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Samstag, 11. Mai 2024
Editorial E&W 4/2023

Schlüssel zum Erfolg

Hintergrund | Dominik Schebach | 09.04.2023 | |  
Oft entsteht der Eindruck, dass Umweltschutz ein beliebiges Modethema ist. Viele große bekannte Marken betonen ihren Anspruch auf Nachhaltigkeit und Politiker beschwören oft, dass Österreich zu den Spitzenreitern beim Umweltschutz gehöre. Wie wir wissen, betreibt leider so mancher Konzern konsequentes „Greenwashing“ und der von vielen Politikern großer Parteien gern vorgebrachte Anspruch, dass Österreich so oder so genügend für Umwelt- und Klimaschutz tue, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen leider als Übertreibung.

Unter diesen Umständen freut es mich besonders, wenn sich Maßnahmen für den Umweltschutz und die Energiewende als besonders erfolgreich herausstellen. Im März gab es in dieser Hinsicht gleich zwei Erfolgsmeldungen, welche auch unsere Branche betreffen: So wurde in den vergangenen zwölf Monaten der bundesweite Reparaturbonus in Österreich mehr als 525.000 Mal eingelöst. Wenige Tage zuvor hat die Abwicklungsstelle für das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz einen Rekord​ansturm beim ersten Photovoltaik-Förder-Call in diesem Jahr gemeldet. Innerhalb einer Stunde wurden mehr als 100.000 Tickets für Förderanträge ausgestellt.

Das zeigt: Die österreichische Bevölkerung ist durchaus bereit, sich für Umwelt- und Klimaschutz zu engagieren, wenn man ihr nur die Möglichkeit dazu gibt. Sobald die Anreize und Rahmenbedingungen stimmen, wird investiert – Arbeit, Zeit und Geld. Da sind viele Österreicher meiner Ansicht weiter, als die heimische Politik es ihnen zugesteht.

„Die österreichische Bevölkerung ist durchaus bereit, sich für Umwelt- und Klimaschutz zu engagieren, wenn man ihr nur die Möglichkeit dazu gibt .“

Das ist gut, denn die Ziele von Umweltschutz und Energiewende harmonieren auch mit unseren kurzfristigen Bedürfnissen als Gesellschaft. Wenn wir z.B. die Recycling-Ziele erfüllen, werden wir gleichzeitig unabhängiger von Rohstoff-Lieferungen aus allen Ecken der Welt. Das verkürzt die strapazierten Lieferketten und sorgt für mehr Stabilität in der Wirtschaft. Und wenn wir uns endlich von fossilen Brennstoffen lösen, sind wir auch nicht mehr von diversen Potentaten finanziell oder politisch erpressbar – egal, ob diese nun am Persischen Golf oder in Russland sitzen. (Wie notwendig dies ist, hat die OPEC just beim Schreiben dieses Editorials demonstriert. Durch eine Förderkürzung hat das Ölkartell praktisch über Nacht die Rohölpreise angehoben und Inflationsängste in Europa wieder aufleben lassen.) Gleichzeitig zeigt es sich wieder, dass unserer Branche gerade bei Fragen der Nachhaltigkeit und der Energiewende eine Schlüsselrolle zukommt. Die Branche kann davon in mehrfacher Hinsicht profitieren, schließlich hat sie bereits die notwendigen Kompetenzen dazu. Bei der Energiewende ist es klar: In keinem anderen Bereich lässt sich die erneuerbare Energieerzeugung so schnell und unproblematisch ausweiten wie bei der Photovoltaik – trotz Fachkräftemangel und Lieferproblemen. Denn die Errichtung von PV-Anlagen ist weitgehend unumstritten. Damit sind die vielen Gewerbebetriebe unverzichtbarer Teil der Energiewende, wie wir in dieser Ausgabe auch mit unserem PV-Schwerpunkt zeigen.

Aber auch den Handel darf man bei der Energiewende nicht vergessen. Schließlich ist der Elektrohandel ein wichtiger Berater der Konsumenten, wenn es um das Energiesparen im Haushalt geht. Die beste kWh ist immer noch jene, welche nicht gebraucht wird – und wer will angesichts der jetzigen Energiepreise nicht den Stromverbrauch in den eigenen vier Wänden senken? Dazu sind nicht nur die richtigen Elektrogeräte im Haushalt notwendig. Auch das Potenzial von Smart Home sollte da nicht vernachlässigt werden. Für eine fundierte Entscheidung benötigen die meisten Konsumenten allerdings eine Beratung am POS durch ausgebildete Verkäufer. Diese Rolle darf der Handel nicht aus der Hand geben.

Damit kommen wir zum letzten Punkt: Reparatur und Service von Geräten. Für den Handel ist das eine zweischneidige Sache. Einerseits, wenn ein Gerät repariert wird, kann man kein neues verkaufen. Andererseits stehen gerade jetzt viele Endkunden aus Gründen des Umweltschutzes oder wegen der steigenden Preise einer Neuanschaffung zunehmend kritisch gegenüber. Das zeigt auch der wachsende Markt für refurbished Geräte. Das gilt besonders bei Smartphones. Diese sind heute schon recht leistungsfähig, sodass immer mehr Kunden sie auch länger als die bisher üblichen zwei Jahre benutzen und im Fall des Falles – einer der häufigsten Gründe für eine Reparatur sind nun einmal Sturzschäden am Display – eben reparieren lassen, anstatt sie zu ersetzen. Zumal immer mehr Handy-Hersteller dem Nachhaltigkeitstrend folgend einen längeren Software-Support garantieren. Es ist deswegen auch nicht verwunderlich, dass Smartphones beinahe die Hälfte aller Reparaturen mit dem Reparaturbonus ausmachen. Dementsprechend wichtig ist es meiner Meinung nach, die Kunden mit einem eigenen Reparatur- und Serviceangebot trotzdem immer wieder ins eigene Geschäft zu lotsen. Ansonsten suchen sich diese Kunden dieses Angebot woanders. Ist es eine Goldmine? Nicht unbedingt. Aber zumindest kann man den Kunden trotzdem das eine oder andere Zusatzangebot machen und sie so langfristig binden.

Das zeigt aber auch, dass sich erfolgreiche Geschäfte und Nachhaltigkeit für den Elektrofachhandel und das -gewerbe nicht ausschließen. Im Gegenteil, wenn die Branche ihr Blatt gut spielt, dann sichert diese Schlüsselrolle bei der Energiewende und die Betonung von Nachhaltigkeit auch den langfristigen wirtschaftlichen Erfolg der heimischen Betriebe. Und da braucht es kein Greenwashing, sondern Kompetenz. Aufbauend auf diesem Fundament kann sich die Branche selbstbewusst als Partner bei der notwendigen Transformation präsentieren. Als Botschaft zum Konsumenten hin ist das jedenfalls nicht so schlecht. Wie Oliver Schmitz, GfK Head of Retail AT & DE, beim Preview-Event zum TCG Retail Summit darlegte, bevorzugt heute ein nicht unbeträchtlicher Teil der Endkunden bei der Kaufentscheidung ausdrücklich Marken und Betriebe, die auch die eigenen Werte unterstützen. Damit besteht zumindest auch die Chance, dass der Handel ins Internet abgewanderte Kunden wieder zurückgewinnt. Allerdings muss diese Stärke in Sachen Nachhaltigkeit und Energiewende laufend und deutlich kommuniziert werden. Denn einfach zu sagen: „Wir sind die Guten“, wird auf Dauer zu wenig sein.

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