Besuchen Sie uns auf LinkedIn
Freitag, 26. April 2024
refurbed.at: Peter Windischhofer im E&W-Interview

„Wir wollen der gute Amazon sein“

Hausgeräte | Stefanie Bruckbauer | 08.02.2023 | |  
Peter Windischhofer hat 2017 mit zwei Kollegen refurbed.at gegründet. Heute handelt es sich bei refurbed.at um den am schnellsten wachsenden Online-Marktplatz für refurbished Produkte in der gesamten DACH-Region. (Foto: refurbed) Peter Windischhofer hat 2017 mit zwei Kollegen refurbed.at gegründet. Heute handelt es sich bei refurbed.at um den am schnellsten wachsenden Online-Marktplatz für refurbished Produkte in der gesamten DACH-Region. (Foto: refurbed) refurbed gilt als der am schnellsten wachsende Online-Marktplatz für refurbished Produkte, also vollständig erneuerte elektronische Geräte, in der DACH-Region. Bisher konzentrierte sich das Unternehmen mit seinem Angebot auf Unterhaltungselektronik und IT. Nun werden auch kleine Haushaltsgeräte ins Sortiment aufgenommen. In der E&W 1-2/2023 veröffentlichten wir das Interview mit Co-Founder Peter Windischhofer. Darin erzählt er, was ihn dazu bewogen hat, refurbed.at zu gründen und warum er Refurbishment als DAS Thema der Zukunft erachtet bzw. Händlern rät auf den Zug aufzuspringen. Hier finden Sie nun das ganze, ungekürzte Interview.

E&W: Herr Windischhofer, seit wann sehen sie den Trend zu wiederaufbereiteten Geräten?

Peter Windischhofer: In den USA sind refurbed-Geräte schon viel länger ein Thema als beispielsweise in Deutschland oder Österreich, wie ich in meiner Studienzeit in den USA in 2013 gesehen habe. Im deutschsprachigen Raum kam das Thema 2015 auf, es gab aber keine Firma, die Refurbishment ganzheitlich gedacht und so wie wir schließlich aufgebaut hat.

Wir starteten 2017 mit refurbed.at. Damals konnte fast niemand etwas mit dem Begriff Refurbishment anfangen. „Fast niemand“ heißt weniger als 10%. Heute ist das anders. Laut einer von uns in Auftrag gegebenen Studie, haben schon 50% der befragten Österreicher von refurbed.at gehört.

E&W: Wie kam es dazu, dass Sie refurbed.at gegründet haben?

Windischhofer: Es handelt sich um eine klassische StartUp-Story. Mein Handy ging kaputt und ich wollte ein neues kaufen. Dabei wurde mir bewusst, wie schlimm ich es eigentlich finde, dass man sich gefühlt jedes Jahr ein neues Handy kaufen muss, dabei leicht 1.000 Euro und mehr ausgibt und ganz nebenbei zu den horrenden Müllmengen beiträgt. Ich habe mich dann erinnert, dass ich damals in den USA Alternativen gesehen habe und versuchte ein ähnliches Angebot in Europa zu finden, was mir aber nicht gelang.

Nachdem ich ursprünglich aus dem Marktplatzgeschäft komme, dachte ich, dass es doch Sinn machen würde, auch hierzulande eine Plattform für refurbed-Electronics aufzubauen. Ich holte mir meine zwei Partner Jürgen Riedl und Kilian Kaminski an die Seite und 2017 gründeten wir schließlich refurbed.at, mit dem Ziel die Wiederverwendung von Produkten bzw. nachhaltigen Konsum zu forcieren und auszubauen.

Ich bin überzeugt davon, dass unsere Gesellschaft Produkte, die es bereits gibt, viel mehr und länger nutzen muss, und wir wollen es den Menschen so leicht wie möglich machen an refurbished Produkte zu heranzukommen.

E&W: Wie lange hat es dann von der Idee bis zur Umsetzung gedauert?

Windischhofer: Es ging extrem schnell. Nach zwei Monaten machten wir die ersten Umsätze. Wir hatten aber auch eine gute Ausgangsposition. Kilian kam von Amazon, wo er das refurbish-Programm aufgebaut hat, Jürgen ist ein wahnsinnig guter Programmierer und ich habe mich – mit meinem Marketinghintergrund – um die ganze Strategie dahinter gekümmert. Klar haben wir extrem klein, also mit ein paar Verkäufen in der Woche, begonnen, aber das Geschäft ist dann rasch größer geworden. Nach drei Monaten holten wir uns das erste Investment, konnten somit die ersten Mitarbeiter einstellen und in Marketing investieren, wodurch wir noch schneller gewachsen sind. Heute haben wir knapp 300 Mitarbeiter und machen mehrere hundert Millionen Euro Außenumsatz.

