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Montag, 29. April 2024
Gedanke zum Tag

Scheitern im doppelten Sinne

Hintergrund | Dominik Schebach | 20.08.2017 | |  Archiv

Die mich kennen, wissen, in meiner Freizeit unterrichte ich auf dem Universitätssportzentrum Ju Jitsu als Kampfsport und für die Selbstverteidigung. Die Auseinandersetzung mit sich selbst sowie dem Gegner treibt mich auch nach vielen Jahren noch an und lässt mich immer wieder nach neuen Ansätzen suchen. Gerade bei Kampfsport und Selbstverteidigung gibt es aber eine tückische Falle, in die man als Trainer allzu leicht hineintappt. Man bringt seinen Schülern bei, wie man verliert. Das ist Scheitern im doppelten Sinn: Als Kampfsportler und als Trainer.

In der Managerliteratur wird immer wieder über das Scheitern geschrieben. In der Presse wird oft beklagt, dass es in Österreich keine Kultur des Scheiterns gebe und damit der unternehmerische Geist gelähmt werde. Im Kampfsport und der Selbstverteidigung hat Scheitern allerdings eine sehr unmittelbare Bedeutung: Zum einen ist der Einsatz ein anderer, zum anderen hat man oft nur eine Chance.

Aber gerade im Kampfsport kommt es immer wieder vor, dass die Schüler das Wort des Trainers nicht weiter hinterfragen und sich schlechte Gewohnheiten antrainieren – mit der Folge, dass sie beim Versagen der Technik quasi in Schockstarre verfallen. Andere wiederum akzeptieren zB in einem Übungskampf zu früh eine Situation als aussichtslos. Die Ausreden sind in der Regel schnell zur Hand: Der Gegner ist drei Gewichtsklassen höher, erfahrener oder stärker und kämpft zudem unfair – kurz er hielt sich nicht ans Drehbuch, das man sich im Kopf zurechtgelegt hatte. Die Niederlage wird rationalisiert anstatt analysiert und nicht als Anstoß für eine Verbesserung verstanden.

Die Gefahr besteht, dass dies zur Gewohnheit wird. Dass man in das Sparring mit einem gewissen Defätismus hineingeht, womit die Sache zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung wird. Wer nicht erwartet, dass er gewinnt, ist nicht ernsthaft bei der Sache, findet seine Chancen nicht und verliert, weswegen er das nächste Mal noch weniger ernsthaft bei der Sache ist, weswegen er noch weniger Chancen vorfindet und erst recht wieder verliert usw…. – Wenn man sich aber diese Geisteshaltung antrainiert hat, welche Auswirkung hat dies erst in der Selbstverteidigung, wo man nur einen Versuch hat.

Als Trainer muss ich meinen Schülern nicht nur neue Techniken beibringen, mit denen sie „ein Problem“ lösen können, ich muss auch verhindern, dass sie lernen zu verlieren. Das kann man auf viele Arten erreichen. Man kann die Komplexität einer Übung schrittweise steigern, Handicaps vergeben oder Stresslevels kontrollieren. Niederlagen in Trainingskämpfen sind unvermeidbar. Aber das muss ein Ansporn sein, es das nächste Mal anders, besser zu machen. Vor allem in dem einen Fall, wenn es wirklich darauf ankommt. Scheitern kann man auf viele Arten. Aber zu scheitern, weil man die Niederlage von Beginn an akzeptiert, ist unverzeihlich.

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