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Samstag, 27. April 2024
Interview mit go-e Geschäftsführerin Susanne Palli

„Es gibt ein riesiges Potenzial”

Elektromobilität | Wolfgang Schalko | 21.12.2023 | |  Menschen, Wissen
go-e Geschäftsführerin Susanne Palli beschreibt den Markt für Ladeinfrastruktur 2023 als äußerst umkämpft – dennoch ortet sie noch „riesiges Potenzial”, an dem man entsprechenden Erweiterungen des Sortiments partizipieren will. go-e Geschäftsführerin Susanne Palli beschreibt den Markt für Ladeinfrastruktur 2023 als äußerst umkämpft – dennoch ortet sie noch „riesiges Potenzial”, an dem man entsprechenden Erweiterungen des Sortiments partizipieren will. „Wir haben in den letzten Jahren sehr viel gelernt”, sagt GF Susanne Palli, die seit den Anfangszeiten bei go-e mit an Bord ist und die kontiniuierliche Weiterentwicklung hard- und softwareseitig hautnah miterlebt hat – bis zum heutigen Qualitätsprodukt, das sich über die Grenzen Europas hinaus auf Siegeszug begeben hat. Im Gespräch mit elektro.at erläutert sie die aktuellen Entwicklungen beim Kärntner Ladelösungsspezialisten, die nächsten Schritte sowie die wesentlichen Faktoren für den Erfolg der E-Mobilität im Allgemeinen und go-e im Speziellen.

Einen entscheidenden Faktor für die Erfolgsgeschichte von go-e schickt Susanne Palli gleich voraus: „Made in Austria”. Wie die Geschäftsführerin erklärt, versuche man wo immer möglich mit nationalen bzw. zumindest europäischen Liefranten zusammenzuarbeiten. Die dadurch etwas höheren Stückkosten spare man sich beim Transport und auch durch die extrem niedrige Reparaturquote – oder anders gesagt: den Qualitätsunterschied.

E&W: Wie hat sich der E-Mobilitätssektor 2023 entwickelt? Und wie go-e?

Susanne Palli: Die Neuzulassungen an E-Autos sind in fast allen Ländern in Europa gestiegen, aber nicht in dem Ausmaß, in dem es die Forecasts durchwegs vorausgesagt hatten. Die Hersteller hatten also durch die Bank mit viel höheren Mengen gerechnet und der Auftragsbestand ist einfach hinter den sehr hohen Erwartungen zurückgeblieben. Gleichzeitig sind sehr viele Mitbewerber dazu gekommen, d.h. es gibt immer mehr Wallboxen-Hersteller am europäischen Markt, sodass sich dieser speziell in den letzten beiden Jahren zu einem richtigen Verdrängungsmarkt entwickelt hat und der Preiskampf war gerade heuer sehr deutlich sichtbar.

Inwieweit kann bzw. muss man hier zwischen dem privaten und dem kommerziellen Bereich unterscheiden?

Der gewerbliche Bereich war nach wie vor gut, schwierig war das Business heuer tatsächlich im privaten Sektor – und für diesen wird unser Produkt hauptsächlich verkauft. Wir arbeiten für die Zukunft aber an entsprechenden Ergänzungen des Sortiments und haben heuer auf die Entwicklung reagiert, indem wir bei den Mitarbeitern einen Shift vollzogen haben und einige von der Produktion in den Sales-Bereich gewechselt sind. Es sind ja auch neue Vertriebswege und neue Länder dazugekommen.

Das Thema E-Mobilität wird zunehmend komplexer und umfasst heute nicht nur die Installation einer Wallbox, sondern auch Aspekte wie Energiemanagement. Wie geht go-e mit dieser Entwicklung um?

2022 erhielt Susanne Palli als erste Preisträgerin den Carinthiacus Award in der Kategorie „National” für besondere Leistungen für das Land Kärnten, den sie hier stolz präsentiert. Heuer durfte sich go-e über die Nominierung für den Kärntner Exportpreis freuen und wurde außerdem mit dem Kärntner Wirtschaftspreis „Primus 2023” in der Kategorie „Innovation” ausgezeichnet.

Wir haben im April dieses Jahres den go-e Controller gelauncht, der unter anderem dynamisches Lastmanagement zulässt, aber auch das Laden über die PV-Anlage. Da wir noch keine Erfahrungen mit dieser Thematik hatten war es zunächst schwierig für uns, Stückzahlen einzuschätzen. Mittlerweile wissen wir, dass ca. 30% – also fast jeder dritte Kunde – zusätzlich zum Charger auch einen Controller kaufen. Das bedeutet, dass ein Drittel der Kunden damit auch über die PV-Anlage lädt bzw. für diese dynamisches Last-Management sehr wichtig ist. Drüber hinaus haben wir in unsere App rund 1.400 flexible Strompreis-Tarife für 14 europäische Länder eingebunden, sodass auch auf diesem Weg optimiert geladen wird.

go-e erweitert laufend sein Angebotsspektrum. Neben Lösungen für Privatanwender wären Firmenflotten oder Schnellladen doch gefragte Einsatzszenarien, oder?

Ich glaube, dass beides – privates und öffentliches Laden – weiterhin eine Rolle spielen wird. Aber in unserem Markt herrscht eine extreme Schnelllebigkeit und die Intensität, wie schnell immer wieder weiterentwickelt werden muss, um up-to-date zu bleiben, ist enorm hoch. Deswegen investieren wir praktisch alles, was wir erwirtschaften, am Ende wieder in die Entwicklung. Konkret werden wir 2024 zwei neue Produkte launchen: einen Charger mit LTE-Funktion (ab März 2024) sowie einen Charger mit MID und Eichrecht für den halböffentlichen Bereich (ab Sommer/Herbst 2024). Daneben arbeiten wir laufend an der Weiterentwicklung unserer App: Hier wird es Anfang 2024 einen App-Relaunch geben, durch den sich unsere Charger noch userfreundlicher nutzen lassen. In Richtung Schnellladen und bidirektionales Laden laufen ebenfalls Projekte in Entwicklung – denn gerade vom bidirektionalen Laden spricht heute jeder, dabei fehlt noch viel an Regularien und entscheidend ist schlussendlich ja, ob das E-Auto diese Technologie überhaupt beherrscht.

