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Mittwoch, 11. Dezember 2024
Hintergrund-Kommentar E&W 04/2022

Warenwert und wahrer Wert

Wolfgang Schalko | 03.04.2022 | Bilder | |  Meinung

Wolfgang Schalko
Das Thema Direktvertrieb, kurz D2C, das wir in dieser Ausgabe eindringlich beleuchten, ist definitiv kein einfaches, weist es doch eine ganze Reihe von Facetten und Ausprägungen auf. Es ist aber auch ein Thema, das sehr emotional diskutiert wird, nicht zuletzt aufgrund diverser Frustrationserlebnisse, die es diesbezüglich bei Herstellern wie Händlern bereits gab. Konzepte, Praxisbeispiele, Details, Branchenstimmen und vieles mehr dazu lesen Sie in der Coverstory der E&W 4/2022. Auf zwei Aspekte, die nur allzu gerne vergessen werden, möchte ich hier aber gesondert eingehen.

Zunächst die besondere Rolle, die der Fachhandel, in unseren Breiten spielt. Diese umfasst nämlich weit mehr als nur die reinen (quantifizierbaren) Produktverkäufe. Der Umstand, dass der Fachhandel für viele Marken und Produktsegmente nicht der umsatzstärkste Vertriebskanal ist, lässt „Schlaufüchse” (©ElectronicPartner-Vorstand Karl Trautmann) in den Unternehmenszentralen und bei externen Beraterfirmen schnell und gerne den Rotstift ansetzen, wenn es um adäquate Unterstützungsmaßnahmen geht. Die Rechnung, die im Excel-Sheet so wunderbar aufgeht, macht der Controller aber ohne den Kunden: Denn weder lassen sich sämtliche Konsumenten von heute auf morgen zu Online-Shoppern umerziehen, noch ist der „immaterielle” Wert, den der Fachhandel darstellt, in irgendeiner Form eingepreist. Dabei ist gerade dieser gewaltig.

Der Fachhandel – und nur dieser – bietet ein engmaschiges, flächendeckendes Netz an Touch-Points über ganz Österreich, von der großen Stadt über das kleine Dörfl bis hin zum abgeschiedenen Gebirgstal. Mit seinen Schaufenstern, Plakaten, Printwerbungen, Online-Aktivitäten, Social Media-Accounts, etc. sorgt er für Sichtbarkeit und Präsenz. Und das nicht irgendwie, sondern mit ansprechender Präsentation und kompetenter Beratung. Er fungiert als Sprachrohr. Er sorgt für Mundpropaganda. Er ist ein Multiplikator. Kurzum: Er ist eigentlich das Beste, was der Marketingabteilung passieren kann. All das hat natürlich seinen Preis – aber in diesem Fall wesentlich wichtiger, weil höher: Es hat auch seinen Wert!

Der zweite Punkt, den viele in dieser Diskussion gerne übersehen, ist jener der erforderlichen Ressourcen und Infrastruktur: Die D2C-Ambitionen so manchen Herstellers mögen noch so groß sein, wenn nicht Verkaufspersonal in entsprechender Anzahl, kein Lager, keine Logistik, kein Service, kein Support usw. vorhanden sind (vom erst recht wieder notwendigen Marketingbudget ganz zu schweigen), droht dieser Schuss schnell nach hinten loszugehen. Der eine oder andere Hersteller mag an dieser Stelle darum sogar die Not zur Tugend machen können. Ich will daher mit einem weiteren Zitat von Karl Trautmann schließen, der kürzlich so treffend sagte: „Wir beobachten mit gesteigertem Interesse den einen oder anderen doch sehr untauglichen Versuch der Industrie beim Thema D2C. (…) Man muss sich schon fragen, ob nicht der eine oder andere Hersteller gerade munter dabei ist, sein Markenimage beim Endkunden höchstpersönlich zu ramponieren.” Dem ist nichts hinzuzufügen.

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