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Donnerstag, 2. Mai 2024
Heid Schiefer Report 2013

Image von Ausschreibungen stark verbessert

Hintergrund | Wolfgang Schalko | 14.06.2013 | |  Archiv
Mag. Martin Schiefer, Partner von Heid Schiefer Rechtsanwälte (li.) und Dr. Stephan Heid, Partner von Heid Schiefer Rechtsanwälte (©Heid Schiefer Rechtsanwälte/APA-Fotoservice/Preiss). Mag. Martin Schiefer, Partner von Heid Schiefer Rechtsanwälte (li.) und Dr. Stephan Heid, Partner von Heid Schiefer Rechtsanwälte (©Heid Schiefer Rechtsanwälte/APA-Fotoservice/Preiss).

Österreichische Unternehmen nehmen häufiger an Ausschreibungen teil: 2012 beteiligte sich jedes zweite Unternehmen an mindestens einer Bietersuche, 2011 waren es nur 14%. Ein klarer Aufschwung auch bei den Auftraggebern: 3/4 haben im Vorjahr mindestens einen Auftrag ausgeschrieben, 2011 tat das lediglich ein Viertel. Festzustellen war eine deutliche Imageverbesserung von Ausschreibungen: Bieter wie auch Auftraggeber beurteilen diese als wesentlich fairer, transparenter und weniger anfällig für Manipulationen als zuletzt.

2011 veröffentlichte der Wiener Vergaberechtspezialist Heid Schiefer mit seinem Report die erste repräsentative Studie zum Thema Ausschreibungen in Österreich. Die Ergebnisse waren zum Teil alarmierend, sowohl Auftraggeber als auch Bieter zeichneten ein hauptsächlich negatives Bild von heimischen Ausschreibungen. Seither hat sich viel getan: Das novellierte Bundesvergabegesetz trat am 1. April 2012 in Kraft, die Korruptionsstaatsanwaltschaft rückte mit spektakulären Fällen in den öffentlichen Fokus und heimische Auftraggeber setzen sich immer stärker mit den rechtlichen Rahmenbedingungen von Ausschreibungen auseinander. Dass diese Maßnahmen offenbar Früchte tragen, zeigen die Ergebnisse des zweiten Heid Schiefer-Reports (durchgeführt von meinungsraum.at unter 566 Entscheidungsträgern bei Ausschreibungen und Vergabeverfahren). Sowohl auf Auftraggeber- als auch auf Bieterseite hat sich das Image von Ausschreibungen im Vergleich zu 2011 deutlich verbessert. Fast 60 Prozent der Auftraggeber sehen eine positive Entwicklung der allgemeinen Situation bei Ausschreibungen, bei Bietern sind immerhin knapp 40 Prozent dieser Meinung.

Mehr Ausschreibungen und mehr Bieter

Auftragnehmer in Österreich scheinen sich zunehmend mehr von Ausschreibungen zu versprechen: Nahmen 2011 nur 14 Prozent der Befragten an Ausschreibungen teil, stellte sich nach der aktuellen Erhebung 2012 bereits jedes zweite österreichische Unternehmen dem Wettbewerb einer Bietersuche. Nach wie vor geben „Ausschreibungs-Muffel“ mangelndes Interesse (35%) als Hauptgrund für die Nicht-Teilnahme an, gefolgt von fehlenden Kapazitäten (24%). Dieser Faktor spielt vor allem bei großen öffentlichen Ausschreibungen nach dem BVergG eine Rolle. Noch aktiver als die Bieter sind die heimischen Auftraggeber: Drei Viertel geben an, 2012 zumindest eine größere Ausschreibung durchgeführt zu haben (in den meisten Fällen mehr als sechs).

Bei der Bilanz von EU-weiten Ausschreibungen zeigt sich die Situation unverändert. Immer noch schreiben mit 28 Prozent deutlich mehr Auftraggeber EU-weit aus, als sich heimische Bieter an diesen jenseits der Grenze beteiligen (18%). Stephan Heid, Partner bei Heid Schiefer Rechtsanwälte, wünscht sich mehr Mut: „Viele Bieter fürchten, bei einem reinen Preiswettbewerb gegen ausländische Billiganbieter auf der Strecke zu bleiben. In der Regel gewinnt aber jenes Angebot, das die im Leistungsverzeichnis verankerten Bedingungen am besten erfüllt.“

Fairer, transparenter und weniger manipuliert

Sowohl Auftraggeber als auch Bieter beurteilen Ausschreibungen deutlich positiver als noch im Jahr davor. Auch wenn beide Seiten ihnen am häufigsten „hohen Aufwand“ attestieren, haben sich die Imagewerte wesentlich verbessert. Bei öffentlichen wie bei privatwirtschaftlichen Auftraggebern stieg die Zustimmung zu den Items „fair“ auf 19 bzw. 38 Prozent (2011: 14%) und zu „transparent“ auf 25 bzw. 21 Prozent (2011: 3%), während die Zustimmung zu „manipuliert“ von 29 Prozent auf 22 bzw. 18 Prozent sank.

