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Donnerstag, 4. Juli 2024

Irgendwie ernüchternd

Wolfgang Schalko | 05.06.2022 | Bilder | | 1  Meinung

Wolfgang Schalko
Eigentlich sollte es ja ein freudiger Anlass sein, wenn das Digitalradio DAB+ in Österreich dieser Tage den dritten Geburtstag feiert. Ist es in gewisser Weise auch, denn seit dem österreichweiten Start am 28. Mai 2019 legt der Digitalstandard kontinuierlich zu. Andererseits ist es ernüchternd, wenn man daran denkt (und neidvoll über die Grenze nach Deutschland blickt), wo DAB+ hierzulande mittlerweile stehen könnte, wenn alle an einem Strang ziehen und das Potenzial der Technologie auch nur ansatzweise ausschöpfen würden.

Zunächst ein paar Daten zur Entwicklung von DAB+ seit dem Start vor drei Jahren: Die Zahl der Radioprogramme ist von 9 auf 28 angewachsen (auch dank eines zweiten Multiplexes; die Ausschreibung eines dritten wird von der Medienbehörde gerade vorbereitet), die Hörerschaft hat sich beinahe verdoppelt und mittlerweile besitzt jeder vierte Österreicher ein DAB+-fähiges Radiogerät – Tendenz stark steigend, da eine EU-Verordnung die Autohersteller verpflichtet, in Neuwagen DAB+-fähige Autoradios einzubauen (Für das Inverkehrbringen „normaler” Radiogeräte hat der Gesetzgeber trotz der Möglichkeit auf eine solche Regelung verzichtet). Über die bisherige und vor allem die zukünftige Entwicklung von DAB+ haben wir uns in dieser Ausgabe mit Thomas Pöcheim, dem neuen Geschäftsführer des Vereins Digitalradio Österreich, sehr ausführlich unterhalten.

Mit einer Reichweite von 84% hat DAB+ auch in dieser Hinsicht mittlerweile einen ansehnlichen Wert erreicht, allerdings ist trotz aller Erfolge und positiven Entwicklungsschritte ein Manko nicht von der Hand zu weisen: Die ORF-Programme, als Zugpferd der heimischen Radiolandschaft, fehlen. Und der Öffentlich-Rechtliche macht auch keine Anstalten, daran etwas zu ändern: „Der ORF plant derzeit keine Aufschaltung seiner Radiowellen auf DAB+. Die Zukunft der Radioübertragung sieht der ORF, nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund der 5G-Einführung in den kommenden Jahren, im Streaming-Bereich. Smart-Speaker mit WLAN-Streaming wachsen stark, auch im Auto gibt es immer mehr IN-DASH Streaming Apps. Dazu ist die Tunnelversorgung bei DAB+ weiterhin ungeklärt und die Audioqualität sowie die Empfangsmöglichkeiten Indoor sind nicht besser als bei UKW.” Das ließ man uns auf unsere Anfrage hin wissen.

Es mag ja sein, dass manch einem der Entscheidungsträger das „mhp-Trauma” noch in den Knochen sitzt. Genauso gut müssten sich die Verantwortlichen dann aber in Erinnerung rufen, welche Konseqeuenzen es hat, wenn man Entwicklungen wie die Digitalisierung verschläft. Beides sollte jedenfalls kein Grund sein, die Situation nicht in regelmäßigen Abständen einer kritischen Prüfung zu unterziehen. Zumal DAB+ etwas kann, das sonst nirgends zu finden ist: „Emergency-Warning-Functionality“ (kurz EWF) nennt sich jenes Feature, das im Katastrophenfall die rasche und zuverlässige Warnung der Bevölkerung ermöglicht. Zur Notfallalarmierung wird das laufende Radioprogramm unterbrochen und die Radiogeräte schalten selbstständig auf den Informationskanal um. Radios im „Standby-Betrieb“ werden dafür automatisch aktiviert und die Warnmeldung wird auch mehrsprachig auf dem Display angezeigt. Und das soll kein Argument sein?

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Kommentare (1)

  1. Interessant wäre: Wieviele von den Gerätebesitzern nutzt auch DAB+ und sieht es nicht nur als „zwangsweise miterworbenes“ Beiwerk?
    Leider ist der Österreicher beim Radioprogramm nicht sehr wechselfreudig.

    Aber klar, für ORF und (lokale) Privat-Platzhirsche lässt sich mit voller UKW-Hose gut stinken, mit wenig lästiger Konkurrenz.

    2

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