volksvertreter – bei deren Wahl man in Wahrheit keine Wahl hat!

    Ein produziertes „Klumpert“ bleibt immer ein „Klumpert“ – auch wenn die Werbung „rosarote Mascherl“ mit „Super-Duper-Sonderpreis“ umhängt!

    Aufgrund der „vollmundigen Versprechungen“ der Marketing-Abteilungen (und „Freunden“) werden Produkte von Kunden nachgefragt und auch entgegen unserer ausdrücklichen Warnungen gekauft, die oft nicht einmal annähernd deren Erwartungen erfüllen – und dann wird postwendend reklamiert!

    WIR Fachhändler, die von Lieferanten und Kunden zum Kauf bzw. Verkauf „solcher (von uns ausdrücklich NICHT empfohlener) Produkte“ genötigt werden, müssen dann die „Krot fressen“ und bekommen wahrscheinlich wieder einmal „sämtliche Folgeschmerzen“ (Bürokratie, Kosten, Zeit und Ärger!) solcher populistisch wirksamen Konsumentenschutz-relevanten Bestimmungsänderungen aufgebürdet – also: „den schwarzen Peter“!

    Übrigens:
    Ich weiß nicht, wie viele von den 77% der Verbraucher wissen, dass für Reparaturen auch Arbeitszeit (wirklich arbeitende Menschen) und ggflls. Ersatzteile (inkl. Versand-, Handling- und Logistikkosten) notwendig werden – und dass ALLES davon auch noch angemessen bezahlt werden werden will!
    Wie viele (der angegebenen 77%) angesichts der zu erwartenden Reparatur-Kosten wieder lieber „ein weiteres, billiges Klumpert“ NEU kaufen werden (Reparatur zahlt sich ja nicht aus!), ist keine Kunst – vorauszusagen!
    Ergebnis dieser „Umfrage“: wieder so ein parktisches aber realitätsfernes „Lippenbekenntnis“ zur statistischen Unterstützung um „etwas“ (=Qualitätsverbesserung von Produkten) zu erreichen, das man SO (Maßnahmen treffen wieder die „Falschen“) nie erreichen wird! Die eigentlichen „Verursacher“ (Produzenten, Marketingleute, Vertrieb usw.) trifft das nicht wirklich!

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