E&W: Wie ist refurbed aufgebaut?

Windischhofer: Wir fungieren als Marktplatz. Auf der einen Seite sind über 200 Techniker und Händler aus ganz Europa, die die Geräte professionell wiederaufbereiten und dann auf unserer Seite den Endkunden anbieten und verkaufen. Wir als Firma reparieren keine Produkte und verkaufen sie auch nicht, sondern wir aggregieren das gesamte im Markt befindliche Angebot und erzeugen so eine Plattform, wo der Endkunde den besten Preis und die beste Qualität bekommt, gepaart mit einer super Kundenerfahrung. Wir schauen sehr genau darauf, dass auf refurbed wirklich nur Top-Händler zu finden sind, die eine gute Produkt-Qualität liefern. Sollte dennoch irgendetwas einmal nicht passen, dann springen wir natürlich ein. Wir haben ein großes Kundenserviceteam, das sich darum kümmert, wenn ein Kunde mal nicht zufrieden sein sollte.

E&W: Sie sagen, sie bieten den besten Preis. Das stimmt allerdings nicht in allen Fällen, denn es finden sich auf Ihrer Plattform wiederaufbereitete Produkte, die teurer angeboten werden, als sie anderswo neu kosten. Warum sollte ein Kunde dann bei ihnen kaufen?

Windischhofer: Die Preise schwanken halt gerade in der Elektro-Branche sehr schnell bzw oft und natürlich kann es vorkommen, dass einzelne Produkte anderswo günstiger sind – auf Grund von Abverkauf oder einer Aktion. In der Regel sind unsere Geräte – vor allem Smartphones und Laptops – aber schon wesentlich günstiger, als würde man sie neu kaufen.

Bei seltenen oder älteren Produkten gibt es zudem sehr wenige Stück, die überhaupt in den Refurbish-Kreislauf gelangen, und da sind wir dann tatsächlich nicht ganz so günstig. Dafür aber nachhaltig und das zählt für viele unserer Kunden. Viele Menschen wollen Gutes tun und da ist der Preis dann oft nebensächlich.

E&W: Was sind die großen Herausforderungen beim Refurbishment?

Windischhofer: Der ganze Aufbereitungsprozess ist nicht einfach. Zuerst muss man an die Produkte herankommen, dh. man kauft sie von großen Firmen oder Konsumenten. Dann muss man schauen ob die Produkte überhaupt noch funktionieren und wenn ja, werden einzelne Komponenten (klassisch zB Akkus, WLAN-Modul, etc) getauscht. Dann folgt ein Funktionscheck, bei dem getestet wird ob wirklich alles einwandfrei funktioniert. Schließlich werden die Geräte optisch aufpoliert (ua. Kratzer entfernt), vorhandene Daten gelöscht und die neueste Software aufgespielt. Zuguterletzt wird das refurbished-Gerät noch hygienisch gereinigt, desinfiziert und verpackt, bevor es zum Kauf angeboten wird.

E&W: Kommt man leicht an Produkte?

Windischhofer: Wie gesagt entweder über Firmen, die ihre Technik alle zwei bis drei Jahre komplett austauschen, oder über Endkonsumenten. Viele von uns haben zig alte Handys in irgendwelchen Schubladen herumliegen. Es wäre sinnvoll die funktionierenden Modelle dem Refurbishment zuzuführen und die kaputten dem Recycling (dass zumindest die Rohstoffe wiederverwendet werden können), doch hier fehlt noch das Bewusstsein – auch etwas, das wir ändern wollen. Wir fragen die Käufer auf unserer Seite seit neuestem, ob sie ein altes Handy zuhause herumliegen haben, das sie gerne verkaufen möchten und bieten ihnen auch gleich eine erste Preisschätzung an. In Zukunft wollen wir auch auf andere Gerätekategorien abzielen. So wollen wir die Leute zu nachhaltigem Handeln animieren. Nur eine Zahl zu dem Thema: Alleine in Deutschland liegen Handys im Wert von 240 Mio Euro in Schubladen herum und werden nicht genutzt. Das ist eine enorme Ressourcenverschwendung, die eigentlich verhindert werden sollte.