Um Europas führender Anbieter für E-Mobilität zu werden, muss go-e expandieren. Wie läuft die Erschließung neuer Märkte?

Wir haben ein sehr internationales Team, mit knapp über 100 Leuten und fast 30 Nationalitäten. Neben unserem Stammsitz in Feldkirchen und einer Zweigniederlassung in Berlin, wo der Hauptteil der Entwicklung passiert, sowie einem Entwicklungsbüro in Graz sind wir in ca. 20 Ländern, vorwiegend in Europa, vertreten. Vom Umsatzvolumen her liegt Deutschland an der Spitze, gefolgt von Österreich, der Türkei und Finnland. Wir expandieren also in mehrere Richtungen, wobei sich der Markt in der Türkei erst in den letzten paar Monaten so rasant entwickelt hat. Im Juni dieses Jahres haben wir ein Büro in Stockholm eröffnet, mit dem wir die nordischen Märkte adressieren. Von dort aus wollen wir z.B. auch im Auge behalten, wie sich der norwegische Markt entwickelt – was dort wichtig ist, welche Player dort groß werden und wie auf diesem entwickelten Markt agiert wird. Denn wir können uns gut vorstellen, dass sich einige andere europäische Märkte am Beispiel Norwegen orientieren. Perspektivisch lautet unser Ziel, dass wir in fast jedem europäischen Land über eine solche Zweigniederlassung verfügen.

Was bedeuten diese Entwicklungen für die Vertriebsstruktur? Wo kauft der Kunde seine Ladeinfrastruktur heute, wo wird er es morgen tun?

Wir haben erst kürzlich eine Partnerumfrage gemacht und festgestellt, dass der Großteil unserer Partner derzeit aus Elektrikern und PV-Installateuren besteht. Gleichzeitig sieht man, dass sich der Vertrieb über Autohäuser und Online-Shops, über die man Zubehör für E-Mobilität beziehen kann, aufbaut. Und unsere Umfragen bestätigen auch, dass der Energiesektor immer wichtiger wird, dass also Verkäufe in Zukunft verstärkt über die Energieversorger selbst stattfinden werden. Aus unserer Sicht gibt es somit diese drei großen Blöcke aus Elektrikern/PV-Installateuren, Energieversorgern sowie den Autohandel. Wobei ein Elektriker oder PV-Installateur natürlich ganz anders beraten kann, als das z.B. in einem Autohandel je möglich sein wird. Um dem gerecht zu werden, haben wir den Vertrieb gezielt für die Betreuung von Elektrikern und PV-Installateuren personell verstärkt.

Gibt es für die Vertriebspartner auch spezielle Schulungen und/oder Unterstützungsmaßnahmen?

Wir haben geplant, für unsere Vertriebspartner in Zukunft regelmäßig Webinare anzubieten. Wir haben im November testweise ein erstes Webinar durchgeführt, das von unserem technischen Support in Zusammenarbeit mit dem Marketing gehalten wurde und bei unseren Partnern sehr gut angekommen ist. Und wir werden nächstes Jahr auch ein Certified-Partner-Programm starten, um unsere Partner entsprechend zu qualifizieren – Details dazu folgen, denn dieses Thema befindet sich noch in Entwicklung.

Die Zahl der Neuzulassungen von E-Autos steigt, es gibt Förderungen für Private und Unternehmen und die großen Autohersteller planen den Verbrenner-Ausstieg – wie steht es um die Rahmenbedingungen für die E-Mobilität?

In Norwegen ist E-Mobilität seit den 1990-er Jahren gefördert worden, mit staatlicher Unterstützung, Umsatzsteuerbefreiung und Anreizen wie gratis parken oder Entfall von Mautgebühren uvm. Heute, d.h. 30 Jahre später, hat Norwegen eine Neuzulassungsrate von 90% bei E-Autos. Ich glaube, auch für unsere Märkte wie Österreich und Deutschland sind diese Förderanreize wichtig – aber es wird in keinem Land von heute auf morgen gehen. Natürlich muss die Infrastruktur ebenfalls aufgebaut werden und ein großer Treiber ist letztendlich auch der Strompreis. Um die Entwicklung zu beschleunigen, könnten die Förderungen ruhig ein bisschen höher ausfallen – denn unsere Branche ist definitiv förderungsgetrieben und das wird vorerst auch so bleiben.

Wie schätzen Sie die die weitere Entwicklung der E-Mobilität ein?

Das öffentliche Ladennetz wird an Bedeutung gewinnen und die Technologien bzw. Innovationen, die den ganzen Bereich vorantreiben, werden immer userfreundlicher werden, d.h. die Customer Experience wird zusehends im Vordergrund stehen. Das Laden im Heimbereich wird auch in Zukunft eine hohe Priorität haben, weil mehr neue Nutzer dazu kommen, die natürlich auch Ladestationen für ihr Zuhause benötigen. Einer Prognose zufolge sollten wir bis ins Jahr 2030 44 Mio. rein elektrisch betriebene Autos in der EU haben – momentan stehen wir bei 4,5 Mio. Es gibt also ein riesiges Potenzial und die Frage ist nur, wie schnell das geht – momentan halt nicht schnell genug.

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