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Montag, 6. Mai 2024
Ein Rekord zum Nachdenken

E-Commerce und die Kosten für die Allgemeinheit

Hintergrund | Dominik Schebach | 25.06.2023 | Bilder | |  Meinung
Die Paketzustellung wird in Österreich von wenigen großen Anbietern beherrscht. Die Paketzustellung wird in Österreich von wenigen großen Anbietern beherrscht. (© RTR) Vergangenes Jahr wurden laut RTR-Postmonitor mehr als 355 Millionen Pakete in Österreich transportiert. Dass der Online-Handel zu dieser Flut an Paketen beiträgt, daran besteht kein Zweifel. Immer wiederkehrende Berichte über die Ausbeutung der Subunternehmer, sprich der Fahrer, welche den Großteil der eigentlichen Zustellungen vollbringen, tun diesem Höhenflug keinen Abbruch, und das stimmt mich äußerst nachdenklich.

Es war ein neuer Rekord, den die RTR in der vergangenen Woche vermeldet hat. Im vergangenen Jahr hat die Zustellbranche mit Paketen einen Umsatz von 1,43 Mrd. Euro erzielt. Wer sich allerdings nur ein wenig in den Bericht vertieft, stößt auf einige interessante Details: So haben einige wenige große Anbieter 2022 den Markt für die Paketzustellung dominiert. Platzhirsch ist die Post, gefolgt von DPD, Amazon und GLS. Die Paketdienste stehen in einem harten Wettbewerb. Ihre Umsatzanteile am Paketmarkt sind – im Gegensatz zur Post – zudem niedriger als ihr Anteil an den beförderten Paketen, wobei der Unterschied bei DPD besonders hoch ist.

Dh, die Stückkosten pro ausgeliefertes Paket müssen bei den Paketdiensten geringer sein als bei der Post. So weit so gut. Wie diese niedrigen Stückkosten zustande kommen, darauf hat jüngst wieder ein Bericht der Tageszeitung „Der Standard“ einen Blick geworfen. „Gehören Insolvenzen bei DPD zum Geschäftsmodell“, lautet am 21. Juni 2023 die Überschrift eines ausführlich recherchierten Beitrages im Online-Standard von Johannes Greß. In diesem wird die Preisgestaltung des Paketdienstes gegenüber den Subunternehmern im Auslieferungslager in Hall in Tirol dargelegt. Demnach sind die Preise für die Zustellung eines einzelnen Pakets äußerst knapp kalkuliert.

Zusätzlich müssten die Fahrer ihre Ladungen vor der Abfahrt selbst sortieren, was zusätzliche Zeit verschlinge. Der Effekt sei, dass Subunternehmer laut den Recherchen des Standards 20 Pakete in der Stunde zustellen müssten, um positiv zu bilanzieren. Inzwischen spricht auch ein vom Standard befragter Finanzbeamter von einer auffälligen Häufung an Insolvenzen unter den DPD-Subunternehmen.

Dieser Beitrag reiht sich nahtlos in die Berichterstattung über die Missstände bei der Paketzustellung ein, die auch auf elektro.at immer wieder aufgegriffen werden. Der E-Commerce trägt zu dieser Entwicklung durch das hohe Paketaufkommen bei. Die Frage muss allerdings erlaubt sein: „Zahlt der E-Commerce auch seine wahren Kosten, oder werden diese der Allgemeinheit aufgebürdet?“

Die Endkunden denken nicht viel nach. Die sehen den Vorteil für sich selbst und nutzen die niedrigen Lieferkosten im E-Commerce. Wenn allerdings der E-Commerce seine wahren Kosten bezüglich Arbeitskosten Sozialversicherung usw. nicht zahlt, dann hat er einen unberechtigten Wettbewerbsvorteil, und das ist für mich ein Problem. Denn diese Kosten bestehen ja trotzdem, sie werden nur verlagert – in den Insolvenzausgleichfonds, zum AMS oder eben zu einzelnen Subunternehmen, welche von einem übermächtigen Auftraggeber abhängig sind und deswegen jeden Preis akzeptieren müssen.
Ich gehe jetzt nicht davon aus, dass der E-Commerce über Nacht verschwindet, wenn die Paketservices ihren Subunternehmen faire Preise zahlen. Schließlich hat der E-Commerce Vorteile wie größere Auswahl oder eine größere Reichweite bezüglich der Zielgruppe. Da muss er nicht zusätzlich von der Allgemeinheit subventioniert werden.

Bilder
Die Paketzustellung wird in Österreich von wenigen großen Anbietern beherrscht.
Die Paketzustellung wird in Österreich von wenigen großen Anbietern beherrscht. (© RTR)
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