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Dienstag, 7. Mai 2024
Über den Rand: Appell an die EU

EU-Verpackungsverordnung: „Frontalangriff auf Papier, Karton und Wellpappe“

Über den Rand | Stefanie Bruckbauer | 12.07.2023 | |  
Obst und Gemüse, das mit Wellpappe verpackt wird, bleibt laut einer Studie der Universität Bologna bis zu drei Tage länger frisch als mit vergleichbaren Reuse-Verpackungen. (Foto: Forum Wellpappe Austria) Obst und Gemüse, das mit Wellpappe verpackt wird, bleibt laut einer Studie der Universität Bologna bis zu drei Tage länger frisch als mit vergleichbaren Reuse-Verpackungen. (Foto: Forum Wellpappe Austria) Kreislaufwirtschaft und Dekarbonisierung stehen im Rahmen des Green Deals ganz oben auf der Agenda der EU und halten auch im Entwurf der europäischen Verpackungs- und Verpackungsabfallverordnung (PPWR) Einzug, was die Austropapier als Interessenvertretung der 23 heimischen Papier- und Zellstoffproduzenten ausdrücklich begrüßt. Allerdings fehle im aktuellen Entwurf „bedauerlicherweise ein eindeutiges Bekenntnis, dass mehrere Wege zur Zielerreichung der Klimaneutralität Europas bis 2050 als gleichwertig angesehen werden“, erklärt Austropapier-Präsident Martin Zahlbruckner, der die Bevorzugung von fossilbasierten Reuse-Produkten gegenüber den recyclingfähigen und erneuerbaren faserbasierten Verpackungen kritisiert.

„Neben ökologischen und wirtschaftlichen Argumenten, die für Recycling als gleichwertige Lösung sprechen, verzerren vor allem die verpflichtenden Mehrwegquoten im aktuellen Entwurf für eine europäische Verpackungs- und Verpackungsabfallverordnung (PPWR) den Wettbewerb und greifen massiv in eine funktionierende Kreislaufwirtschaft ein“, so die Austropapier, laut der die österreichische Papierwirtschaft seit Jahrzehnten zu den absoluten Vorreitern bei Nachhaltigkeitsthemen im Sinne der Bioökonomie gehöre und gemeinsam mit der gesamten Wertschöpfungskette Papier, Wellpappe und Karton maßgeblich dazu beigetragen habe, dass die heimische Kreislaufwirtschaft europaweit führend sei. Die Sammel- und Verwertungsquote für Verpackungen aus Papier, Karton und Wellpappe beträgt in Österreich 85%.

Austropapier als Interessenvertretung der 23 heimischen Papier- und Zellstoffproduzenten begrüßt ausdrücklich, dass Kreislaufwirtschaft neben Dekarbonisierung ganz oben auf der Agenda der EU im Rahmen des Green Deals steht und auch im Entwurf der europäischen Verpackungs- und Verpackungsabfallverordnung (PPWR) Einzug hält. „Bedauerlicherweise fehlt im aktuellen Entwurf jedoch ein eindeutiges Bekenntnis, dass mehrere Wege zur Zielerreichung der Klimaneutralität Europas bis 2050 als gleichwertig angesehen werden“, erklärt Austropapier-Präsident Martin Zahlbruckner und er kritisiert die Bevorzugung von fossilbasierten Reuse-Produkten gegenüber den recyclingfähigen und erneuerbaren faserbasierten Verpackungen: „Es muss von der EU berücksichtigt werden, aus welchen Materialien die Verpackungen bestehen und ob funktionierende Systeme vorhanden sind, die Kreislaufwirtschaft sicherstellen.” Papier- und Pappfasern, die im Papierkreislauf recycelt werden, seien hochwertige europäische Sekundärrohstoffe, die Primärrohstoffe ersetzen können und die laut einer Studie der TU Graz mindestens 25mal verwendet werden können.

