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Mittwoch, 8. Mai 2024
Neue Konzepte

Automatisierungsdruck im stationären Handel  

Über den Rand | Dominik Schebach | 26.03.2023 | Bilder | | 3  Meinung
Der neue 24/7 Smart Store der BistroBox in Steyr ist ein Tankstellenshop, der ohne Verkaufspersonal auskommt. Der neue 24/7 Smart Store der BistroBox in Steyr ist ein Tankstellenshop, der ohne Verkaufspersonal auskommt. Ist das die Zukunft des Verkaufs, ist man geneigt zu fragen. Diese Woche hat das österreichische Franchise-Unternehmen BistroBox seinen 24/7 Smart Store vorgestellt. Der erste durchdigitalisierte „Tankstellenshop der Zukunft“ steht in Steyr und bietet seinen Kunden 230 Produkte einschließlich warmer Snacks. Sämtliche Abläufe von der Bestellung und Bezahlung über die Zubereitung bis zur Entnahme sind vollautomatisiert, womit der Shop im laufenden Betrieb ohne Mitarbeiter auskommt.

Manch einer wird die Vorstellung ablehnen, aber es lässt sich nicht abstreiten, dass BistroBox mit seinem Konzept schlüssig auf drei globale Herausforderungen des Handels reagiert: Die Notwendigkeit zu mehr Flexibilität im Betrieb, den zunehmenden Arbeitskräftemangel und den wachsenden Kostendruck. Das Unternehmen, welches in Österreich bereits 47 Standorte betreibt, nutzt dabei den Trend zur Automatisierung und will mit dem Smart Store den nächsten großen Schritt im Bereich der Tankstellen-Shops machen. Dabei stoßen die Oberösterreicher mit dem Konzept bereits auf internationales Interesse.

Warum auch nicht. Der 24/7 Smart Store ist eine Evolution der bisherigen BistroBox mit ihrem Angebot aus Pizza sowie Snacks, Getränke oder Coffee-to-go. Nun wurde die Produktauswahl mit 230 Produkten deutlich größer. Auf insgesamt 60 Quadratmetern können die Kunden nun sogar täglich frisches Brot, Eis, Tabakwaren, sowie Auto-Betriebsmittel wie Motoröl, Scheibenklar oder Reinigungstücher erwerben eine Lounge lädt zum Verweilen ein. Im Mittelpunkt steht die einfache Kaufabwicklung für die Kunden per Touchdisplay. Nach der Bestellung liefern die einzelnen Stationen die Ware aus, die Bezahlung erfolgt per Smartphone oder Karte.

Ist das revolutionär. Nein. Es ist die Evolution eines bestehenden Konzepts. Aber – und das erscheint mir hier interessant – wir haben ähnliche Prozesse schon in der Vergangenheit gesehen. Denn die Automatisierung war immer die Antwort auf einen drängenden Bedarf der unterschiedlichen Branchen. Von der händischen Vermittlung in der Telekommunikation bis zur Warenproduktion– sobald der Kostendruck hoch genug wurde, ist es zur Automatisierung gekommen. Die elektrische Vermittlung verdrängte das Fräulein vom Amt und der Montageroboter half in der Industrie mit, die Personalkosten zu drücken.

Der neue Smart Store bietet mehr als 230 Artikel bis zum frisch gebackenen Brot an.

Werden damit alle Tankstellenshops in Zukunft vollautomatisiert? Wahrscheinlich nicht. Die Kunden werden weiterhin gezielt Shops besuchen, in denen sie mit Menschen interagieren können. Doch Standorte mit hohem Kostendruck werden wahrscheinlich ziemlich schnell umgestellt werden. Daneben bietet die Systemgastronomie ein weites Feld für die Automatisierung: Ein einheitliches Sortiment mit standardisierten Produkten und ein durchgehendes Shop-Design bei gleichzeitig geringen Margen fördern die Automatisierung – ganz besonders in Zeiten der allgemeinen Personalknappheit, welche durch unattraktive Arbeitszeiten noch verschärft wird.

