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Mittwoch, 11. Dezember 2024
Bilanz österreichischer Einzelhandel 2022

HV: „Weihnachtsgeschäft bleibt unter Vorkrisenniveau“

Hintergrund | Stefanie Bruckbauer | 19.12.2022 | |  Unter der Lupe
Der vierte Adventsamstag (17. Dezember) war für den stationären Einzelhandel laut Handelsverband der umsatzstärkste Einkaufstag des Jahres und damit Höhepunkt des heurigen Weihnachtsgeschäfts. Die heimischen Einkaufszentren und Einkaufsstraßen verzeichneten hohe Kundenfrequenzen und gute Verkaufszahlen. In seiner Gesamtjahresprognose geht der HV dennoch von einem realen Umsatzminus von -1% aus.

Der Dezember gilt für den Großteil der österreichischen Einzelhändler als wichtigster Monat im Geschäftsjahr. „Die absoluten Mehrumsätze, die durch das Weihnachtsgeschäft erzielt werden, haben in den letzten fünf Jahren vor Ausbruch der Corona-Pandemie stetig zugelegt. Seit 2020 ist alles anders. Die Weihnachtsumsätze sind in den beiden Pandemiejahren deutlich gesunken. Heuer mussten die österreichischen Händler zwar keine Lockdowns, allerdings explodierende Energiekosten, die höchste Inflation seit 1952 (11% im Oktober) und einen beispiellosen Arbeitskräftemangel (35.000 offene Stellen) verkraften“, sagt Handelsverband GF Rainer Will. Der Verband hat sich angesehen, wie sich das alles auf die Umsätze im Weihnachtsgeschäft sowie im Gesamtjahr 2022 aus wirkt und welche Prognose sich für das Geschäftsjahr 2023 ableiten lässt.

Weihnachtsgeschäft 2022 bringt Dezember-Mehrumsatz von 1,36 Mrd. Euro

„Das Weihnachtsgeschäft verläuft angesichts der horrenden Inflation und des Kaufkraftverlustes breiter Teile der Bevölkerung zuletzt etwas besser. Vor allem mit dem vierten Adventwochenende sind wir sehr zufrieden, am Samstag hat der Handel die Marke von 350 Millionen Euro übertroffen. Die Umsatzprognose von Handelsverband und WIFO für den österreichischen Einzelhandel geht heuer von einem weihnachtsbedingten Mehrumsatz von 1,36 Mrd. Euro netto aus“, so Rainer Will. Das entspreche zwar einem Plus von 220 Mio. Euro im Vergleich zum Vorjahr (1,14 Mrd. Euro netto), hier wurde das Weihnachtsgeschäft allerdings massiv durch einen harten Lockdown beeinflusst. Insgesamt werde das Umsatzvolumen heuer im Dezember auf nominell 7,28 Mrd. Euro geschätzt (Vorjahr: 6,72 Mrd. Euro). Inflationsbereinigt entspricht das einem Minus von 0,8%.

Dezember-Mehrumsatz im Non-Food-Handel real um 150 Mio. Euro unter dem Niveau von 2019

„Wir sehen heuer auch deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Branchen. Betrachtet man lediglich den Nichtlebensmittelbereich, liegen die Mehrumsätze im Dezember inflationsbereinigt um 11 Millionen Euro über dem Vorjahresniveau, aber um mehr als 150 Millionen Euro hinter 2019 zurück. Der Lebensmitteleinzelhandel erwirtschaftet heuer im Weihnachtsgeschäft inflationsbereinigte Mehrumsätze von 422 Millionen Euro, real 1,9 Prozent weniger als im Vorjahr“, sagt Dr. Marcus Scheiblecker, Senior Economist am Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO).

Das klassische Weihnachtsgeschäft wird definiert als Mehrumsatz im Dezember, der über den durchschnittlichen Umsätzen der Monate Jänner bis November liegt. Pandemiebedingt gab es hier jedoch seit 2020 zusätzliche Faktoren (z.B. unterjährige starke Umsatzschwankungen aufgrund von Schließungen im Handel), die eine exakte Abgrenzung dieser Mehrumsätze erschwert haben.

