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Donnerstag, 9. Mai 2024
Editor's Choice„Die Gründe liegen zum größten Teil im veränderten Kundenverhalten“

Insolvenzen verändern Österreichs Handelslandschaft

Hintergrund | Stefanie Bruckbauer | 10.08.2023 | | 3  Unter der Lupe
Der Verkaufsflächenverlust in Quadratmetern pro Jahr. Der Verkaufsflächenverlust in Quadratmetern pro Jahr. Eine aktuelle RegioPlan Analyse zeigt: Insolvenzen verändern Österreichs Handelslandschaft. Durch Insolvenz, Rückzug der Unternehmen aus Österreich oder einfach nur Filialreduktion stehen aktuell mindestens 550.000 m² Verkaufsfläche zur Disposition. Vor allem in mittelgroßen und kleineren Städten komme es dadurch oft zu wesentlichen Veränderungen im Handelsangebot und Leerständen.

Durch die Insolvenz und die erfolgten bzw. geplanten Schließungen ist der größte Brocken mit aktuell etwa 300.000 m² Verkaufsfläche die Kika/Leiner-Gruppe, wobei auch die verbliebenen Standorte aus heutigerRegioPlan- Sicht „keineswegs sicher“ scheinen. Dazu kommen durch den Rückzug von XXL-Sport 33.000 m², Salamander und Delka 14.000 m², Reno 14.000 m², Gerry Weber, Hallhuber und Tally Weijl mit insgesamt 14.000 m². Auch bei Forstinger scheinen nach der weiteren Insolvenz nicht mehr alle Standorte mit etwa 50.000 m² sicher, die Reduktion um ca. 5.000 m² ist jedoch bereits fixiert. Dazu kommen viele kleinere Filialisten wie etwa Gamestop, Cherry, Dominici, Sergent Major oder Northland plus alle nicht-filialisierten Händler, die in naher Zukunft Verkaufsflächen abbauen. „Insgesamt ergibt das weit über 550.000 m² oder knapp 4 % der gesamten Verkaufsfläche in Österreich. Rechnet man den weitgehend stabilen Lebensmittelhandel heraus, sind es gar über 5 %“, sagt RegioPlan.

Flächenrückgang hält schon lange an

Nicht nur die aktuellen Insolvenzen und Rückzüge aus der Fläche würden den österreichischen Einzelhandel verändern, denn dieser Trend bestehe schon seit zehn Jahren – „völlig unabhängig von Corona und Teuerung“, sagt RegioPlan und: „Selbst große Unternehmen wie H&M, C&A, Zara, Douglas oder Marionnaud reduzieren ihre Flächen seit Jahren oder ziehen sich völlig aus der Fläche zurück wie etwa CCC, Yves Rocher oder Conrad.“

Neue Konzepte sind kein Ersatz

Die Expansion vor allem der Non-Food-Diskonter wie Action, PepCo, Tedi, NKD oder Kik könne diese frei werdenden Flächen bei weitem nicht auffüllen, ebenso wenig wie Gastronomie. Auch neue Konzepte, die in Österreich auf den Markt kommen, eröffnen meist nur wenige oder gar nur einen Standort – RegioPlan führt hier die Beispiele Wiener Innenstadt und Shopping City Süd in Vösendorf an.

Die Gründe liegen im Kundenverhalten

Die Gründe für diese Entwicklung liegen laut RegioPlan aber nicht – wie so oft vermutet – in den Nachwirkungen von Corona oder der Teuerung, sondern zum größten Teil im veränderten Kundenverhalten, das sich in zwei Ausprägungen zeige: „Erstens, die langfristig steigenden Onlineanteile und zweitens die latente Kaufzurückhaltung immer größer werdender Kundenschichten.“

Die Ursache dieser Kaufzurückhaltung ortet RegioPlan in einem gesellschaftlichen Wertewandel: „Weniger zusätzliche Dinge kaufen (Stichworte: Fast Fashion, Umweltbewusstsein), stattdessen mehr Genuss (Stichworte: Freizeit, Gastro, Urlaub, Entertainment) – und zusätzlich steigen langfristig die Onlineanteile. Die Umsatzpotenziale für den klassischen Handel werden damit geringer und wenn dann für die Händler auch noch steigende Kosten durch die Mieten, Energie, Personal, Inflation sowie weitere Positionen hinzukommen, müssen Standorte geschlossen werden.“

Handelszonen unter Druck: Innenstädte haben die viel besseren Karten

RegioPlan sagt: „Die freiwerdenden Handelsflächen setzen sowohl die gewachsenen, als auch die synthetischen Handelszonen gehörig unter Druck. In Summe gesehen werden die aktuellen und künftigen Flächenschließungen die Leerstandsquote von derzeit 5 % auf 10 % erhöhen. Am stärksten betroffen werden dabei die kleineren Innenstädte und kleine Shopping Malls sein. Die Innenstädte haben dabei noch die viel besseren Karten: Durch Umnutzungen, Gestaltung und Verkehrsmaßnahmen kann die Attraktivität wieder gesteigert werden.“

Wissenstransfer ist dringend notwendig

Das Wissen über die geeigneten Strategien und Maßnahmen für wankende Innenstädte sei gerade für die Gestalter der Innenstädte ein wichtiger Faktor. RegioPlan Consulting hat deswegen mit der Citytagung eine geeignete Plattform geschaffen, die in ihrer 4. Auflage am 27.9.2023 in Wien stattfinden wird, und Perspektiven, Lösungen und Visionen beleuchtet.

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Kommentare (3)

  1. Noch sind die Auftragsbücher voll! Mal sehen, wie das ein einem Jahr aussieht, nachdem derzeit bis zu 80 Prozent der Häuslbauerkredite abgelehnt werden, die Baubranche 50 Prozent und mehr Einbrüche vermeldet und das Baunebengewerbe schon nach neuen Geschäftsfeldern Ausschau hält. Leicht vorstellbar, dass mit 2024 bei Küchen, Home Automation, Beleuchtung, Unterhaltungselektronik und privaten PV-Anlagen die Luft draußen ist. Wer bis dahin keine neuen Strategien hat, wird dann sehr schnell das Handtuch werfen müssen. Die Zeiten, in denen die Kunden kommen, wenn sie was brauchen, sind dann endgültig vorbei.

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  2. Selbst die Herstellerdrängen auf Direktverkauf, nicht umsonst machen die so viel Aktionen über Registrierungen.
    Da der stationäre Handel ja nicht alles haben kann, doch der Online Handel schon wird auch immer mehr Online bestellt.
    Bleiben eigentlich nur mehr die verschiedensten Serviceleistungen, wobei die Fachleute meist mit den schließenden Geschäften auch weniger werden.

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