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Freitag, 10. Mai 2024
Streit um Rücknahme von Elektroschrott

DUH gewinnt gegen Saturn und Cyberport

Hintergrund | Stefanie Bruckbauer | 20.04.2020 | |  Unter der Lupe
Die Deutsche Umwelthilfe gewinnt im Streit um die Rücknahme von Elektroschrott. (Bild: Tim Reckmann/ pixelio.de) Die Deutsche Umwelthilfe gewinnt im Streit um die Rücknahme von Elektroschrott. (Bild: Tim Reckmann/ pixelio.de) Auch bei unseren Nachbarn in Deutschland gilt seit 2016 ein Elektro- und Elektronikgerätegesetz, mit dessen Hilfe der Elektroschrott minimiert werden soll. Elektrohändler – stationär wie online – sind demnach dazu verpflichtet, Altgeräte zurückzunehmen. Gegen Cyberport und Saturn musste die Deutsche Umwelthilfe (DUH) nun gerichtlich vorgehen – und bekam vorerst recht.

Während der Corona-Krise bestellen viele deutsche Verbraucher Elektrogeräte im Internet, wie die Deutsche Umwelthilfe feststellt. Damit ausgediente Elektroaltgeräte nicht im Hausmüll oder in der Umwelt landen, ist der Onlinehandel auch in Deutschland gesetzlich verpflichtet, diese „praxistauglich und kostenfrei“ zurückzunehmen. Dennoch musste die Deutsche Umwelthilfe durch Klagen vor dem Landgericht Dresden gegen die Cyberport GmbH (AZ 44 HK O 147/18) und vor dem Landgericht Ingolstadt gegen die Saturn Online GmbH (AZ 2 HK O 1582/18) dieses Recht durchsetzen. Demnach müssen die genannten Unternehmen auch alte, ausgediente Energiesparlampen von Verbrauchern kostenfrei zurücknehmen und sie über diese Rückgabemöglichkeit informieren. „Die Entscheidung der Gerichte stärkt die Rechte von Verbrauchern bei der Rückgabe von Elektroschrott“, sagt die DUH, die auch von anderen Onlinehändlern „umfassende Verbraucherinformationen“ und eine „unkomplizierte Rücknahme von Elektroaltgeräten an stationären Sammelstellen“ fordert.

„Elektroschrott enthält oft giftige Schwermetalle und andere Schadstoffe. Trotzdem landet jedes zweite Altgerät unzulässig im Hausmüll, wird illegal verwertet oder exportiert. So werden Ressourcen verschwendet, Schadstoffe freigesetzt und die Gesundheit der Verbraucher gefährdet. Deshalb ist es besonders wichtig, dass Onlinehändler, die immer mehr Elektrogeräte in Verkehr bringen, Verbrauchern eine kostenfreie und stationäre Rücknahme ausgedienter Produkte auch tatsächlich ermöglichen, wie es das Elektrogesetz vorschreibt. Es kann nicht sein, dass gesetzliche Rücknahmepflichten eingeklagt werden müssen. Jetzt kommt es darauf an, dass nicht nur Saturn und Cyberport die Rücknahme von Altlampen für Verbraucher möglichst einfach und umweltgerecht umsetzen, sondern alle Onlinehändler, die Elektrogeräte verkaufen“, sagt die Stellvertretende DUH-Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz.

Immer wieder erhebliche Probleme

Tests der DUH zeigen immer wieder erhebliche Probleme bei der Rücknahme von Elektroaltgeräten im Onlinehandel, aber auch in stationären Baumarktfilialen, Kaufhäusern und Elektromärkten. Der Umwelt- und Verbraucherschutzverband fordert deshalb die zuständigen Landesbehörden auf, nicht länger wegzuschauen, sondern die Rücknahme von Elektroschrott im Handel endlich wirksam zu kontrollieren und Verstöße zu sanktionieren. „Solange die Behörden untätig bleiben, wird die DUH die ordnungsgemäße Rücknahme von Elektroschrott weiter überprüfen“, kündigt der Verband an.

Rechtsanwalt Roland Demleitner, der die DUH in der rechtlichen Auseinandersetzung mit Cyberport und Saturn Online vertrat, betont die Bedeutung der Urteile für den Verbraucherschutz: „Mit dem Urteil des Landgerichts Ingolstadt vom 21. Februar 2020 sowie dem Anerkenntnisurteil des Landgerichts Dresden vom 5. Dezember 2019 wurden nunmehr zwei weitere bedeutende Elektrofachhändler zur Einhaltung der Rücknahmepflichten nach dem Elektrogesetz verurteilt. Die Gerichte bestätigen damit, dass es sich bei dieser Rücknahmepflicht um eine wettbewerbsrelevante Marktverhaltensregelung handelt, die dem Schutz der Verbraucher dient.“ Das Urteil des Landgerichts Ingolstadt ist noch nicht rechtskräftig. Saturn Online habe beim Oberlandesgericht München Berufung eingelegt, die die DUH berichtet.

