Vorsätze über Bord

Die Zeit rund um Neujahr ist immer auch ein wenig gefährlich – für mich zumindest. Es ist die Zeit der berühmt und berüchtigten Neujahrsvorsätze, Wünsche und Ziele für das neue Jahr. Mit denen ist es immer so eine Sache. Werden doch viele innerhalb kürzester Zeit wieder zu Grabe getragen, womit sie oft mehr über die betreffende Person aussagen, als uns lieb sein kann. Dass die meisten dieser Neujahrsvorsätze, Wünsche und Vorhaben nur im stillen Kämmerlein getroffen werden, trägt da nicht viel zur Beruhigung bei.

Wenn ich einen Auszug aus meiner eigenen Liste aus Neujahrsvorsätzen von diesem und den vergangen Jahren hernehme, wird das Dilemma nur allzu deutlich: Da war einmal der erste Vorsatz, keinen Vorsatz für das Jahr zu haben. Der wurde innerhalb kürzester Zeit über Bord geworfen. Zu groß war die Versuchung, dieses Jahr vieles neu, anders zu machen und frisch Pläne zu schmieden. In einem Anflug von Realismus wurden die nächsten 15 Überlegungen gleich einmal gestrichen, bevor sie es überhaupt bis zur Neujahrsvorsatz-Vorstufe gebracht hatten. Einiges rutschte dann doch durch den Filter. Ehrgeiz, Ego und Energie – nur gedämpft von den Folgen einer langen Nacht – gewannen die Oberhand. Und ehe man es sich versah, war der erste Vorsatz da.

Dass es sich in diesem Fall nur um eine Neuauflage aus dem Vorjahr gehandelt hatte, tat nichts zur Sache: Dieses Jahr werde ich mein Buch schreiben. – Das ist wohl der innigste Wunsch eines jeden Journalisten. Immerhin die Vorbereitungen sind seit Silvester schon angelaufen. Grundlegende Recherche, ein Plot, der Cast der Personen und der Rahmen nehmen Gestalt an. Ebenso fliegt die Zeit dahin und andere Prioritäten drängen sich immer wieder in der Vordergrund. Ich fühle, der Kampf wird hart, aber so ganz ohne Anstrengung will ich das Projekt nicht aufgeben. Die Hoffnung lebt – noch. Inzwischen ist das Projekt auf ein, zwei Sonntagnachmittage im Monat begrenzt.

Etwas besser sind die Erfolgsaussichten beim Erlernen einer neuen Sprache. Ich und Spanisch – wir nähern uns vorsichtig bereits seit einem Jahr einander an. Man kann es durchaus mit einer schwierigen Beziehung vergleichen. Für 2018 ist der Durchbruch geplant. Mal sehen, sagt mein pessimistisches Selbst. Der unverbesserliche Optimist in mir hält dagegen und bisher noch die Oberhand. Immerhin, das erhöhte Lernpensum habe ich seit Silvester durchgezogen. Gleichzeitig dräut die Erkenntnis herauf, dass es mit einer Samrtphone-App allein nicht getan ist. Ein Spanien-Urlaub erscheint da als hilfreiche Motivation, Lernhilfe und Ziel. Projektstatus: Das muss noch verhandelt werden, in der Zwischenzeit wird das Spanischlernen auf niedrigem Level fortgeführt.

Ein schwieriges Kapitel ist der Überhang in der Kletterhalle. Dh,  der Überhang wird mich auch die kommenden zwölf Monate locken. Die Motivation für das zusätzliche Training, um diesen auch zu bewältigen, ist allerdings verpufft. Samstagmorgen ist einfach ein Hund. Projektstatus: Das Projekt hängt in den Seilen. Das ist in diesem Fall durchaus wörtlich zu nehmen.

Bleiben die weniger ehrgeizigen Vorsätze und Wünsche, wie die kleinen Erfolge mehr zu würdigen und die eigene Freizeit bewusster zu genießen. Dieser Vorsatz bleibt ein ewiger Kampf und die Erkenntnis, dass man sich oft selbst im Weg steht. Zu oft treibt man sich selbst an, um seinen Ehrgeiz zu befriedigen. Das heißt für mich nicht, dass ich mir keine Ziele mehr setzen werde – ehrgeizige, unrealistische oder einfach nur verwegene – aber es heißt, für mich zumindest, auch hin und wieder inne zu halten, über das Erreichte nachzudenken und die eigenen Erfolge auch entsprechend zu würdigen. Da drängt sich dann oft das Aha-Erlebnis auf, dass man doch einiges erreicht hat. Neujahrsvorsätze hin oder her.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen guten Start ins neue Jahr und dass Sie nicht nur ihre Ziele erreichen, sondern dass sie ihre Erfolge auch angemessen genießen können.