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Freitag, 26. April 2024
Hot!HeimkinoWelt-GF Thomas Chuchlik kritisiert Lust- und Leidenschaftslosigkeit der Industrie

Wo bleibt die Emotion?

Die Branche | Wolfgang Schalko | 14.02.2020 | | 3  Branche, Menschen, Unternehmen
HeimkinoWelt-GF Thomas Chuchlik ortet im zunehmend lust- und leidenschaftslosen Agieren der Industrie eine ernsthafte Bedrohung für den gesamten österreichischen Fachhandel. HeimkinoWelt-GF Thomas Chuchlik ortet im zunehmend lust- und leidenschaftslosen Agieren der Industrie eine ernsthafte Bedrohung für den gesamten österreichischen Fachhandel. (© W.Schalko) Nach dem höchst erfolgreichen Weihnachtsgeschäft und einem neuerlichen Rekord-Geschäftsjahr sollte man bei der HeimkinoWelt eigentlich keinerlei Grund für Beschwerden vermuten. Dennoch ist Geschäftsführer Thomas Chuchlik mit einer aktuellen Entwicklung alles andere als zufrieden: Die Industrie lasse zusehends jegliche Emotion bei Betreuung und Vertrieb vermissen – was den Fachhandel substanziell aushöhle und langfristig in seiner Existenz bedrohe. Chuchlik fordert ein rasches Umdenken und Unterstützung von den Kooperationen.

Man ist bekanntlich nicht nur für das verantwortlich, was man tut, sondern auch für das, was man nicht tut. Was den ersten Teil dieser Weisheit angeht, kann sich HeimkinoWelt Geschäftsführer Thomas Chuchlik definitiv keinen Vorwurf machen, wie ein Blick auf das abgelaufene Jahr unterstreicht: „Noch im Oktober haben wir geglaubt, dass es erstmals in der Geschichte der HeimkinoWelt einen leichten Umsatzrückgang geben würde – was angesichts der Entwicklung in den letzten Jahren auch noch völlig in Ordnung gewesen wäre. Aber ab dem Black Friday hat das Geschäft voll angezogen – allein im Dezember +25% gegenüber Vorjahr. Dh in Summe ist doch wieder ein ansehnliches Plus herausgekommen, interessanterweise sowohl on- als auch offline.”

Dieser Erfolg kommt jedoch keineswegs von ungefähr: „Wir machen ständig etwas für unser Business, vom wöchentlichen Newsletter über unsere Präsenzen auf Facebook oder Instagram bis hin zu Aktivitäten vor Ort. Und natürlich halten wir immer die Augen nach neuen interessanten Produkten offen, sprich wir erweitern unser Sortiment laufend mit Produkten, wo Marge drin steckt. All diese Bausteine zusammen ergeben dann das Haus – man muss einfach immer dran bleiben, denn man bekommt nichts geschenkt.”

Klare Bringschuld

Wie Chuchlik weiter ausführt, sei angesichts des heutigen Konsumverhaltens ein guter Online-Shop unverzichtbar, gleichzeitig sei aber auch deutlich spürbar, dass das bewusste Kaufen wieder zunimmt – und Kunden dafür ins Geschäft kommen. Was Chuchlik zur zentralen Frage führt: Warum sollen Kunden ins Geschäft kommen? Die Antwort liegt seines Erachtens auf der Hand: „Man braucht als Fachhändler Produkte, die Kunden ins Geschäft holen. Diese Produkte müssen Emotionen erzeugen, sollten ein gewisses Erlebnis bieten und zugleich eine gewisse Beratungskomplexität aufweisen.” Das Problem dabei: „Von Industrieseite fehlt diese Emotion und die damit verbundene Energie mittlerweile fast völlig. Oft sieht man sich als Fachhändler nur noch farb- und gesichtslosen Außendienst-Betreuern gegenüber, die nichts über das Produkt erzählen können, geschweige denn technische Fragen beantworten.”

Das bringt den HeimkinoWelt-GF direkt zum zweiten Teil des eingangs Festgehaltenen: Er will keineswegs etwas geschenkt, ortet hier jedoch eine klare Bringschuld der Industrie – schon allein aus deren Eigeninteresse –, der jedoch immer weniger nachgekommen werde. „Das Prinzip ‚Train the Trainer‘ passiert nicht mehr. Denn eigentlich müsste ja der AD-Mitarbeiter den Händler begeistern – und nicht umgekehrt, wie es derzeit leider oft der Fall ist… Excel-Sheets mit Mengenstaffeln dahinter erzeugen weder bei mir noch beim Kunden Emotionen“, bringt Chuchlik die Problematik auf den Punkt.

Die Auswirkungen dieser immer weiter um sich greifenden Unsitte konsequent fortgedacht, kommt Chuchlik zu einer wenig erbaulichen Erkenntnis: „Die Folge ist zwangsläufig ein Teufelskreis, weil durch die fehlende Emotion seitens des Lieferanten auch der Fachhändler keine Emotion mehr seinen Kunden gegenüber vermitteln kann. Dadurch hat der Kunde wieder weniger Grund, zum Fachhändler zu gehen. Der Händler selbst wird dadurch mehr und mehr zur bloßen Abhol- und Bezahlstelle für die Industrie degradiert. Damit ist der Händler leicht ersetzbar bzw wird in weiterer Folge überhaupt unnötig – diese Gefahr besteht meines Erachtens akut.”

