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Montag, 29. April 2024
Gedanken zum ewigen Thema „geplante Obsoleszenz"

Wiedergänger

Hintergrund | Dominik Schebach | 15.10.2017 | |  Archiv

Das Thema geplante Obsoleszenz ist der Wiedergänger der Branche. Immer wieder taucht es auf, immer wieder wird der Beweis versprochen und bisher hat sich nichts als stichhaltig erwiesen. Nun hat R.U.S.Z.-GF Sepp Eisenriegler wieder eine Diskussion von Zaun gebrochen und ich bin gespannt, wie belastbar dieses Mal die Beweise sind.

Wenn die EU-Kommission wirklich die Anzeigen von Eisenriegler und Konsumentenschützer Peter Kolba aufnimmt, können wir uns auf ein langfristiges Verfahren einstellen. Ob am Ende allerdings etwas herauskommt, steht wieder auf einem anderen Blatt. Ich habe inzwischen mit der Argumentation von Eisenriegler mehrere Probleme. Da ist einmal die Unterstellung, dass „die Industrie“ die Lebensdauer von Geräten aktiv verkürzt. Vielleicht bin ich ja naiv, aber da müsste mehrere tausend Leute seit Jahren dichthalten – denn während bei Preisabsprachen ein paar wenige Entscheider alles auf Schiene setzen können, wären bei so einem „Obsoleszenz-Kartell“ unzählige Entwickler involviert, die alle mehr oder weniger eine direkte Weisung erhalten hätten. Das erscheint mir doch sehr unwahrscheinlich, angesichts der Unzahl an Möglichkeiten, mit denen man heute Informationen schnell und anonym an die Öffentlichkeit bringen kann.

In Frankreich ist das bewusste Verkürzen der Lebensdauer zudem strafbar. Es sollte also zumindest für einige Beteiligte eine gewisse Motivation geben, sich als Kronzeuge einen besseren Deal zu sichern – trotzdem Fehlanzeige. Preiskartelle fliegen dagegen regelmäßig genau aus diesem Grund wegen Insider-Tipps auf.

Ich bestreite nicht, dass heute die Geräte kürzer genutzt werden, als in der Vergangenheit. Dafür gibt es Gründe, wie zB auch das deutsche Umweltbundesamt in seiner umfassenden Studie vom Vorjahr festgestellt hat. Dazu gehört der Wunsch der Kunden nach neuen Geräten, weil die bestehenden nicht mehr ihren Ansprüchen gerecht werden. Auf der Produktionsseite ist es eine Abwärtsspirale aus Kostendruck und Geiz-ist-Geil-Mentatlität der Kunden. Und damit komme ich zu einem wichtigen Punkt. Dh, die Kunden haben mit ihrer Nachfrage Einfluss auf das Angebot. Aber die Rolle der Kunden blendet Eisenriegler weitgehend aus. Der Kunde hat es in der Hand, ob er ein Billig-Gerät kauft oder ein qualitativ höherwertigeres mit deutlich längerer Lebensdauer. Wenn wir den Konsumenten aus dieser Verantwortung entlassen, dann steht es schlecht um das Konzept des mündigen Konsumenten und Bürgers.

Schließlich geht es noch um die Reparierbarkeit heutiger UE- und Haushaltsgeräte: Eisenriegler unterstellt „der Industrie“ oder zumindest den „Billigherstellern“ ein bewusstes Vorgehen und vergleicht heutige Geräte mit Haushaltsgeräte der Vergangenheit, die praktisch ewig gehalten hätten und leichter zu reparieren gewesen seien. Da schwingt meiner Meinung nach auch viel Nostalgie mit. Denn bei den heutigen Personalkosten verbietet sich das Reparieren oft von selbst, da reden wir noch gar nicht von neuen Technologien, Produtionsmethoden und veränderten Funktionen.

Wenn wir uns wirklich die Ressourcen nicht mehr leisten können (und da gebe ich Eisenriegler Recht), dann müssen wir noch viel stärker bei den Konsumenten ansetzen. Allgemeine Anwürfe gegen „die Industrie“ bringen da gar nichts.

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