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Samstag, 4. Mai 2024
Beschaffungskrise, Preissteigerungen, Personalmangel

HV: „Eine toxische Mischung“

Hintergrund | Stefanie Bruckbauer | 16.02.2022 | |  
Die Corona-Pandemie hat in den letzten zwei Jahren auch ein großes Maß an Planungsunsicherheit in Sachen Lagerstand und Personaleinsatz verursacht. Laut einer Handelsverband-Umfrage sind aktuell zwei Drittel der österreichischen Handelsbetriebe (66%) mit einer Steigerung des Lagerstandes an Altwaren konfrontiert. 83% der Unternehmen (sowohl stationär als auch online) haben mit Lieferverzögerungen oder Lieferantenausfällen zu kämpfen. Der Personalmangel spitzt sich indes zu. „Eine toxische Mischung“, wie Handelsverband GF Rainer Will sagt

„Die Pandemie sorgt weiterhin für massive Verwerfungen in den Lieferketten. Acht von zehn Handelsbetrieben kämpfen zurzeit mit Lieferverzögerungen. Die Ursachen sind vielschichtig. Der Containermangel in Fernost hält an, höhere Input-Kosten und der Nachfrage-Anstieg treiben die Rohstoffpreise in astronomische Höhen und die weltweite Omikron-Welle sorgt für Produktionsverzögerungen in den Industriebetrieben. Hinzu kommt die anziehende Inflation von 2,8% im Vorjahr – Tendenz steigend. Allein im Jänner sind die Großhandelspreise im Vergleich zum Vorjahr um mehr als +15% angestiegen“, erklärt Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will.

Was die Logistik bzw. die Lieferketten betrifft, habe sich zwar das engmaschige Netzwerk an leistungsstarken Partnern sowie der Fokus auf regionale Lieferanten bewährt, der in den letzten beiden Pandemiejahren verstärkt wurde. Eine Normalisierung der Lage auf den Weltmärkten sei jedoch in den nächsten Monaten noch nicht zu erwarten. Beispielsweise sei der Rohkaffeepreis seit Sommer 2021 um mehr als +50% nach oben geklettert. „Auch Baustoffe wie Konstruktionsvollholz (+77%) und Betonstahlstäbe (+53%) erlebten zuletzt Preissteigerungen wie noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg“, sagt Will.

Moderate Endkundenpreis-Steigerungen 2022 unvermeidbar

Der HV GF sagt: „Der heimische Handel ist also einerseits mit stark steigenden Rohstoff-, Energie- und Transportkosten konfrontiert, andererseits hält die Beschaffungskrise (z.B. Chipmangel) weiter an. Die daraus resultierenden steigenden Kosten müssen zwangsläufig – teilweise – an die Endverbraucher weitergegeben werden. Eine toxische Mischung für die Kaufkraft und den Lebensstandard der Bevölkerung. Wir rechnen damit, dass uns die Rohstoffkrise und Lieferverzögerungen zumindest noch bis Mitte 2023 begleiten werden. Viel hängt davon ab, wie sich die Pandemie nach der Omikron-Welle entwickeln wird.“

Personalmangel spitzt sich zu

Corona habe aber auch zu einem gravierenden Personalmangel in ganz Österreich geführt. Die heimischen Betriebe klagen seit Monaten über viel zu wenige verfügbare Arbeitskräfte und einen starken Rückgang an Bewerbungen. Bundesweit gibt es derzeit laut Statistik Austria mehr als 146.000 offene Stellen, davon rund 15.000 im Einzelhandel und mehr als 5.000 im Großhandel. Hinzu kommt: Rund eine halbe Million Österreicher sind aktuell aufgrund der Omikron-Welle in Quarantäne. Gerade kleine Betriebe haben oft nicht die Möglichkeit einer flexiblen Personalplanung. Die Folgen sind laut Verband:

  • 6% der Händler mussten heuer aufgrund von Personalmangel & Quarantänevorgaben bereits mehrfach Geschäfte schließen;
  • 11% mussten heuer zumindest einmal ein Geschäft aufgrund von Personalmangel schließen;
  • Bei weiteren 10% ist der Betrieb zurzeit nur eingeschränkt möglich, weil Personal fehlt;
  • Das verfügbare Personal ist stärker belastet denn je, leistet Überstunden und muss flexibel auf Personalausfälle reagieren – und das seit geraumer Zeit;

„Bei den großen Handelsbetrieben kommen Engpässe im Personaleinsatz aktuell ebenfalls häufiger vor, es stehen aber Springerteams und Ersatzpersonen aus internen Abteilungen bereit, um in Bereichen des Kerngeschäfts bei Bedarf auszuhelfen. Für unsere Kunden besteht also kein Grund zur Sorge. Der österreichische Handel arbeitet intensiv daran, den Arbeitskräftemangel ebenso wie die Lieferengpässe bestmöglich auszugleichen“, so Rainer Will.

Freitesten

Im Hinblick auf die zurzeit hohen Corona-Fallzahlen hat der Handelsverband in den laufenden Gesprächen mit dem Pandemiekrisenstab GECKO angeregt, die bereits bestehende Möglichkeit, sich nach fünf Tagen freiwillig freitesten zu lassen, für Arbeitnehmer verpflichtend einzuführen. Will sagt: „In der Wirtschaft mehren sich nämlich die Beschwerden, dass sich in Quarantäne befindliche Arbeitnehmer (gänzlich ohne Symptome) oftmals nicht freitesten lassen und die 10-tägige Quarantäne einfach abwarten. Dadurch entstehen erhebliche und vermeidbare Mehrkosten auch für den Staat. Fest steht: Jede arbeitsfähige Person mit aufrechtem Dienstverhältnis ist entscheidend, um den aktuellen Engpässen im Wirtschaftskreislauf entgegenzuwirken.“

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