Umdenken erforderlich

Dies ist jedoch nicht die einzige Bedrohung, die der UE-Profi ortet: „Es besteht darüber hinaus die Gefahr, dass die Industrie nur noch Produkte entwickelt, die sich sozusagen ‚selbstständig‘ verkaufen und wo es den Händler nicht mehr braucht – was erst recht zu einem Teufelskreis führt.” Außerdem sei festzustellen, dass der Support von Industrieseite mittlerweile auf ein sehr niedriges Niveau gesunken ist – ob vorsätzlich oder ungewollt, tue da eigentlich nichts zur Sache: „Fakt ist, dass uns der Vertrieb – auch von großen und namhaften Lieferanten – praktisch nicht mehr schult. Zum Teil vermutlich weil er nicht will, sicher aber auch, weil er gar nicht kann – schließlich fehlt es dort ganz offensichtlich selbst am erforderlichen Know-how und technischen Background. Doch die Industrie muss da dringend gegensteuern, sonst hat der Fachhandel immer weniger ‚Waffen‘, um den Kunden ins Geschäft zu holen.”

Außer Frage steht für Chuchlik, dass die Differenzierung nicht bzw nicht nur über den Preis erfolgen sollte, sondern in erster Linie über die Qualität. Hier hätten aus seiner Sicht die Kooperationen einen enormen Hebel – allerdings müssten sie auch gewillt sein, diesen einzusetzen: „Die Qualität der Händler sollte ja gehoben werden, gerade auch mit entsprechenden Produkten in der Werbung, der Sortimentsgestaltung etc. Dafür müssten die Kooperationen jedoch regelmäßig und vor allem genau den Bedarf der Händler erheben, denn gefragt sind hier ‚Fachhandels-Produkte‘ mit hoher Qualität, um sich von der Masse der Billig-Anbieter und den ruinösen Online-Aktionen klar differenzieren zu können.”

Das Erfolgsrezept der HeimkinoWelt beschreibt Chuchlik wiefolgt: „Wir versuchen uns nicht zu sehr auf einzelne Marken zu fokussieren, weil das eine gewisse – meist ungesunde – Abhängigkeit erzeugt. Im Verkauf will ich nicht ‚draufdrücken‘, sondern mit echter Beratung die Vorteile, Eigenheiten, Unterschiede etc eines Produkts kommunizieren. Deshalb führen wir Produkte, über die man auch reden kann – selbst wenn manche mitunter fragen: Wofür braucht man das? Oder: Wieso führt ihr das? Und egal, ob und was der Kunde gekauft hat: Nach dem Besuch im Geschäft soll er eine Geschichte erzählen können.”

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Kommentare (3)

  1. Märchen sind immer wieder schön zu lesen.
    Wenn ich lese nicht der Preis? Haha, selbst die die teureren Geräte kaufen suchen den günstigen Preis.
    Wenn ich lese „gefragt sind hier ‚Fachhandels-Produkte‘ mit hoher Qualität“ ? Haha, wer baut den noch so etwas.
    Die die Geräte nur so kaufen ohne auf den Preis zu schauen, sind auf einer Hand zu zählen.
    An „Franz Josef, der 37“, ich glaube auch sie gehen nicht ohne Geld zu bekommen arbeiten?
    Es sollte schon auch etwas überbleiben, den nur von den Emotionen kann keiner leben.

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  2. Wenn ich solche Geschichten lese, kommt mir immer der Spruch in den Sinn: Marketing ist, wenn der Kunde trotzdem kauft. Wie sollen denn die Emotionen aussehen, außer WKZ, JaBo er. ?

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  3. Recht hat er. Wenn auch nur bedingt. Technische Details haben bei mir ( und vielen Menschen mit denen ich so rede) noch nie Emotionen ausgelöst. Höchstens negative! Vor allem wenn sie vom Produktschild vorgelesen werden!
    Das die Industrie schuld ist, stimmt ja auch nur teilweise. Ständig auf Händler zu treffen, die die Schuld nur bei den Lieferanten, Preisen und Kunden suchen, sind für einen AD auch nicht gerade erbauend. Wer schaut schaut schon gerne einem Gegenüber insGesicht, der nur Frust und Langeweile ausstrahlt.
    Die Idee wie Händler geschult werden sollen, wenn nicht in Trainings, Gesprächen, Einladungen zu Produktpräsentationen etc. wäre sicher eine Innovation die Wellen schlagen würde.
    Also: Zusammenschluss mit der Industrie suchen, Mitarbeiter motivieren und gut bezahlen und eigen Stärke herausarbeiten- dann sollte es doch wieder gehen. Aber wenn nach dem Black Friday ein Plus von 25% steht, bei einem rückläufigen Markt, dann kann es ja nicht so schlimm sein. Wenn dann die Spanne nach diversen Aktionen nicht stimmt, dann kann man ja immer noch die Schuld bei der Industrie suchen.

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