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Mittwoch, 26. Juni 2024
HV E-Commerce-Studie 2024

Onlinehandel auf der Überholspur, Großteil fließt ins Ausland

Hintergrund | Stefanie Bruckbauer | 17.06.2024 | | 1  Unter der Lupe
Die Retourenquote im E-Commerce ist wieder gestiegen. Den Hauptgrund dafür sieht der HV im gestiegenen Bestellvolumen bei Quick-Commerce-Plattformen aus Asien, verbunden mit einer oft schlechteren Produktqualität und dementsprechend unzufriedenen Kunden. Die Retourenquote im E-Commerce ist wieder gestiegen. Den Hauptgrund dafür sieht der HV im gestiegenen Bestellvolumen bei Quick-Commerce-Plattformen aus Asien, verbunden mit einer oft schlechteren Produktqualität und dementsprechend unzufriedenen Kunden. Die neue 15. Ausgabe der bundesweiten „E-Commerce-Studie Österreich" des Handelsverbandes in Kooperation mit der KMU Forschung Austria zeigt ein wirtschaftliches Comeback des Onlinehandels sowie ein gewaltiges Wachstum von +36% im Mobile Shopping. Elektro & Möbel zählen zu den Top Waren. Wie der HV sagt, treffen heuer deutliche Steigerungen der Käuferzahlen auf moderat steigende Pro-Kopf-Ausgaben. Voice Commerce (mit Alexa & Co.) bleibt weiterhin ein Nischenprogramm.

„Der Onlinehandel ist wieder auf der wirtschaftlichen Überholspur, allerdings fließt ein Gutteil der Umsätze ins Ausland. Bis Ende April 2024 sind die E-Commerce-Ausgaben der Österreicher im Vorjahresvergleich um 5% auf 10,6 Milliarden Euro angestiegen. Der Überflieger ist heuer das Smartphone-Shopping mit einem gewaltigen Zuwachs von +36%. Mobile Kauftransaktionen nehmen damit rapide zu. Für 2025 erwarten wir eine anhaltend positive Umsatzentwicklung“, kommentiert Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbandes, die zentralen Ergebnisse der Studie.

Im gesamten Distanzhandel (Versandhandel, Interneteinzelhandel, Mobile Commerce) beläuft sich das Plus heuer ebenfalls auf 5%, die Ausgaben belaufen sich damit auf 11 Milliarden Euro. Die Zahl der aktiven heimischen Webshops steigt auf über 12.000.

Top-Warengruppen im Distanzhandel 2024: Bekleidung, Elektro & Möbel

2024 kaufen rund 6 Millionen Österreicher im Distanzhandel. Die Top-Warengruppen sind heuer Bekleidung mit 2,4 Milliarden Euro Umsatz, Elektrogeräte mit 1,3 Milliarden und Möbel mit 0,9 Milliarden Euro Umsatz“, erklärt Studienleiter Wolfgang Ziniel, Senior Researcher bei der KMU Forschung Austria.

Den höchsten prozentuellen Online-Anteil an den gesamten einzelhandelsrelevanten Konsumausgaben kann im Branchenvergleich der Spielwarenhandel (35%) verbuchen. Auf den Plätzen folgt der Handel mit Sportartikeln (34%), Bekleidung (30%) und Elektrogeräten (29%).

Dramatisch: Kaufkraftabfluss der heimischen Shopper ins Ausland steigt auf 54%

Wie die Studie auch zeigt, spielt der tatsächliche Sitz der Handelsunternehmen für die Käufer im Internet und Versandhandel keine maßgebliche Rolle. Ein Fünftel (19%) bestellt die gewünschten Produkte ausschließlich im ausländischen Distanzhandel. Dennoch greifen 17% nur auf Anbieter aus Österreich zurück.

„Der Kaufkraftabfluss der heimischen Shopper ins Ausland steigt auf 54%. Die Gesamtausgaben der heimischen Konsumenten im ausländischen Distanzhandel liegen 2024 bereits deutlich über jenen im inländischen Online- und Versandhandel. Mittlerweile fließen fast 6 Milliarden Euro, deutlich mehr als die Hälfte der Umsätze, an ausländische Webshops. Die Österreicher finanzieren damit rund 150.000 Jobs im Ausland, auch aufgrund unfairer gesetzlicher Rahmenbedingungen und mangelhafter Zollkontrollen“, moniert Rainer Will.

Jüngere Zielgruppen kaufen deutlich häufiger bei ausländischen Anbietern ein als ältere. Der Ausgabenanteil beim ausländischen Distanzhandel liegt bei der jungen Generation zwischen 15 und 29 Jahren bei 58% und sinkt kontinuierlich mit dem Alter. Von der Generation 50+ kauft nur mehr die Hälfte bei ausländischen Anbietern ein“, ergänzt Harald Gutschi, Geschäftsführer der Otto Austria Group sowie Vizepräsident des Handelsverbandes und Leiter der Plattform „eCommerce, Marktplätze & Versandhandel“.

Retourenquote steigt von 38% auf 42% – befeuert durch Inflation & Boom bei Fernost-Plattformen

„Rund 13% der gesamten Einzelhandelsausgaben der österreichischen Privathaushalte fließen in den Distanz- und Onlinehandel. Im Schnitt gibt jeder Kunde 1.840 Euro pro Jahr über diesen Vertriebskanal aus. Der Einkauf im klassischen Versandhandel – also das Bestellen von Waren per Telefon, Post oder Fax – hat sich seit dem Jahr 2015 auf 10% halbiert“, sagt Gutschi.

