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Dienstag, 2. Juli 2024
Früher war manches gut

Alt und immer älter…

Hintergrund | Wolfgang Schalko | 23.02.2020 | |  
Der Teletext begleitet das heimische TV-Publikum seit 1980. Der Teletext begleitet das heimische TV-Publikum seit 1980. (© ORF) Der Teletext ist 40. Ich seit gestern auch. Ans Älterwerden und dessen Folgen wurde ich aber nicht beim Blick auf den Fernsehschirm erinnert, sondern bei einem Kabarettbesuch. Und einem der immer schwieriger werdenden Versuch, Kinderspielzeug von seiner Verpackung zu befreien.

Keine Sorge, das hier wird kein wehmütiges Schwelgen in Erinnerungen. Aber mit den Worten des famosen Kleinkünstlers und Sprachakrobaten Jochen Malsheimer im Hinterkopf – „Früher war nicht alles besser, aber es gab Dinge, die waren gut…” – betrachte ich einen „Falter”-Artikel, der dem 40. Geburtstag des Teletext gewidmet war, plötzlich aus einer anderen Perspektive. Jener grafisch eigentlich potthässliche Dienst, der sein Dasein bloß einer Schwäche der analogen Fernsehtechnik verdankt (der sog. Austastlücke beim Sprung des Elektronenstrahls zurück zum Anfangspunkt), ist immer noch fixer Bestandteil jeder TV-Ausstattung. In Österreich wird der Teletext seit 21. Jänner 1980 ausgestrahlt und heute von einer Million Zuseher pro Woche gelesen. Dass diese für damalige Verhältnisse höchst innovative Form der Nachrichtenübermittlung Erfolg hatte, leuchtet ja noch ein, aber angesichts des schier unendlichen und jederzeit konsumierbaren Informationsangebots im digitalen Zeitalter ist die immer noch andauernde Erfolgsstory jedoch höchst erstaunlich – und auch wieder nicht, wie etwa die Leiterin des ARD Teletext, Frauke Langguth, erklärt: „Es ist kein Aufregungsmedium. Das ist wieder ein Wert geworden.”

Womit die Frau völlig Recht hat, wie ich meine – und so betrachtet ist der Teletext (immer noch) gut. Einziger Wermutstropfen: Jedes Mal, wenn ich nun die Teletext-Taste auf der Fernbedienung drücke, werde ich unwillkürlich daran erinnert, dass ich gerade einmal einen Monat und einen Tag jünger bin als das unansehnliche Pixelwerk. Womit wir beim Stichwort Alter wären: Auch das Spielzeug meiner Kinder führt mir mit einer gewissen Regelmäßigkeit vor Augen, dass man in mancherlei Hinsicht eventuell schön langsam in die Jahre kommen könnte… Am deutlichsten zeigt sich das aber nicht etwa bei der unbeholfenen oder zweckentfremdeten Verwendung des Spielgeräts, sondern zumeist schon beim Versuch, dieses bzw Teile davon auszupacken. Ein Problem, das übrigens bei einer ganzen Reihe von Produkten des täglichen Bedarfs auftritt – gemäß meiner Beobachtung vorzugsweise bei solchen, die man schnell in einsatzbereiter Form brauchen würde, wie zB Leuchtmittel…

Zum Glück (?) stehe ich damit offenbar nicht alleine dar. Ganz im Gegenteil: Wie ich kürzlich in einem Beitrag auf orf.at lesen durfte: Zu den größten Hürden zwischen Kauf eines Produkts und dessen Verwendung gehört etwa die Blisterverpackung, eine durchsichtige Plastikverpackung, in der das Produkt meist eingeschweißt ist. Sie wird für Elektronik ebenso benutzt wie für Arzneimittel, Spielwaren und Nahrung. Diese Verpackung hat alles, was sich ein Hersteller wünscht: Sie ist leicht, nicht allzu teuer in der Produktion, schützt den Artikel, ist hygienisch und bietet auch noch Werbefläche. Für die Käuferin und den Käufer bedeutet die Verpackung aber oft Ärger, weil sie ohne Schere, Dosenöffner oder schweres Gerät aus dem Baumarkt kaum zu öffnen sind.

Demnach hatte die Technische Universität Chemnitz bereits im Jahr 2011 eine Studie durchgeführt, wie es um die Benutzerunfreundlichkeit von Verpackungen im Alltag bestellt ist. Die Forscher kamen zur Erkenntnis, dass sowohl junge als auch ältere Probanden Probleme damit hatten, handelsübliche Verkaufsverpackungen zu öffnen. „Insbesondere, weil wir gesagt haben, jede Verpackung muss ohne Hilfsmittel zu öffnen sein. Hier war es einigen Probanden sehr schwierig den Öffnungsmechanismus zu finden, sofern überhaupt einer da war“, so damals der Wissenschaftler Christian Hentschel dazu. „Auch die jüngeren Probanden hatten Probleme, die Verpackungen zu öffnen. Sie hatten am Ende im Vergleich zu den Älteren eine höhere Erfolgsquote, was das Öffnen angeht, sie haben dann aber auch länger dafür gebraucht.“

Dass der Test auch zeigte, dass sich manche Verpackungen ohne Hilfsmittel gar nicht öffnen ließen, sei hier nur noch der Form halber erwähnt, denn wirklich stutzig machte mich die „Erfolgsquote beim Öffnen”. Die bitte was?? Was mich zunächst nur heftig den Kopf schütteln ließ, birgt für findige Kaufleute vielleicht enormes Geschäftspotenzial – wenn zB bei den Kundenrezensionen steht, dass bisher 98,4% aller Käufer dieses Produkt verletzungsfrei öffnen konnten. Apropos: Wo ist eigentlich der VKI, wenn man ihn einmal braucht?

Wenn ich mich recht entsinne, waren die Verpackungen in meiner Kindheit eher unscheinbar und schlicht, aber eigentlich ganz gut. Die Blisterverpackung trifft halt eher den Zeitgeist – ein echtes Aufregungsmedium…

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