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Freitag, 3. Mai 2024
Wörter, die gut klingen aber wenig sagen

Buzz-Words – vom Big Thing zum Bullshit-Bingo

Hintergrund | Wolfgang Schalko | 17.09.2017 | |  Archiv

Beim Buhlen um Aufmerksamkeit setzen Unternehmen, Organisationen und natürlich auch Medien heute gerne auf so genannte Buzzwords. Man fällt nur allzugerne selbst immer wieder auf diese herein, kommt aber ebensowenig um deren Verwendung umhin. Beispiele für solche gängigen Schlagwörter sind Industrie 4.0, Arbeit 4.0, Web 2.0 oder – wie Ingo Radermacher, Autor des Buches „Digitalisierung selbst denken" hinzufügt – Unsinn 4.1.

Bei meiner Lektüre des Buches „Digitalisierung selbst denken. Eine Anleitung, mit der die Transformation gelingt“ für die jüngste E&W-Printausgabe bin ich auf ein Kapitel gestoßen, in dem der Autor Ingo Radermacher (der sich selbst als „Entscheidungsphilosoph und Klardenker“ bezeichnet) wohl sehr, sehr vielen aus der Seele spricht:
„Big Data, Cloud-Computing, Internet 4.0, Design Thinking, Internet of Things, … – das sind nur einige wenige von vielen Schlagworten, mit denen die digitale Transformation beglückt. Zwar weiß niemand genau, was eigentlich gemeint ist; aber es klingt gut.“ Durch das Anhängen einer Versionsnummer entstehe die gewünschte konsensuale Unklarheit: „Nahezu beliebigen Begriffen eine Softwarehauptversionsnummer beizugesellen, scheint eine Art Königsweg zur Aufmerksamkeitsgenerierung zu sein. Zunächst erfolgte es noch mit deutlichem Augenmaß. Internet 1.0 – existierte schienbar nie. Web 2.0 – war lange vorherrschend. Web 3.0 – wurde übersprungen. Nun endlich gibt es die erwachsene Version – wahlweise als Web 4.0, Internet 4.0, Industrie 4.0 oder gesellschaftlich weiter gefasst als Arbeit 4.0 oder Leben 4.0. Vergessen wurde nur: Unsinn 4.1.
Buzz-Words – Schlagworte – sind beliebt wegen ihrer Beliebigkeit. Die Verständigung mittels Schlagworten hat den Vorteil, dass man weniger zu den Inhalten vordringt. (…) Buzz-Words eignen sich besonders für Schaufensterreden: jene Vorträge, bei denen es nicht um Inhalte, sondern um Show geht. Geht es indes um Inhalte, sind Buzz-Words aufgrund ihrer Missverständlichkeit, vorsichtig gesagt, kontraproduktiv.” (Persönliche Anmerkung: Diesen Aspekt sollte man eventuell im Hinterkopf behalten, wenn man sich die unzähligen Wahlkampfreden und Diskussionsrunden der Politiker zu Gemüte führt – denn so mancher „Sager“ erscheint dann plötzlich in völlig anderem Licht und selbst hohler Phrasendrescherei lässt sich dadurch einiges an Unterhaltungswert abgewinnen).

Alt, aber gut

Das oben Gesagte wurde bereits vor Jahren erkannt und erlangte in „spielerischer Form“ zunächst unter dem Begriff „Buzzword-Bingo“, später in der wohl treffenderen Bezeichnung „Bullshit-Bingo“ hauptsächlich in den Büros und Meeting-Räumen dieser Welt Bekanntheit. Bei dieser humoristischen Variante des Bingo-Spiels wird die übermäßige Verwendung von inhaltslosen Schlagwörtern in Vorträgen, Präsentationen oder Besprechungen persifliert, indem statt klassischer Bingokarten mit Zahlen einfach Karten mit „Buzz-Words” benutzt werden und bei einer vollständig gefüllten Reihe, Spalte oder Diagonale nicht „Bingo“, sondern „Bullshit“ gerufen wird.

Abschließend noch ein Aspekt mit zugegebenermaßen leicht paradoxem Touch: Laut Wikipedia stellt der „Begriff ‚Buzzword‘ (im Deutschen) selbst ein Schlagwort dar und wird für den übermäßigen Einsatz von Schlagwörtern gebraucht“. Nachdem Sie allerdings bis hierher gelesen haben, dürften Buzz-Words aber trotz ihrer Inhaltsleere die gewünschte Wirkung entfalten …

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