Kommt dazu, dass die Kunden in den vergangenen 20 Jahren immer mehr Erfahrungen mit Automaten-Cafés, Pick-up-Stores usw sammeln konnten. Ein 24/7 Smart Store ist in diesem Zusammenhang „More of the Same“ nur ein bisschen größer. Aber auch die Unternehmen haben inzwischen das notwendige Knowhow für diese Konzepte aufgebaut: Laut BistroBox kann der Smart Store von einer Person geführt werden, welche den Shop täglich frisch bestückt und reinigt. Die Intelligenz zur Führung des Shops bezüglich des Einkaufs, der Warenversorgung und der Sortimentsplanung wandert derweil dank einfach verfügbarer digitaler Daten in die Zentrale der Shop-Kette – wo dann eine künstliche Intelligenz die Führung und Überwachung der Standorte übernehmen kann (damit wir dieses Modethema auch mitnehmen).

Der 24/7 Smart Shop der BistroBox wirft so ein Schlaglicht auf den Handel. Kosten, fehlendes Personal und harter Wettbewerb setzen die Branche unter Druck. Die Automatisierung könnte da einen Ausweg bieten, sie ist allerdings auch kein Allheilmittel. Andererseits können vollautomatisierte Shops in Zukunft den Wettbewerb ordentlich durchmischen, weswegen man solche Konzepte in seinen Überlegungen berücksichtigen sollte. Zuerst muss sich jeder stationäre Händler allerdings über seine zukünftige Strategie und Voraussetzungen klar werden – welche Bedürfnisse haben die Kunden, was erwarten sie sich von ihrem Fachhändler und wie viel sind sie bereit, dafür zu bezahlen. Sind diese Fragen geklärt, kann man sich auch der Automatisierung nähern. Entweder, indem mach sich von solchen Konzepten bewusst im Service absetzt, oder vielleicht auch, indem man die Automatisierung verschiedener Abläufe für sich nutzt. Wenn heute immer öfter über die Vier-Tage-Woche diskutiert wird, könnte so ein Shop z.B. die Grundversorgung sicherstellen, während Beratungstermine für das Highend-Sortiment nach Vereinbarung vergeben werden. So oder so – die Automatisierung stößt die Tür zu neuen Geschäftsmodellen im stationären Fachhandel auf.

Bilder
Der neue 24/7 Smart Store der BistroBox in Steyr ist ein Tankstellenshop, der ohne Verkaufspersonal auskommt.
Der neue 24/7 Smart Store der BistroBox in Steyr ist ein Tankstellenshop, der ohne Verkaufspersonal auskommt.
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Kommentare (3)

  1. Alle Einwände sind berechtigt. Allerdings betreffen diese meiner Einschätzung nach nur Probleme im Feintuning, nachdem die grundlegende Entwicklungsarbeit schon geleistet wurde. Denn die Treiber sind Personalmangel und Personalkosten. Und wer ein Smartphone hat, der wird über kurz oder lang auch eine Möglichkeit zum bargeldlosen Zahlen haben – und wenn es ein Prepaid-System ist.

  2. Schon mal was aus der BistroBox gekostet? Wir hatten eine in Liezen in einem Container. Die Pizza war sehr schwach belegt, dafür umso dicker der Boden und der Geschmack war zum abgewöhnen. Auch die Temperatur war eher lau. Kein Wunder, dass der Container sehr bald wieder verschwunden ist. So nebenbei ist der „Shop“ natürlich ein Türöffner für das verschwinden von Bargeld und damit wieder mehr zur Kontrolle der Konsumenten und schliesst alle Konsumenten aus, die nicht das technische Verständnis haben oder die über keine Kontokarte verfügen. Es gibt sie wirklich noch, die Menschen ohne eigenes Konto.

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  3. Wenn man dann noch das Zahlungssystem revolutionieren könnte…
    Ich war mal in so einer Automatenhalle: Selbst beim gleichen Automaten konnte man immer nur einen Artikel auswählen und musste diesen dann gleich mit Bankomatkarte zahlen.
    Darf’s noch a bisserl mehr sein (lukratives Zubehör) wird so zur Konsumentenqual.

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