„Es ist erschreckend, dass selbst große Elektrohändler wie Saturn und Cyberport Verbraucher auf schadstoffhaltigem Elektroschrott sitzen lassen. Für Altgeräte und gerade auch quecksilberhaltige Altlampen sollten Onlinehändler flächendeckend stationäre Rückgabestellen anbieten und von einem Paketversand absehen. Während nahezu alle Paketdienstleister den Versand von Elektroschrott zur Entsorgung ausschließen und transparent machen, verhält sich die Deutsche Post hochproblematisch. Indem sie nicht verständlich darüber informiert, wann schadstoffhaltiger oder leicht entflammbarer Elektroschrott vom Versand ausgeschlossen ist, wird die Gesundheit der Absender, Paketboten und Empfänger gefährdet. Die Deutsche Post muss dringend klarstellen, dass beschädigte Lithium-Ionen-Batterien, quecksilberhaltige Altlampen oder bruchgefährdete Altgeräte nicht in ein Paket gehören„, kritisiert der Stellvertretende Leiter des Bereichs Kreislaufwirtschaft bei der DUH, Philipp Sommer.

Die Deutsche Umwelthilfe stellt fest: „Durch besonders langwierige Kommunikation mit dem Kundenservice oder umständliches Verpacken der Geräte für den Paketversand erschweren Onlinehändler Verbrauchern gezielt die Rückgabe von Elektroschrott, entziehen sich ihrer gesetzlichen Rücknahmeverantwortung und riskieren Gefährdungen beim Versand schadstoffhaltiger Elektroaltgeräte!“

Hintergrund

Die DUH erläutert die Hitergründe zu obigen Urteilen: „Im Fall der Cyberport GmbH wurden Verbraucher, die ausgediente Elektroaltgeräte zurückgeben wollten, auf die Rückgabe in den deutschlandweit 17 stationären Cyberport-Filialen hingewiesen oder sollten den Kundenservice kontaktieren. Bei Tests der DUH mit alten Energiesparlampen verwies der Kundenservice jedoch auf Abgabestellen von Wettbewerbern oder verlangte, die Altgeräte zunächst auf eigene Kosten in die österreichische Hauptstadt Wien zu senden. Das Landgericht Dresden stellte fest, dass dies den Rücknahmepflichten nach dem Elektro- und Elektronikgerätegesetz (ElektroG) widersprach und verurteilte Cyberport dazu, geeignete Rücknahmemöglichkeiten für Altlampen in zumutbarer Entfernung zum Endverbraucher unentgeltlich bereit zu stellen.“

Zum Fall mit Saturn berichtet die DUH: „Im Fall der Saturn Online GmbH sollten Verbraucher zur Rückgabe ausgedienter Elektrogeräte entweder die stationären Media Markt- und Saturn-Märkte oder ein DHL-Retourenlabel für den Paketversand nutzen. Für die Rückgabe in den Filialen hätten Verbraucher häufig jedoch mehr als 50 Kilometer Fahrtweg zurücklegen müssen, was nicht zumutbar ist. Zudem war die Paketrückgabe über DHL nach deren Transportrichtlinien für Beleuchtungskörper, die gefährliche Stoffe enthalten, unzulässig. Daher verurteilte das Landgericht Ingolstadt die Saturn Online GmbH dazu, für alte Beleuchtungskörper mit gefährlichen Stoffen zukünftig geeignete Rücknahmemöglichkeiten in zumutbarer Entfernung zum jeweiligen Endverbraucher zu schaffen.“

Das Elektro- und Elektronikgerätegesetz in Deutschland

Seit 24. Juli 2016 können Verbraucher alte Elektrokleingeräte bis 25 cm kostenlos bei Händlern zurückgeben, die Elektrogeräte auf einer Fläche von mindestens 400 Quadratmetern verkaufen – bei Onlinehändlern gilt die Versand- und Lagerfläche. Die kostenlose Rückgabe von Altgeräten größer als 25 cm ist beim Kauf eines ähnlichen Neugeräts möglich. „Mit einer Rücknahmemenge von 101.943 Tonnen im Jahr 2018 leistet der Handel bisher nur einen geringen Beitrag zur Sammlung von Elektroschrott“, so die DUH, laut der in Deutschland etwa 1,8 Millionen Tonnen Elektroschrott pro Jahr insgesamt anfallen. „Mit einer Sammelmenge von 836.907 Tonnen Elektroaltgeräten erreichte Deutschland in 2017 eine Sammelquote von nur 45,08%. Deutschland wird nach Einschätzung der DUH damit die für 2019 festgelegte, verpflichtende EU-Sammelquote von 65% massiv verfehlen. Die Daten für 2019 werden mit Zeitverzug im Laufe des Jahres 2020 veröffentlicht“, so die Deutsche Umwelthilfe abschließend.

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