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Donnerstag, 2. Mai 2024
Österreich-Start von Amazon: Hintergrund-Kommentar E&W 10/2018

Nicht zu Tode fürchten

Hintergrund | Dominik Schebach | 14.10.2018 | |  Archiv
Amazon hat seinen Standort in Wien eröffnet. (Symbolfoto/Amazon) Amazon hat seinen Standort in Wien eröffnet. (Symbolfoto/Amazon)

Unmittelbar vor der Abgabe dieser Ausgabe war es offiziell. Nach Monaten des Schweigens hat Amazon seine Präsenz im Raum Wien bestätigt (siehe Beitrag). Gemeinsam mit sieben Lieferdiensten bedient seither der Online-Riese seine Kunden im Großraum Wien zT direkt. Abgesehen davon, dass Großraum Wien natürlich ein dehnbarer Begriff ist, muss man sich allerdings fragen, ob das alles war. Wie lange wird sich der Konzern mit einem knapp 10.000 Quadratmeter großen Verteilerzentrum ohne Lagerfunktion zufrieden geben?

Wird der Standort in den kommenden Monaten und Jahren Schritt für Schritt erweitert oder bleibt die Niederlassung in Großebersdorf wirklich nur ein vorgeschobener Brückenkopf nahe einem der am schnellsten wachsenden Ballungsräume Mitteleuropas? Für die Lieferpartner sieht Amazon selbst schon einmal eine klare Wachstumsperspektive, weswegen ich persönlich davon ausgehe, dass der Online-Gigant durchaus noch mehr in Österreich vor hat.

Wir sollten uns allerdings nicht den Kopf für Amazon zerbrechen, sondern eher überlegen, wo der heimische Handel seine Stärken zum Tragen bringen kann. Ein erklärtes Ziel des Online-Händlers ist es ja, mit dem Schritt nach Wien seinen Kunden ein schnelleres und besseres Service anzubieten. Das betrifft natürlich den heimischen Handel unmittelbar. Aber wir dürfen nicht vergessen, mehr als vier Fünftel aller Umsätze werden noch immer im stationären Handel erwirtschaftet. Das heißt, dass der Handel im Dienstleistungswettbewerb keine so schlechten Karten hat. Denn der Handel kennt natürlich seine Kunden und kann sehr genau auf deren Wünsche und Bedürfnisse eingehen. Deswegen glaube ich, dass man sich nach der Ankunft von Amazon vor den Toren Wiens nicht zu Tode fürchten sollte. (Man sollte allerdings auch keine allzu großen Hoffnungen hegen, dass nun der Onliner auch vollkommen in der heimischen Steuern- und Abgabenordnung angekommen sei.)

Wir sollten die Ankunft von Amazon vielmehr als einen Weckruf verstehen um jetzt nochmals einen kritischen Blick auf das eigene Geschäft zu werfen und die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um die Wettbewerbsfähigkeit des heimschen Handels gezielt zu stärken. Dazu gehört neben Beratung, Service und der Präsentation am POS auch, dass die Basis für den Handel stimmen muss – und das umfasst nun einmal auch ein preislich attraktives Angebot. Hier muss der Fachhandel zumindest in der Nähe des Online-Riesen liegen. Die Alternative sind speziell auf den Fachhandel ausgerichtete Angebote mit marktkonformen Preisen. Auch deswegen fand ich die Premiere der Elektrofachhandelstage in Linz so interessant. Konnte man doch dort von den Industriepartner mehrere vielversprechende Ansätze sehen, mit denen dem Handel ein besseres Geschäft ermöglicht werden soll. Das ist ermutigend. Andererseits sollte es auch im Interesse der heimischen Niederlassungen sein, dass der stationäre Fachhandel als Gegengewicht zu den internationalen Online-Händlern bestehen bleibt.

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