E&W: Thema Ressourcenverschwendung: Was fordern Sie?

Windischhofer: Es gibt ein großes Thema, mit dem Refurbisher oft konfrontiert sind und das endlich angegangen werden sollte, und zwar sollte Software garantiert auch für ältere Geräte nutzbar sein. Auch Ersatzteile sollten länger verfügbar sein. Mit dem von der EU vorgeschlagenen Recht auf Reparatur geht es eh schon in die richtige Richtung.

E&W: Zahlt sich Refurbishment bei allen Produkten aus?

Windischhofer: Grundsätzlich schon. Aus ökologischer Sicht ist es immer besser Produkte wieder zu verwenden.

E&W: Und eignen sich alle Produkte für Refurbishment?

Windischhofer: Wir arbeiten innerhalb der Consumer Electronics eigentlich mit allen Produktkategorien und Marken. Und künftig wollen wir auch darüber hinaus gehen. So sehen wir uns zur Zeit zB Sportartikel wie Fahrräder an.

Wir haben eine sehr große Vision. Wir glauben nämlich, dass Refurbishment nicht nur bei CE funktioniert, sondern bei allen möglichen Produktkategorien. Auch Möbel sind denkbar. Das wird nicht überall einfach, aber wir glauben daran, dass wir uns als Gesellschaft so weit entwickeln müssen, dass alle Produkte erneuert und in den Kreislauf zurückgeführt werden können – sobald der Erstbesitzer es nicht mehr haben möchte.

Ikea hat schon erste Versuche mit dem aufbereiten von Möbeln gestartet. Das ist natürlich super spannend, wenn sich sogar so große Konzerne mit der Thematik befassen.

E&W: Sie bieten auf Ihrer Plattform nun auch kleine Hausgeräte an (elektro.at berichtete). Inwieweit soll das Thema ausgeweitet werden?

Windischhofer: Wir haben nun den ersten Schritt mit Kleingeräten getan. Parallel sind wir mit den großen Herstellern im Gespräch, ob sie jene Produkte, die sie zurückbekommen und refurbishen können, auf unserer Plattform verkaufen möchten. Aktuell arbeiten wir hier schon direkt mit AEG und De’Longhi zusammen. Das ist ein extrem spannendes Modell mit Zukunft, wie ich finde. Denn, wenn die Marken Interesse daran haben, selbst zu refurbishen, dann werden sie ihre Produkte künftig auch so designen, dass sie sich gut reparieren und wiederaufbereiten lassen. Wir sehen uns hier als Katalysator, der es den großen Marken ermöglicht ihre Geräte ein zweites Mal an Konsumenten verkaufen zu können. Wir wünschen uns, dass viel mehr Hersteller auf diesen Zug aufspringen, und wir sind hier gerne der Brückenbauer.

E&W: Aber bekommen die Hersteller wirklich so viele Geräte zurück, dass sich das auszahlen würde?

Auf refurbed.at werden seit kurzem auch aufbereitete kleine Hausgeräte angeboten. Direkt zusammengearbeitet wird bereits mit AEG und De’Longhi. Im Bild ein De‘Longhi Kaffeevollautomat, der gerade professionell überholt wird. (Foto: refurbed)

 

Windischhofer: Bei den Massen, die produziert werden, sind das schon einige. Zudem entstehen laufend neue Konsummodelle, so ist zB Mieten statt kaufen ein immer stärker werdendes Thema. Wenn gemietete Geräte dann nach ein paar Jahren zu den Herstellern zurückkommen, wäre eine Möglichkeit, die Geräte zu refurbishen und zu verkaufen – an Konsumenten, die nachhaltige Alternativen suchen, nicht immer das Neueste haben müssen und günstigere Preispunkte bevorzugen.

E&W: Werden Sie in Zukunft auch große Hausgeräte anbieten?

Windischhofer: Wir haben es auf jeden Fall vor, allerdings ist das Handling bei Weißware, zB die Logistik, nicht ganz so einfach. Aber es gibt schon ganz gute Prozesse und wir arbeiten daran, bald auch Weißware auf refurbed.at anbieten zu können.

E&W: Welche Zielgruppen haben Sie?

Windischhofer: Man könnte annehmen, dass wir ein sehr junges Publikum haben, tatsächlich liegt das Durchschnittsalter unserer Kunden aber bei rund 40 Jahren und sie kommen auch aus allen Schichten. Wir glauben den Grund dafür zu kennen: Immer mehr Menschen wollen etwas Nachhaltiges tun, vor allem wenn es günstiger ist und keine Nachteile hat.