Einen doch überraschend starken Anstieg verzeichnet heuer die Retourenquote. 2023 retournierten noch 38% der Distanzhandelskäufer zumindest einen Teil der bestellen Produkte, 2024 sind es allerdings 42%. In absoluten Zahlen bedeutet dies, dass von den 6 Millionen Österreichern, die im Distanzhandel einkaufen, rund 2,5 Millionen Österreicher bestellte Einzelhandelsware(n) zumindest einmal im Kalenderjahr wieder retournieren.

Paradox: Nachhaltigkeitsaffine GenZ mit höchster Retourenquote

„Nach dem Tiefststand 2023 mit 38% ist die Retourenquote heuer wieder auf das durchschnittliche Niveau der Vorjahre gestiegen. 42% der Distanzhandelsshopper senden bestellte Einzelhandelswaren zumindest einmal pro Jahr zurück. Hauptgrund dafür könnte das gestiegene Bestellvolumen bei QuickCommerce-Plattformen aus Asien sein, verbunden mit einer oft schlechteren Produktqualität und dementsprechend unzufriedenen Kunden“, ist Harald Gutschi überzeugt.

Als paradox bezeichnet Gutschi, dass die Retourenquote just bei den – vorgeblich nachhaltigkeitsaffinen – jungen Konsumenten (zwischen 15 und 29 Jahren) am höchsten ausfällt: 59% dieser Alterskohorte senden zumindest einen Teil ihrer bestellten Waren zurück. „Gerade bei der jungen Generation hat sich die Rücksendetendenz im Vergleich zum Vorjahr erheblich erhöht. Obwohl der GenZ der Faktor Nachhaltigkeit laut Eigenauskunft sehr wichtig ist, zeigt die Realität hier ein anderes Bild.“

Voice Commerce: Sprachassistenten bleiben im eCommerce ein Nischenprogramm

Der in den letzten zehn Jahren medial gehypte Voice Commerce hat in Österreich weiterhin mit Schwierigkeiten zu kämpfen: „Zwar verfügen 16% bzw. 1,4 Millionen Konsumenten in ihrem Haushalt über eine digitale Assistenz wie Amazon Echo, Google Home, etc. Allerdings verwenden nur 60.000 Menschen ihre persönlichen digitalen Assistenten für Bestellungen im Onlinehandel. Immerhin 200.000 Personen nutzen diese Tools zur Verwaltung ihrer Einkaufslisten“, erklärt Wolfgang Ziniel.

Wie Will anmerkt, bleiben die Sprachassistenten beim Kaufabschluss zwar ein Nischenprogramm, jedoch dürfe der Grad der Beeinflussung vor der Kaufentscheidung durch personalisierte Werbung und technisch immer versiertere Sprachassistenten im höchstpersönlichen Umfeld nicht unterschätzt werden.

Umweltbewusstsein: Geringerer finanzieller Spielraum dämpft Öko-Kaufverhalten

Die Studie zeigt auf, dass sich die Teuerung der vergangenen beiden Jahre mittlerweile in einem gesunkenen Umweltbewusstsein der österreichischen Konsumenten niederschlägt: Die Inkaufnahme von Nachteilen, wenn man von gewohnten Produkten auf umweltfreundlichere wechseln würde, hat sich 2024 um 18 Prozentpunkte reduziert, der Anteil jener Personen, die dies tun, liegt nun bei 47% (Vorjahr: 65%). „Es zeigt sich generell bei Fragen zum umweltbewussten Kaufverhalten im Internet, dass die Österreicher aufgrund des engeren finanziellen Spielraums in den letzten 12 Monaten Abstriche beim eigenen Umweltbewusstsein gemacht haben“, ist Ziniel überzeugt.

Unterschiede im umweltfreundlichen Verhalten zeigen sich sowohl beim Geschlecht – Frauen weisen höhere Werte auf als Männer – als auch hinsichtlich des Alters: Personen im Alter von 60 Jahren oder älter gewichten einkaufsrelevante Umweltaspekte überraschenderweise meist höher als die Altersklasse der 15-29-Jährigen. „Da umweltrelevante Aspekte mit fortschreitendem Alter immer wichtiger erscheinen, besteht also nach wie vor Potenzial, den österreichischen E-Commerce zukünftig noch umweltfreundlicher zu gestalten“, hofft Harald Gutschi.

Man sieht, die Österreicher geben heuer mehr online aus, allerdings für billigere Waren aus dem Ausland. Daher setzt sich der Handelsverband vehement für mehr Fair-Commerce im europäischen Handel ein. Die Schaffung fairer Wettbewerbsbedingungen sowie die Abschaffung der 150 Euro-Zollfreigrenze bis spätestens 2026 sind alternativlos“, so das Fazit von Rainer Will.

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Kommentare (1)

  1. Die Eisenwarengeschäfte wurden von den Baumärkten umgebracht.
    Will man dort nun etwas leicht ausgefallenes kaufen ist’s schon aus.
    Bleibt nur mehr ein Onlineshop übrig.
    Will damit sagen, online bekommt man eben alles und günstiger.

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