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Donnerstag, 2. Mai 2024
Editorial E&W 10/2023

Branchengeschichte

Wolfgang Schalko | 08.10.2023 | Bilder | |  Meinung
Bei gewissen Ereignissen wird die volle Tragweite nicht sofort, sondern erst (sehr viel) später ersichtlich. Ich wage zu behaupten, dass der September 2023 in die Geschichtsbücher der österreichischen Elektrobranche eingehen wird.

Und zwar als jener Monat, in dem gleich drei solche Ereignisse stattgefunden haben – wo auf Anhieb glasklar ist, dass schon jedes für sich etwas Bedeutsames darstellt, und zusammengenommen für die Branche einen echten Quantensprung: Die Rede ist von der Initiative „Join the Future”, dem Event „e-Players” sowie den Elektrofachhandelstagen. Innerhalb von zwanzig und einer halben Stunde – 18 Stunden Öffnungszeit der Messe, je eine Stunde Präsentation für die beiden Brancheninitiativen sowie zusätzlich eine halbe Stunde Frage-und-Antwort-Session beim neuen Veranstaltungsformat – ist hier im Sinne der Branche mehr passiert als in den zehn oder vielleicht sogar zwanzig Jahren davor. Es scheint gerade ein echter Ruck durch die Branche zu gehen und der oft beschworene Schulterschluss aller Akteure endlich Wirklichkeit zu werden.

Bevor ich zu den Details der drei Ereignisse komme, noch ein kurzer gedanklicher Exkurs: Ich für meinen Teil habe mich ja schon immer (d.h. in den bald 17 Jahren, die ich die Elektrobranche mittlerweile journalistisch begleite) gefragt, warum eine Branche, die als unumstößlichen gemeinsamen Nenner den elektrischen Strom in all seinen Anwendungsfällen hat, nach außen hin derart fragmentiert auftritt. Natürlich gibt es Aspekte, die diesem verbindenden Element entgegenstehen, wie etwa die zum Teil völlig anders gelagerten Betätigungsfelder, die unterschiedlichen Befähigungen, die erforderlich sind, oder eine schlichtweg zu große Zahl an Betrieben und Menschen, die sich – etwa über die Institutionen der WKÖ – nicht sinnvoll in ihrer Gesamtheit repräsentieren lässt. Umso mehr ist es zu begrüßen, dass sich die diversen Akteure nun offenbar endlich doch dazu durchgerungen haben, zumindest in jenen Bereichen, wo es sehr wohl Sinn macht, die Kräfte zu bündeln und gemeinsam aufzutreten. Das ist nun konkret bei den Themen Personalmangel/Nachwuchskräfte sowie Erneuerbare Energie/Energiewende der Fall.

Womit wir gleich beim (chronologisch) ersten der drei oben genannten Großereignisse wären – der Initiative „Join the Future” (präsentiert am 21.09.). Hier haben sich die Bundesinnung der Elektro-, Gebäude-, Alarm- und Kommunikationstechniker, das Bundesgremium des Einrichtungs- und Elektrofachhandels, der Österreichische Verband für Elektrotechnik (OVE), der Fachverband der Elektro- und Elektronikindustrie (FEEI) sowie Oesterreichs Energie zusammengetan, um Nachwuchs-Fachkräfte in die Elektrobranche zu holen. Gelingen soll dies durch eine österreichweite Kampagne, die sich vor allem online (Social Media) über deren bevorzugte Kanäle an Schülerinnen und Schüler richtet – getragen vom Appell: „Werde Zukunftserfinder:in mit Elektrotechnik!” Ein, wie ich meine, sehr guter und vielversprechender Ansatz, dreht sich doch inhaltlich vieles um DAS Thema unserer Zeit, die Energiewende, außerdem ist die Kampagne „Purpose-driven” aufgebaut – d.h. sie vermittelt nicht WIE man etwas machen soll, sondern WARUM. Dass die Elektrobranche hier vielfältige Möglichkeiten bietet, steht außer Frage. Aber auch, dass die Konkurrenz nicht schläft: Just am Tag nach dem Start von „Join the Future” stellten die 1a-Installateure – eine Kooperation der Sanitär- und Heizungsbranche – ihre Rekrutierungskampagne vor, die als Punkt einer 1a-Karriere nennt: „Top-Ausbildung und ein zukunftssicherer Job, denn Installateure wird man immer brauchen!” Es fischen also definitiv mehrere im selben Teichm, und das mit durchaus kreativen Ansätzen. Reibungspunkte scheinen vorprogrammiert.

