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Samstag, 7. Dezember 2024
Kommentar E&W 9-23

Ein Widerspruch

Über den Rand | Stefanie Bruckbauer | 10.09.2023 | |  
Bild: Wertgarantie) Bild: Wertgarantie) Es grünt so grün: Auf der diesjährigen IFA wurde man überall mit Nachhaltigkeit konfrontiert - eines der Top-Themen unserer Zeit, zu dem positiv behaftete Aspekte wie Langlebig- sowie Reparierbarkeit, aber auch negativ behaftete, wie der stetig wachsende Elektroschrottberg, zählen. Zeitgleich wurden auf der IFA die neuesten Generationen von Consumer Electronics präsentiert und Lust aufs Kaufen gemacht. Aber: Passt das zusammen?

Und schon ist sie wieder vorbei – die IFA. Eines der wichtigsten Schlagwörter heuer war „Nachhaltigkeit“ – sichtlich kein Thema, das in die Jahre kommt, ganz im Gegenteil. Die neueste Gerätegeneration besteht aus wiederverwertbaren Materialien, energie- und ressourcensparende Technologien sind wichtiger denn je und die Produktion hochwertiger Geräte folgt dem Gedanken der Kreislaufwirtschaft.

All das hat einen Grund, denn Nachhaltigkeit steht bei den Kaufentscheidungen mittlerweile ganz weit oben – wenn nicht sogar zu oberst. Nicht nur, weil man sein Gewissen beruhigen und glauben kann, damit zumindest ein Stück weit zur Rettung des Planeten beizutragen, sondern auch weil durch die Einsparung von Energie und anderen Ressourcen das pandemie-, kriegs- und inflationsgebeutelte Geldbörsel geschont wird.

Auf der diesjährigen IFA gab es Nachhaltigkeit, wohin man blickte. Dabei blieb es nicht „bloß“ bei energieeffizienten, ressourcenschonenden und klimafreundlich hergestellten Geräteneuheiten. Man sah mit Moos bewachsene Wände, Efeu, der von Betondecken baumelte, ganze Bäume, die als Dekoration bzw. „Grünanstrich“ dienten, und Messestände, die nach ihrem Einsatz angeblich komplett recycelt werden können. Der Veranstalter der IFA widmete dem Thema Nachhaltigkeit sogar ein ganzes „Dorf“ (eigentlich eine Halle). Dort gab es sogar eine Werkstatt, wo die Messebesucher ihre defekten Elektrokleingeräte reparieren lassen konnten. Und in dieser sogenannten „Sustainability Village“ stand auch der „Wertgigant“, ein meterhoher Hüne aus Computern, Tastaturen, Displays und anderem Elektroschrott, der den teils unreflektierten Konsum unserer Kaufrauschgesellschaft veranschaulichen und an den daraus resultierenden stetig wachsenden Elektroschrottberg erinnern soll. Konsumkritik steht ja normalerweise nicht auf dem Programm der weltgrößten Messe für Hausgeräte und Unterhaltungselektronik. Die IFA soll die Öffentlichkeit und den Handel viel mehr auf das Weihnachtsgeschäft einstimmen und anregen zum Kaufen, Kaufen, Kaufen …

Es ist schon irgendwie skurril. Da können Verbraucher ihre alten, defekten Geräte reparieren lassen während zeitgleich die neuesten Kühlschränke, Smartphones und Mikrowellen angepriesen werden (sowie Produkte – vorwiegend in der China-Halle – die meiner Meinung nach schon von Beginn an für den Schrotthaufen prädestiniert sind. So z.B. ein 55 Zoll großer  Fernseher mit einem transparenten (!) OLED-Screen. Man kann also während dem TV-Konsum auch dauernd die Wand hinter dem Bildschirm sehen, was technisch ja ganz interessant sein mag – aber wo liegt der Nutzen? Wenn ich die Wand sehen will, brauche ich keinen Fernseher davor stellen.)

Diesen Widerspruch zwischen Weihnachtsgeschäft und Nachhaltigkeit kann die IFA nicht auflösen. Jahr für Jahr präsentieren die Hersteller immer neue Produkte und Produktkategorien und natürlich sollen die Verbraucher zum Kauf verlockt werden (gerade zur Zeit wäre das so wichtig für die Branche, die seit dem Ende der Pandemie mit kontinuierlich sinkenden Umsätzen konfrontiert ist). Parallel dazu wächst der Elektroschrottberg aber weiter und weiter, und da nützt es auch nicht viel, wenn die IFA bei der ersten digitalen Baumpflanzungsplattform Treedom einen Wald mit 5000 Bäumen pflanzen ließ.

 

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