Es ist traurige Realität: Jeder braucht heutzutage ein Handy. Wenn man dieses auf refurbed kauft, dann tut man Gutes für die Umwelt, spart etwas und bekommt ein super Service – das ist doch für alle Menschen interessant! Und das bestätigen auch Umfragen, die wir in Auftrag gegeben haben: Demnach erachten 80% der Befragten das Angebot von refurbed als interessant, weil es eben sehr viele Vorteile hat und keine Nachteile.

E&W: Warum erachten Sie das Reparieren von Elektrogeräten als DAS Geschäft der Zukunft?

Windischhofer: Erstens ist Nachhaltigkeit (getrieben durch die Klimakrise) gerade eines der Top-Themen unserer Gesellschaft. Zweitens sind die Kunden preissensibler und drittens unterscheiden sich viele neue Elektrogeräte technologisch nicht mehr so stark von den Vorgängermodellen. Ein Beispiel ist das iPhone 14, das im Vergleich zum iPhone 13 keinen großen technologischen Sprung machte. Das macht es für Kunden natürlich immer attraktiver auch mal ein älteres Modell zu kaufen.

Das Angebot professionell aufbereiteter kleiner Hausgeräte auf refurbed.at wird stetig größer.

E&W: Wie viele refurbished-Geräte werden in Österreich im Schnitt verkauft?

Windischhofer: Es gibt keine guten, verlässlichen Zahlen, deswegen untersuchen wir den Markt immer wieder selbst. Aktuell gehen wir davon aus, dass der gesamte Österreichische Refurbished-Markt mehrere hundert Millionen Euro groß ist, und bis 2030 auf eine Milliarde Euro wachsen wird. Eine Studie besagt, dass sich der Refurbished-Markt bis 2030 mehr als verdoppeln, wenn nicht sogar verdreifachen wird. Das wäre ein unglaubliches Marktwachstum.

E&W: Sie sagen, dass immer mehr Händler refurbished Produkte neben den Neuwaren anbieten. Warum ist das so?

Windischhofer: Wir hören von Händlern, dass sie mit Refurbished-Produkten eine höhere Marge erzielen als mit Neuware. Zudem können sich Händler mit diesem Business besser vom Mitbewerb differenzieren. Mit Blick auf den Neugerätemarkt verkaufen alle Händler die selben Produkte, die sie zu einem ähnlichen Preis vom Hersteller oder Großhändler kaufen. Der Refurbished-Markt ist hingegen viel fragmentierter. Hier gibt es nicht die eine Firma Apple, die den Preis diktiert, sondern ganz viele Firmen und Konsumenten, die ihre gebrauchten Produkte verkaufen. Viele Händler möchten neue Geschäftsmodelle umsetzen und viele wollen auch einfach etwas Nachhaltiges tun.

E&W: Der Haupttreiber dieses ganzen Business ist also das Streben nach Nachhaltigkeit?

Windischhofer: Ja. Es geht aber schon auch um den Preis. Die Kombination macht es für viele Konsumenten aus. Man hat ein gutes Gewissen, weil man ein wiederaufbereitetes und kein neues Gerät gekauft hat, und obendrein hat man auch noch etwas gespart.

E&W: Was raten Sie Händlern, die nun auch Interesse an diesem Business haben?

Windischhofer: Die größte Hürde ist an Produkte heranzukommen, also qualitativ gute gebrauchte Produkte einzukaufen. Wenn aber jemand wirklich Interesse daran hat in das Refurbish-Geschäft einzusteigen, dann kann er sich sehr gerne direkt an uns wenden und wir geben Tipps, wie vorzugehen ist. 

E&W: Wo soll die Reise mit refurbed hingehen?

Windischhofer: Wir wollen das gute Amazon für Nachhaltigkeit aufbauen. Das heißt, wir wollen quer über alle Branchen möglichst nachhaltige – am besten refurbished – Produkte anbieten, und es so für Konsumenten extrem einfach machen nachhaltig zu leben und einzukaufen. Die Menschen werden immer konsumieren, wir glauben aber daran, dass das auf Basis einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft auch nachhaltig geht.

Diesen Beitrag teilen

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

This site is protected by reCAPTCHA and the Google Privacy Policy and Terms of Service apply.

An einen Freund senden