„Massive Wettbewerbsverzerrung durch verpflichtende Quoten“

Der Fachverband PROPAK und die Vereinigung PROPAK Austria als Vertreter der industriellen Hersteller von Verpackungen aus Papier, Karton und Wellpappe können eine pauschale Bevorzugung von fossilen Reuse-Verpackungen nicht nachvollziehen: „Wir unterstützen die EU-Ziele, doch ohne Not ein perfekt funktionierendes Kreislaufsystem in Frage zu stellen und Reuse einen pauschalen Vorrang einzuräumen, ist der falsche Weg und bedroht Teile der Branche nachhaltig“, warnt PROPAK-Obmann Georg Dieter Fischer.

Besonders problematisch sehe die Branche die von der EU in der PPWR geforderten Reuse-Quoten, die „keine sinnvolle Koexistenz mit recyceltem Papier, Karton oder Wellpappe möglich machen“. Stephan Kaar, Sprecher des Forum Wellpappe Austria, kritisiert: „Die im Entwurf vorgesehenen verpflichtenden Quoten stehen diametral zu den Plänen der EU für eine funktionierende europäische Kreislaufwirtschaft im Sinne des Green Deal.“ Verpflichtende Quoten für alle Verpackungsarten würden den freien Wettbewerb im Binnenmarkt gravierend einschränken und einen signifikanten Anteil von erneuerbaren und recyclingfähigen Papier-, Karton- und Wellpappe-Verpackungen durch Materialien aus fossilen Rohstoffen ersetzen.

Höhere Kosten und Umweltbelastung durch Reuse

Auch aus wissenschaftlicher Sicht gäbe es keine nachvollziehbare Begründung für eine Bevorzugung von fossilbasierten Reuse-Produkten. Der europäische Wellpappenverband FEFCO hat errechnet, dass 8,1 Milliarden neue Kunststoffboxen bis 2040 auf den Markt gebracht werden müssen, wenn die geplanten verpflichtenden Reuse-Quoten erfüllt werden sollen. Das ist nicht im Sinne des Green Deals und unterwandert den eingeschlagenen Weg der Dekarbonisierung.

Wie die Vertreter der Österreichischen Papierindustrie sagen, werden Reuse-Verpackungen aufgrund der höheren Transport- und Reinigungskosten im Vergleich zu recycelten Papiererzeugnissen viel höhere CO2-Emissionen verursachen und darüber hinaus deutlich teurer sein. „Für fossile Reuse-Verpackungen hat eine aktuelle McKinsey-Studie eine bis zu 150% höhere CO2-Belastung und bis zu 200% höhere Kosten errechnet, die direkt an die Kunden weitergegeben werden müssen. Eine Umstellung auf Reuse statt Recycling würde zudem den Wasserverbrauch drastisch erhöhen.“

„Auch eine Verpflichtung zu geschlossenen Produktkreisläufen wäre für Papier absolut nicht sinnvoll, da es einer der größten Vorteile des Papierrecyclings ist, aus lokalen Altpapiersammlungen ganz unterschiedliche Produkte je nach Bedarf an Ort und Stelle wiederherstellen zu können“, erklärt Pro Carton-Director General Horst Bittermann und warnt bei einer Umsetzung vor steigender Belastung für die Umwelt: „Die Konsequenz wäre ein massiver Transportanstieg von Verpackungen für die stoffliche Verwertung in ganz Europa und exorbitante zusätzliche und unnötige CO2-Emssionen.“

Austropapier-Präsident Martin Zahlbruckner, PROPAK-Obmann Georg Dieter Fischer, Pro Carton-Director General Horst Bittermann und Forum Wellpappe Austria-Sprecher Stephan Kaar appellieren an ein Umdenken der EU vor dem Abstimmungsprozess: „Alle ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Argumente führen eine Bevorzugung fossiler Verpackungen ad absurdum und legen eine gleichwertige Lösung nahe. Nur mit einer Gleichbehandlung von nachhaltigen Papier- Karton und Wellpappe-Erzeugnissen kann die weitere Dekarbonisierung im Sinne des Green Deal gelingen.“

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