Noch deutlicher ist der Imagewandel bei den Bietern zu beobachten: Hielten 2011 noch 48 Prozent von ihnen Ausschreibungen für manipuliert, taten das 2012 nur mehr 25 Prozent (öffentliche Ausschreibungen – ÖA) bzw. 28 Prozent (privatwirtschaftliche Ausschreibungen – PA). Die Zustimmung zu „fair“ stieg von drei Prozent 2011 auf 15 Prozent (ÖA) und 14 Prozent (PA), jene zu „transparent“ von acht Prozent auf elf Prozent (ÖA) und 14 Prozent (PA). Während öffentliche Ausschreibungen auch als weniger korrupt empfunden werden als noch 2011, trifft diese Tendenz in der Einschätzung von privatwirtschaftlichen Ausschreibungen nicht zu.

Sehr kritisch beurteilen Auftragnehmer die Situation: 43 Prozent sind der Meinung, dass öffentliche Ausschreibungen eine Preisspirale nach unten bewirken und Qualitätsunternehmen so auf der Strecke bleiben. Immer noch 41 Prozent glauben an Scheinausschreibungen, bei denen der Auftragnehmer bereits feststeht, und immerhin 35 Prozent sehen durch öffentliche Ausschreibungen die Handschlagqualität gefährdet.

Wie schon im Vorjahr sehen Bieter unklare Formulierungen und Kommunikationsprobleme mit dem potenziellen Auftraggeber als häufigste Fehler. Auftraggeber sehen ebenfalls Kommunikationsprobleme als größtes Problem, machen ihrerseits den Bietern allerdings auch sehr oft mangelhafte bzw. fehlerhafte Vorbereitung zum Vorwurf.

Besser beraten

Ein klares Ungleichgewicht zwischen Auftraggebern und Auftragnehmer besteht bei den rechtlichen Kompetenzen. Während öffentliche Auftraggeber in 82 Prozent der Fälle zumindest manchmal externe Rechtsspezialisten hinzuziehen, verzichtet rund die Hälfte der Bieter sowohl bei öffentlichen wie auch bei privatwirtschaftlichen Ausschreibungen auf Unterstützung. Stephan Heid dazu: „Rechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen ist bei Auftraggebern längst State-of-the-Art, bei Bietern hingegen noch nicht. Allerdings merken wir, dass hier langsam ein Umdenkprozess stattfindet und auch immer mehr Auftragnehmer Vergaberecht-Experten hinzuziehen. Ausschließungsgründe wie Formalfehler, die einen monatelangen Aufwand zunichte machen können, lassen sich so einfach vermeiden.“

Besonders deutlich zeigt sich die Informationsschere zwischen öffentlichen Auftraggebern und Bietern bei der mit 1. April 2012 verabschiedeten Novelle des Bundesvergabegesetzes: Erstere geben in 88 Prozent der Fälle an, über die geänderten Rahmenbedingungen Bescheid zu wissen, auf der anderen Seite sind das nur 59 Prozent. Die Informierten sind sich relativ einig: Große Veränderungen sind ihrer Meinung nach ausgeblieben (Bieter: 38%; Auftraggeber: 31%). Während 14 Prozent der Bieter der Novelle positiv und nur acht Prozent negativ gegenüberstehen, gibt es bei den Auftraggebern gleich viele Befürworter wie Gegner (29% bzw. 28%). Auftraggeber wünschen sich vor allem vereinfachte Verfahren auch im Oberschwellenbereich (45%), Rechtsschutz bei Vertragsverlängerungen (41%) und klare Regeln für Folgeaufträge (29%). Bieter vermissen letzteres sogar noch weit mehr (49%), sie wünschen sich aber auch Mengen- und Abnahmegarantien sowie eine Senkung der Schwellenwerte (je 29%).

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