Das ist auch für die weitere Entwicklung am heimischen Veranstaltungssektor nicht auszuschließen, denn hier könnten sich in naher Zukunft zwei Events – die anderen beiden eingangs erwähnten Ereignisse – um den Titel „Branchenleitmesse” matchen. Was, soviel sei vorweggenommen, der Kräftebündelung der Branche nicht gerade dienlich wäre. Auf der einen Seite konnten die Elektrofachhandelstage (22.+23.09.) heuer in puncto Besucherzahlen und Stimmung überzeugen – ein Erfolg, der nicht zuletzt den Bemühungen von Veranstalter RX geschuldet ist, neue Ausstellungsbereiche wie Photovoltaik oder Elektromobilität in das Messekonzept zu integrieren. Auf der anderen Seite steht mit „e-Players” (vorgestellt am 28.09.) ein neues Format in den Startlöchern, das einmalig 2024 stattfinden und die Elektro(-technik-)branche auf die nächste große Messe im Jahr 2025 einstimmen soll. Das Konzept dazu stammt von JU.connects bzw. dessen CEO Thomas Jungreithmair, der die Elektrobranche (Elektriker wie Händler) bestens aus seiner beruflichen Vergangenheit kennt. „Elektrotechniker und Elektrofachhändler gehören zusammen – zumindest alle zwei Jahre” ließ Jungreithmair keine Zweifel daran aufkommen, wohin die Reise mit dem Messe-Nachfolger der Power-Days gehen soll. Wie ernst es ihm und den Branchenvertretern ist, kam auch dadurch zum Ausdruck, dass schon enorm viel Vorarbeit geleistet wurde und die Vorbereitungen für die offizielle Vorstellung sehr gewissenhaft gemacht wurden – etwa in Form einer Mitgliederbefragung der Bundesinnung, welchen Veranstaltungsort die Elektriker für „ihre” Messe bevorzugen würden (Achtung, Spoiler: Die Mozartstadt hatte ganz klar die Nase vorn).

Apropos Power-Days: Diese sind definitiv am Ende – warum eigentlich ist eine Frage, die sich in den letzten Wochen und Monaten wohl einige in der Branche gestellt haben. Ich für meinen Teil glaube ja, dass es hauptsächlich am zusehends verwässerten Konzept gelegen ist: Was als Branchen-Roadshow an drei Standorten startete wurde sogleich auf zwei Termine reduziert und schnell in ein „klassisches” Messeformat umgewandelt, einhergehend mit einer zwar auf dem Papier tragenden, in der Praxis aber nie wirklich klaren bzw. zufridenstellenden Rolle des Elektrogroßhandels. Konzeptionelle bzw. organisatorische Fehler wie diese gilt es tunlichst zu vermeiden – weshalb Jungreithmair volle Transparenz und kontinuierlichen Austausch mit allen Beteiligten versprach. In ziemlich genau sieben Monaten darf sich das neue Branchenevent „e-Players” beweisen. Die Elektrofachhandelstage sind indes bereits gesetzt und stehen am letzten September-Wochenende 2024 neuerlich im Design Center Linz am Programm.

Ich möchte mit einem Zitat schließen, das der ehem. Bundesinnungsmeister Andreas Wirth bei seiner Abschiedsrede als sein neues Motto nannte: „Wer will, der kann!“ Und damit explizit auch das Gelingen eines gemeinsamen Events meinte. E-Branche United – das klänge doch gut, oder?

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