In dieser Woche werden im heimischen Handel die Last-Minute Shopper auf den Plan treten. Rund ein Drittel der Konsumenten sichert sich erst in den letzten Tagen vor Heiligabend die Geschenke für die Lieben, wie der Handelsverband berichtet. Nach dem 24. Dezember werden dann Geldgeschenke eingelöst und das Gutscheingeschäft hat Hochkonjunktur bis weit in den Jänner 2023 hinein.

Top-Seller zu Weihnachten

„Im Schnitt werden die Österreicher heuer 395 Euro für Geschenke ausgeben. Das ist um 68 Euro bzw. 15% weniger als 2021 und auch deutlich weniger als im Vorkrisenjahr 2019. Will erklärt: „Aufgrund der Teuerungskrise setzen so viele Christkinder wie noch nie auf Gutscheine, die 2022 vor Bekleidung und Spielzeug den ersten Platz der beliebtesten Geschenke erreichen. Auch Geldgeschenke sind heuer so beliebt wie noch nie.“

Laut einer Befragung von MindTake Research im Auftrag des Handelsverbandes greift bei den bevorzugten Geschenken heuer jedes dritte österreichische Christkind im Einzelhandel zu Gutscheinen (38%), Bekleidung (35%) und Spielzeug (30%), immerhin jedes Vierte zu Büchern (27%), Süßigkeiten (27%) und Parfum/Kosmetikprodukten (26%), um die Vorlieben der Liebsten zu treffen. Traurig: Jeder Zwölfte wird heuer ALLE Weihnachtsgeschenke im Onlinehandel bestellen, fast ein Zehntel der Bevölkerung verzichtet komplett auf den Kauf von Geschenken.

Bundesländervergleich: Wien, OÖ & Tirol am spendabelsten

Im Bundesländerranking der Pro-Kopf-Ausgaben führt Wien mit 450 Euro vor Oberösterreich mit 446 und Tirol mit 442 Euro. Auf den Plätzen folgen Niederösterreich (381 Euro), die Steiermark (356 Euro), Salzburg (350 Euro), Vorarlberg (317 Euro) das Burgenland (309 Euro) und Kärnten (290 Euro).

Einzelhandel 2022: Nomineller Umsatz steigt auf 72,5 Mrd. Euro (+6,3%); real -1,0%

„Aus all diesen Faktoren leitet sich unsere Gesamtjahresprognose 2022 für den österreichischen Einzelhandel von 72,5 Milliarden Euro ab. Eine Steigerung von +6,3% gegenüber dem Vorjahr. Bereinigt man allerdings um die durchschnittlichen Preissteigerungen, muss der heimische Einzelhandel heuer real ein Umsatzminus von -1% verkraften und wirkt damit inflationsdämpfend“, so Will und: „Für 2023 erwarten wir, dass die Effekte des heurigen Weihnachtsgeschäfts stärker in den Jänner einwirken, insbesondere das Gutscheingeschäft sowie die Umtauschphase im stationären Handel nach Silvester. Ab Februar werden allerdings die höheren Kosten voll durchschlagen. Spätestens im zweiten Halbjahr 2023 hoffen wir auf eine Normalisierung des Preisniveaus, die auf eine Aufschwungphase durch staatliche Kaufkraftmaßnahmen treffen könnte.“

Marcus Scheiblecker ergänzt: „Die Grunddynamik in der Umsatzentwicklung verlief heuer trotz multipler Krisen und eines sinkenden Konjunkturklimas recht solide. Wir liegen über dem Vorjahr, allerdings sind die Zuwächse ausschließlich auf die hohen Teuerungsraten zurückzuführen. Positiv ist, dass wir den Peak bei der Inflation und den Energiepreisen bereits überschritten haben.“

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